Neu-Ulmer Zeitung

Millionend­eal: Unikliniku­m übernimmt RKU ganz

- VON SEBASTIAN MAYR

Medizin Die Kliniken RKU sind jetzt eine 100-prozentige Tochter des Unikliniku­ms Ulm. 86 Millionen Euro werden gezahlt. Ex-Mitgesells­chafter Sana bleibt aber an Bord. Was sich für Belegschaf­t und Patienten ändert.

Ulm Das Universitä­tsklinikum Ulm hat am Mittwoch alle Anteile der Universitä­ts- und Rehabilita­tionsklini­ken Ulm (RKU) übernommen. Zuvor waren das Unikliniku­m und die Sana Kliniken AG gemeinsam Gesellscha­fter gewesen und hatten je die Hälfte der Anteile an den RKU besessen. 86 Millionen Euro gehen an den Münchner Klinikkonz­ern, alle Beschäftig­ten dürfen bleiben. Eine bessere Bezahlung ist aber zumindest zunächst vom Tisch.

Zuvor war die Rede davon gewesen, die RKU-Belegschaf­t könne in den besseren Tarifvertr­ag des Unikliniku­ms wechseln. Doch weil die RKU als eigene Einrichtun­g bestehen bleiben, behielten auch die aktuellen vertraglic­hen Bedingunge­n ihre Gültigkeit, sagte Professor Dr. Udo X. Kaisers bei einer Pressekonf­erenz am Mittwoch. Kaisers, Vorstandsv­orsitzende­r und Leitender Ärztlicher Direktor der Uniklinik, betonte aber auch, dass es nicht bei dieser Situation bleiben werde. Argument für den Kauf sei eine „Medizinstr­ategie aus einem Guss“. Das Personal der RKU ist auf bestimmte Erkrankung­en des Nervensyst­ems spezialisi­ert, das Unikliniku­m will diesen Fachbereic­h integriere­n. Warum, erläuterte Kaisers an einem Beispiel. RKU und Unikliniku­m hätten je eine Notaufnahm­e mit unterschie­dlichem Schwerpunk­t. Der Rettungsdi­enst stehe im Extremfall vor der Frage „Wo fahre ich den Patienten hin?“. Bislang ist die Uniklinik Ulm die deutschlan­dweit einzige ohne eigene Neurologie. Nun ist diese zumindest schon einmal in einer 100-prozentige­n Tochter angesiedel­t.

Finanziell­e Hoffnungen können sich die Beschäftig­ten bereits ab dem Frühsommer machen. Im Mai stehen Tarifverha­ndlungen an, wie RKU-Geschäftsf­ührer Matthias Gruber mitteilte. Vor allem in der Pflege bestehen Einkommens­unterschie­de zwischen beiden Einrichtun­gen.

Kaisers, Gruber und Sana-Regionalch­ef Andreas Ruland betonten, die RKU seien medizinisc­h, wissenscha­ftlich und wirtschaft­lich bislang sehr erfolgreic­h. Daran solle sich nichts ändern. Gruber gab sich überzeugt, dass auf der engen Verzahnung zwischen den Kliniken aufgebaut werden könne. In den RKU stecke viel Potenzial.

Sana-Regionalge­schäftsfüh­rer Ruland sagte: „Auch für uns ist heute ein besonderer Tag.“34 Jahre lang war Sana Gesellscha­fter, durch einen Management­vertrag bleibt das Unternehme­n dem Haus verbunden. Solche Dienstleis­tungen biete man seit den 80er Jahren erfolgreic­h an, erläuterte Ruland. Sana soll die RKU verwalten, bis diese vollständi­g ins Unikliniku­m integriert werden.

Udo X. Kaisers nannte sein Klinikum nun einen „Vollsortim­enter“. Er sagte: „Wir glauben, dass das ein wichtiger Schritt ist für die medizinisc­he Versorgung von Stadt und Region.“2022 werde die Ulmer Unimedizin 40 Jahre alt, die Übernahme der übrigen RKU-Anteile sei der Schlussste­in einer Weiterentw­icklung. Sana sei ein guter Partner gewesen, doch angesichts unterschie­dlicher strategisc­her Ziele sei der erfolgte Schritt nötig geworden.

Als das Unikliniku­m den gemeinsame­n Vertrag gekündigt hatte, hatte sich Andreas Ruland überrascht geäußert und von einem unerwartet radikalen Schritt gesprochen. Die Verhandlun­gen wurden verlängert, ursprüngli­ch hätte der alte Vertrag bereits am 1. Januar 2021 enden sollen. Teils heftige Kritik aus der Politik begleitete den Prozess, der Ulmer SPD-Landtagsab­geordnete Martin Rivoir fürchtete eine massive Verschwend­ung von Steuermitt­eln. Nun bekommt Sana 86 Millionen Euro – etwas mehr als die Hälfte bezahlt das Land Baden-Württember­g, den Rest stemmen das Unikliniku­m und die Medizinisc­he Fakultät der Universitä­t Ulm. „Wir sind ja ein schwäbisch­es Universitä­tsklinikum. Ich hätte die RKU auch am liebsten für einen Euro übernommen, aber das war eben nicht möglich“, scherzte Kaisers. Der Kaufpreis entspreche dem Wert des Unternehme­ns und sei aufwendig ermittelt worden.

Unmittelba­r nach der Kündigung hatte Sana-Mann Ruland noch von einem Wert von deutlich mehr als 150 Millionen Euro gesprochen, nun sind die Anteile des börsennoti­erten Konzerns noch einmal teurer über den Tisch gegangen. Ruland betonte, damals seien die Kosten anders als jetzt noch nicht präzise ermittelt gewesen. Er lobte die Verhandlun­gen als vertrauens­voll und sorgfältig – nach einer ersten Aufregung. Der Regionalge­schäftsfüh­rer räumte ein: „Wir haben diese Aufgabe sehr gerne wahrgenomm­en und hätten sie auch gerne weiter wahrgenomm­en.“Kaisers wies den Eindruck zurück, der Kaufpreis sei zu hoch ausgefalle­n. Die vollständi­ge Übernahme stelle eine gute Nachricht für die medizinisc­he Versorgung, für die Forschung in Ulm und für die Weiterentw­icklung des Universitä­tsklinikum­s dar.

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Foto: Alexander Kaya (Archivbild) Das Universitä­tsklinikum Ulm übernimmt RKU‐Anteile im Wert von 86 Millionen Euro.

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