Millionendeal: Uniklinikum übernimmt RKU ganz
Medizin Die Kliniken RKU sind jetzt eine 100-prozentige Tochter des Uniklinikums Ulm. 86 Millionen Euro werden gezahlt. Ex-Mitgesellschafter Sana bleibt aber an Bord. Was sich für Belegschaft und Patienten ändert.
Ulm Das Universitätsklinikum Ulm hat am Mittwoch alle Anteile der Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm (RKU) übernommen. Zuvor waren das Uniklinikum und die Sana Kliniken AG gemeinsam Gesellschafter gewesen und hatten je die Hälfte der Anteile an den RKU besessen. 86 Millionen Euro gehen an den Münchner Klinikkonzern, alle Beschäftigten dürfen bleiben. Eine bessere Bezahlung ist aber zumindest zunächst vom Tisch.
Zuvor war die Rede davon gewesen, die RKU-Belegschaft könne in den besseren Tarifvertrag des Uniklinikums wechseln. Doch weil die RKU als eigene Einrichtung bestehen bleiben, behielten auch die aktuellen vertraglichen Bedingungen ihre Gültigkeit, sagte Professor Dr. Udo X. Kaisers bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Kaisers, Vorstandsvorsitzender und Leitender Ärztlicher Direktor der Uniklinik, betonte aber auch, dass es nicht bei dieser Situation bleiben werde. Argument für den Kauf sei eine „Medizinstrategie aus einem Guss“. Das Personal der RKU ist auf bestimmte Erkrankungen des Nervensystems spezialisiert, das Uniklinikum will diesen Fachbereich integrieren. Warum, erläuterte Kaisers an einem Beispiel. RKU und Uniklinikum hätten je eine Notaufnahme mit unterschiedlichem Schwerpunkt. Der Rettungsdienst stehe im Extremfall vor der Frage „Wo fahre ich den Patienten hin?“. Bislang ist die Uniklinik Ulm die deutschlandweit einzige ohne eigene Neurologie. Nun ist diese zumindest schon einmal in einer 100-prozentigen Tochter angesiedelt.
Finanzielle Hoffnungen können sich die Beschäftigten bereits ab dem Frühsommer machen. Im Mai stehen Tarifverhandlungen an, wie RKU-Geschäftsführer Matthias Gruber mitteilte. Vor allem in der Pflege bestehen Einkommensunterschiede zwischen beiden Einrichtungen.
Kaisers, Gruber und Sana-Regionalchef Andreas Ruland betonten, die RKU seien medizinisch, wissenschaftlich und wirtschaftlich bislang sehr erfolgreich. Daran solle sich nichts ändern. Gruber gab sich überzeugt, dass auf der engen Verzahnung zwischen den Kliniken aufgebaut werden könne. In den RKU stecke viel Potenzial.
Sana-Regionalgeschäftsführer Ruland sagte: „Auch für uns ist heute ein besonderer Tag.“34 Jahre lang war Sana Gesellschafter, durch einen Managementvertrag bleibt das Unternehmen dem Haus verbunden. Solche Dienstleistungen biete man seit den 80er Jahren erfolgreich an, erläuterte Ruland. Sana soll die RKU verwalten, bis diese vollständig ins Uniklinikum integriert werden.
Udo X. Kaisers nannte sein Klinikum nun einen „Vollsortimenter“. Er sagte: „Wir glauben, dass das ein wichtiger Schritt ist für die medizinische Versorgung von Stadt und Region.“2022 werde die Ulmer Unimedizin 40 Jahre alt, die Übernahme der übrigen RKU-Anteile sei der Schlussstein einer Weiterentwicklung. Sana sei ein guter Partner gewesen, doch angesichts unterschiedlicher strategischer Ziele sei der erfolgte Schritt nötig geworden.
Als das Uniklinikum den gemeinsamen Vertrag gekündigt hatte, hatte sich Andreas Ruland überrascht geäußert und von einem unerwartet radikalen Schritt gesprochen. Die Verhandlungen wurden verlängert, ursprünglich hätte der alte Vertrag bereits am 1. Januar 2021 enden sollen. Teils heftige Kritik aus der Politik begleitete den Prozess, der Ulmer SPD-Landtagsabgeordnete Martin Rivoir fürchtete eine massive Verschwendung von Steuermitteln. Nun bekommt Sana 86 Millionen Euro – etwas mehr als die Hälfte bezahlt das Land Baden-Württemberg, den Rest stemmen das Uniklinikum und die Medizinische Fakultät der Universität Ulm. „Wir sind ja ein schwäbisches Universitätsklinikum. Ich hätte die RKU auch am liebsten für einen Euro übernommen, aber das war eben nicht möglich“, scherzte Kaisers. Der Kaufpreis entspreche dem Wert des Unternehmens und sei aufwendig ermittelt worden.
Unmittelbar nach der Kündigung hatte Sana-Mann Ruland noch von einem Wert von deutlich mehr als 150 Millionen Euro gesprochen, nun sind die Anteile des börsennotierten Konzerns noch einmal teurer über den Tisch gegangen. Ruland betonte, damals seien die Kosten anders als jetzt noch nicht präzise ermittelt gewesen. Er lobte die Verhandlungen als vertrauensvoll und sorgfältig – nach einer ersten Aufregung. Der Regionalgeschäftsführer räumte ein: „Wir haben diese Aufgabe sehr gerne wahrgenommen und hätten sie auch gerne weiter wahrgenommen.“Kaisers wies den Eindruck zurück, der Kaufpreis sei zu hoch ausgefallen. Die vollständige Übernahme stelle eine gute Nachricht für die medizinische Versorgung, für die Forschung in Ulm und für die Weiterentwicklung des Universitätsklinikums dar.