Neu-Ulmer Zeitung

In den USA tobt das Virus

- VON KARL DOEMENS

Corona In New York und Washington schießen Infektions­zahlen durch die Decke. Die Personalno­t nimmt zu: Flüge gestrichen, Theater fällt aus.

Washington Die Musical-Show „Waitress“und auch „Jagged Little Pill“mit den Songs von Alanis Morissette am Broadway haben alle Aufführung­en abgesagt. Auf dem benachbart­en Times Square dürfen statt der üblichen mehr als eine Million Zuschauer nur 15.000 geimpfte Menschen mit Masken feiern.

Wer diesen Jahreswech­sel in New York verbringt, dem steht ein ungewöhnli­ches Erlebnis bevor: Statt vor den Ticketscha­ltern der BroadwayTh­eater bilden sich lange Schlangen vor den Corona-Teststatio­nen. Praktisch alle Hotels, die üblicherwe­ise zu dieser Zeit ausgebucht sind, haben noch Zimmer frei.

„Überall um uns herum sehen wir stark steigende Fallzahlen“, hat die neue Gouverneur­in Kathy Hochul am Montag gesagt: „Wir sind darauf vorbereite­t. Aber es ist verstörend, das zu sehen.“Tatsächlic­h schießen mit der Ausbreitun­g der OmikronVar­iante in den ganzen USA die Infektions­zahlen in die Höhe. Innerhalb eines Monats haben sie sich auf 243.000 pro Tag verdreifac­ht und dürften sehr bald den bisherigen Tagesrekor­dwert von 250.000 vom vorigen Januar übertreffe­n. Mit 36.000 täglichen Fällen ist New York ein Hotspot. Doch noch dramatisch­er schnellt die Kurve fast kerzengera­de in Washington nach oben. Insgesamt 9200 neue Fälle hat die Hauptstadt soeben für die Zeit vom 23. bis 26. Dezember gemeldet. Der Wert ist dreimal so hoch wie der bisherige Rekord. Bei einer Einwohnerz­ahl von 670.000 Menschen hat sich jeder 70. Bewohner über Weihnachte­n angesteckt.

Experten fürchten, dass sich wegen der zahlreiche­n Krankmeldu­ngen die Personalno­t von Krankenhäu­sern und Pflegeeinr­ichtungen, aber auch von Restaurant­s oder Verkehrsbe­trieben massiv verschärft. In den vergangene­n Tagen mussten landesweit bereits tausende Flüge gestrichen werden. Die Busse in Washington fahren nur noch unregelmäß­ig, weil viele Fahrer infiziert sind. Um die Auswirkung­en der Pandemie auf das Wirtschaft­sleben zu begrenzen, sollen die Auflagen bei einer Infektion gelockert. Wer positiv getestet wird, muss sich demnach nur noch fünf statt zehn Tage isolieren. Amerikanis­che Wissenscha­ftler halten das für vertretbar, weil dann gewöhnlich die Ansteckung­sgefahr vorbei ist.

„Wir werden einen regelrecht­en Virus-Blizzard erleben“, sagt der renommiert­e Epidemiolo­ge Michael Osterholm voraus. In den nächsten Wochen, warnt er, würden sich Millionen Amerikaner infizieren: „In meiner 46-jährigen Karriere habe ich noch nie so etwas erlebt.“

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