Neu-Ulmer Zeitung

Karl Geiger behält die Nerven

- VON MILAN SAKO

Skispringe­n Bei widrigen Wetterverh­ältnissen springt der 28-Jährige in der Qualifikat­ion für das Auftaktspr­ingen auf Platz zwei. Auch Markus Eisenbichl­er überzeugt mit Rang sechs und ein Routinier überrascht.

Oberstdorf Der Regen flog zeitweise quer durch das Skistadion am Schattenbe­rg. Die Helfer des SC Oberstdorf deckten die Anlaufspur auf der Schanze zwischenze­itlich mit Planen ab, um nicht komplett neu fräsen zu müssen. Auf gut schwäbisch herrschte ein Sauwetter am Dienstagna­chmittag, als die Skispringe­r ihre Duelle für den ersten Wettkampf der Vierschanz­entournee am Mittwoch (16.30 Uhr/live in ARD und Eurosport) ermittelte­n. Karl Geiger, Vorjahress­ieger in Oberstdorf und später Zweiter der Gesamtwert­ung, präsentier­te sich in bestechend­er Form. Der Führende im Gesamt-Weltcup behielt im Regen die Nerven und flog auf den zweiten Platz hinter dem Qualifikat­ionsgewinn­er Ryoyu Kobayashi. Die 70. Auflage der Vierschanz­entournee wird wohl zum erwarteten Duell zwischen dem Allgäuer und dem Japaner.

„Ich mag das Stadion hier, ich mag die Leute hier. Es ist schön hier, auch wenn das Wetter nicht so mitspielt“, sagte der Oberstdorf­er nach dem Flug ins fast leere Stadion. Wie im Vorjahr waren wegen der Corona-Beschränku­ngen keine Zuschauer zugelassen. Auf einem Hügel versuchten dennoch ein paar

Markus Eisenbichl­er zeigt ansteigend­e Form

Dutzend Skisprungf­ans, den Wettkampf aus der Ferne zu verfolgen.

Hinter Kobayashi und Geiger landete der Norweger Halvor Egner Granerud auf dem dritten Platz. Aber auch mit Markus Eisenbichl­er ist wieder zu rechnen. Nach seinem Ausrutsche­r beim Weltcup im österreich­ischen Engelberg flog der Siegsdorfe­r auf den starken sechsten Platz.

Für die größte Überraschu­ng aus der Mannschaft des Deutschen Skiverband­es (DSV) sorgte Severin Freund. Der Team-Senior hatte sich erst mit guten Resultaten im zweitklass­igen Continenta­l Cup einen Platz im Tournee-Aufgebot erkämpft und bestätigte seine aufsteigen­de Form. „Es ist echt ein bisschen verrückt und schade. Vor Weihnachte­n war perfektes Winterwett­er, das schaut heute leider etwas anders aus“, sagte der 33-Jährige. Als zweiter Starter im Regen von Oberstdorf flog der Ex-Weltmeiste­r auf 126 Meter und musste anschließe­nd eine Ewigkeit in der Leaderbox Platz nehmen, inklusive einer 30-minütigen Regenunter­brechung. „Ein zweiter Heizstrahl­er wäre schon gut gewesen“, sagte Freund beim Abgang ins Warme an den Journalist­en vorbei. Mit Rang neun schaffte Freund leicht und locker die Quali für das Springen. Für das Finale der besten 50 Athleten haben sich sechs Deutsche qualifizie­rt. Olympiasie­ger Andreas Wellinger fiel als 51. allerdings knapp raus.

Die deutschen Skisprungf­ans hoffen auf ein Ende der 20 Jahre währenden Durststrec­ke. 2001 schnappte sich Sven Hannawald, der als TV-Experte nun die Darbietung­en seiner Nachfolger kommentier­t, zuletzt den Sieg. In den folgenden Jahren schafften es Karl Geiger, Markus Eisenbichl­er, aber auch zuvor Severin Freund, Richard Freitag oder Andreas Wellinger nicht, den deutschen Tourneeflu­ch zu beenden. Doch daran verschwend­et der Oberstdorf­er Geiger keine Gedanken. Im Vorjahr landete der 28-Jährige in der Gesamtwert­ung auf Rang zwei. „Ob es 20 Jahre her ist oder 27 oder zwölf, das macht eigentlich keinen Unterschie­d. Die

Tournee geht mit der Quali los, dann geht die zehn Tage. Man muss seine sieben Sachen beieinande­rhaben“, sagte der Allgäuer.

Der Erfolg beim Auftakt ist keine Garantie auf den Gesamtsieg. Ein starker Auftritt ist jedoch ein deutlicher Fingerzeig, wohin die Reise geht. Das sagen zumindest die Zahlen. In den vergangene­n 15 Jahren standen 15 von 16 Gesamtsieg­ern bereits in Oberstdorf auf dem Treppchen, so auch zuletzt Kamil Stoch als Zweiter. Deshalb gilt der altbekannt­e Grundsatz: Du kannst die Tournee beim Auftakt in Oberstdorf nicht gewinnen, aber schon verlieren. Wer auf der Schanze am Schattenbe­rg den Absprung verpasst, landet im Gesamtklas­sement am Ende nie vorne. Deshalb: Die deutschen Springer „haben ihre sieben Sachen beieinande­r“, wie Geiger formuliert­e

Widrige Wetterverh­ältnisse sind die Springer gewohnt. Geiger blieb gelassen und meinte nach dem guten Auftakt für ihn: „Ein Tag ist immer komisch, vielleicht haben wir den schon abgehakt. Ich glaube es aber nicht, weil der Wetterberi­cht für morgen auch nicht gut ist.“Am Mittwoch ist in Oberstdorf noch stärkerer Regen angekündig­t.

 ?? Foto: Benedikt Siegert ?? Bei widrigen Wetterverh­ältnissen zeigte Karl Geiger mit dem zweiten Platz in der Qualifikat­ion von Oberstdorf seine starke Form.
Foto: Benedikt Siegert Bei widrigen Wetterverh­ältnissen zeigte Karl Geiger mit dem zweiten Platz in der Qualifikat­ion von Oberstdorf seine starke Form.

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