Ein kleiner Mann erneut ganz groß
Bundesliga Nach dem Sieg in Heidelberg gehört Per Günther zu den zehn besten Werfern der Geschichte. In den Charts stehen noch mehr Namen, die etwas mit Ulm zu tun haben
Ulm/Heidelberg Unter den Top-Ten der besten Werfer der BasketballBundesliga seit Einführung der digitalen Statistik vor mehr als 20 Jahren finden sich gleich fünf Menschen, die etwas mit Ratiopharm Ulm zu tun haben oder hatten. Auf Rang vier und damit am höchsten wird Chris Ensminger notiert, der bei Ulm im Nachwuchsbereich arbeitet und der in seiner Karriere 5438 Punkte erzielt hat. Siebter ist das frühere Ulmer Center-Denkmal John Bryant (4943), Achter ist CoTrainer Tyron McCoy (4792) und Neunter Anton Gavel, der Trainer der Orange-Academy (4466). Neu auf Platz zehn: Per Günther. Der Kapitän von Ratiopharm Ulm traf beim 84:79-Sieg seiner Mannschaft in Heidelberg zwei Dreier und kommt damit auf 4415 Punkte.
Von Günther ist bekannt, dass er keinen übergroßen Wert auf persönliche Bestmarken und Auszeichnungen legt – dass sie ihn aber doch ein bisschen stolz machen. „Als kleiner, weißer Mann“, wie er einmal verschmitzt sagte, nachdem er einen anderen Rekord geknackt hatte. Entscheidend ist aber, dass der Ulmer Kapitän der Mannschaft hilft und das tut er in der letzten Saison seiner Karriere weit mehr, als er es in den schwierigen und von Verletzungen geprägten Jahren zuvor leisten konnte. Vor allem in den vergangenen Wochen läuft es richtig rund: Gegen Oldenburg waren es 13 Punkte für Günther, gegen Hamburg neun und gegen Gießen sogar 15. Hinzu kommt seine ungeheure Erfahrung und die natürliche Autorität, die er ausstrahlt. Dass er immer noch deutlich mehr als zehn Minuten auf der Position des Spielmachers übernehmen kann, das hat Per Günther inzwischen längst bewiesen.
Es liegt also auch an ihm, dass Ratiopharm Ulm zu einer Spitzenmannschaft in der Basketball-Bundesliga gereift ist und ein Spiel wie das in Heidelberg gewinnt, das man im Oktober vielleicht noch verloren hätte. Es lag zumindest beim Spiel gegen den Aufsteiger auch an Günthers Spielmacher-Kollegen. Nach seinem kurzen Abstecher in die amerikanische Heimat bewies Semaj Christon eindrucksvoll, wie wichtig er für Ulm ist: 16 Punkte und 13 Korbvorlagen ergeben ein sattes Double-Double – das ganze bei einer richtig starken Trefferquote von 70 Prozent aus dem Feld. Dass Cristiano Felicio einen eher unauffälligen Abend erwischt hatte, das fiel somit wenig ins Gewicht. Mehr Sorgen bereitet die Tatsache, dass Karim Jallow auch Wochen nach seiner Verletzung in der Vorbereitung beständig unter seinen Möglichkeiten bleibt. Konsequenterweise bekommt Jallow nur noch wenig Spielzeit. In Heidelberg waren es knapp 14 Minuten, in denen er einen einzigen Wurf traf. Große Träume etwa von der NBA dürften so nicht zu realisieren sein.
In Heidelberg hatten die Ulmer einen einzigen längeren Aussetzer: Ins zweite Viertel starteten sie zwar mit einem 22:18-Vorsprung, aber mit einem 9:0-Lauf drehte der Auf
steiger die Partie zum 27:22 und ging mit einer 46:40-Führung in die große Pause. In Halbzeit zwei kontrollierte dann wieder Ulm das Spiel und lag nach dem dritten Viertel mit 61:57 vorn. Diesen Vorsprung bauten die Gäste entscheidend auf zehn Punkte aus (71:61) und brachten ihn
trotz diverser Wackler und Unkonzentriertheiten in den letzten Minuten sicher ins Ziel. Es war gewiss kein Zufall, dass Semaj Christon 50 Sekunden vor der Sirene mit einem Treffer aus der Nahdistanz zum 82:73 den Deckel endgültig drauf machte.
Weiter geht es in der angeblich staden Zeit mit zwei Ulmer Heimspielen gegen Göttingen und Ludwigsburg am Donnerstag und Sonntag. Früher hat Per Günther derartige Ansetzungen kritisiert, in seiner letzten Saison sagt er: „Vielleicht werde ich sogar das vermissen.“