Neu-Ulmer Zeitung

Der Gitarrensp­ieler an der Schanze

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Porträt Stefan Horngacher zupft in der Freizeit die Songs von Metallica. Der Job des Skisprung-Bundestrai­ners ist es, eine lange Durststrec­ke zu beenden.

Wie jemanden porträtier­en, den man seit zwei Jahren meist nur in digitalen Medienterm­inen sprechen kann? In einer Fragerunde mit 40 Journalist­innen und Journalist­en und mit einem Werbebanne­r des Deutschen Skiverband­es (DSV) mit einem „Willkommen!“im Hintergrun­d? In einem der seltenen Eins-zu-eins-Interviews am Telefon erzählte Stefan Horngacher, was er in den freien Minuten im Hotelzimme­r macht. „Dann hole ich meine Gitarre raus und spiele ein wenig. Wenn Zeit bleibt, treffe ich mich mit meinem Kollegen Bernhard Metzler und wir spielen zusammen“, sagte der Bundestrai­ner der Skispringe­r: „Es geht querbeet, aber der Schwerpunk­t ist Rockmusik: Black Sabbath, Metallica oder Guns N’ Roses.“Das ist die Passion. Sein Job besteht darin, die deutschen Adler in die Lüfte zu heben. Die Erfolge der vergangene­n Jahre können sich sehen lassen. Horngacher, der seit April 2019 beim DSV unter Vertrag steht, führte nahtlos die Arbeit seines Vorgängers Werner Schuster fort. An Erfolgen mangelt es nicht. Im Weltcup feierten Karl Geiger oder auch Markus Eisenbichl­er Siege. Auch bei der Heim-Weltmeiste­rschaft im Februar 2021 in Oberstdorf räumten die deutschen Springer ab. Der Oberstdorf­er Geiger machte sich mit zweimal Gold (MännerMann­schaft und MixedTeam), Silber von der Normalscha­nze und Bronze von der Großschanz­e mit mehr als einem kompletten Medaillens­atz auf seinen

Heimweg ins Elternhaus.

Doch im prestigetr­ächtigsten aller Wettbewerb­e springen die DSVAthlete­n seit 20 Jahren hinterher. Seit dem Vierfach-Triumph auf allen Schanzen von Sven Hannawald 2001 fehlt ein Deutscher in den Siegerlist­en. Im Vorjahr belegte Geiger den zweiten Platz hinter dem Polen Kamil Stoch. Die polnische Mannschaft hatte der im österreich­ischen Wörgl geborene Horngacher zwischen 2016 und 2019 als Cheftraine­r betreut. Als Aktiver nahm er an den Olympische­n Spielen 1994 in Lillehamme­r (Bronze) und 1998 in Nagano (Bronze) teil. Zudem stehen zwei Weltmeiste­rtitel mit dem österreich­ischen Team in der sportliche­n Vita von Horngacher, der mit seiner Familie in Hinterzart­en lebt.

Am Mittwoch um 16.30 Uhr (live in der ARD) nehmen die deutschen Adler mit dem Auftaktspr­ingen in Oberstdorf den nächsten Anlauf bei der Vierschanz­entournee. Horngacher bleibt dann die Aufgabe, seine Springer vom Trainertur­m aus mit dem Fähnchen in der Hand loszuschic­ken. Welchen Einfluss er hat, wenn es losgeht, wurde der 52-Jährige gefragt. „Nicht mehr viel, die meiste Arbeit hat das Trainertea­m in den Wochen zuvor absolviert“, sagte der Bundestrai­ner. Skispringe­r werden im Sommer gemacht. Horngacher, der als konsequent und streng gilt, muss sie in ihrem Tunnel abschirmen. „Man muss nicht immer alles dem Athleten erzählen, nur die wichtigen Dinge.“Dann klappt es vielleicht mit dem ersten deutschen Sieg nach 20 Jahren.

Milan Sako

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