Junge Ulmer Bühne macht sich fit für die Zukunft
Pläne Die Theatermacher entwickeln in der Pandemie neue Pläne. Und die beliebte Jurte wird mobil.
Ulm Im Januar wird es zwei Jahre her sein, dass die ersten Corona-Fälle in Deutschland auftraten. Für Kinder sind zwei Jahre eine lange Zeit. „Es gibt Schülerinnen und Schüler, die in ihrem ganzen bisherigen Schulleben noch nicht im Theater waren“, stellt Sven Wisser fest. Der Leiter der Jungen Ulmer Bühne (JUB) befürchtet, dass eine Generation entstehen kann, in der sich manifestiert, dass es auch ohne Kultur und Kunst gehen kann – dass das Sich-Reiben an Themen, Einfühlen und Empathie ohne das Erlebnis von Kinder- und Jugendtheater verloren geht. Die Langzeitfolgen der Pandemie stehen noch nicht wirklich im Fokus, sagt Wisser – und will zunehmend prophylaktisch dagegen anarbeiten.
Wenn Schülerinnen und Schüler nicht ins Theater kommen – zum einen, weil notwendige Vorsichtsmaßnahmen in der Pandemie es verhindern, zum anderen, weil Lehrern und/oder Eltern die Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln bedenklich erscheinen –, könne die Lösung darin bestehen, mit mobilen Produktionen in die Schulen zu gehen, sagt Sven Wisser. „Wir sind alle geboostert, wir sind nur wenige, die für die Aktionen unterwegs sind.“Das reduziere Infektionsgefahren ganz enorm. Seine Ideen kommen in den Schulen und Kindergärten an: „Es weiß ja noch niemand, wie die Situation nächsten Winter sein wird, aber wir haben bereits Anfragen, nächstes Jahr in der Vorweihnachtszeit wieder in Einrichtungen zu kommen, wo wir dieses Jahr waren.“
Im Landkreis Neu-Ulm hat die JUB beispielsweise Bildungseinrichtungen in Weißenhorn und die IngeAicher-Scholl-Realschule in Pfuhl besucht, im Ulmer Verbreitungsgebiet war man viel unterwegs und in der Region bis nach Sigmaringen. 2400 junge Zuschauerinnen und Zuschauer hat die Junge Ulmer Bühne in Bildungseinrichtungen in dieser Vorweihnachtszeit erreicht – in Turnhallen und Aulen, die zur Theaterbühne wurden. „Als Schauspieler hat man auf diese Weise den Schutz der vierten Wand nicht, die das Bühnenbild bedeutet“, sagt Wisser. Die Begeisterung der Kinder in den Schulen und Kindergärten aber gibt der Truppe der Jungen Ulmer Bühne viel zurück. Und Wisser ist ehrlich: Ohne die Unbequemlichkeit, die Corona auch für die JUB bedeutet, hätte man sich selbst nicht derart hinterfragt, hätte nicht die neuen Wege gesucht. „Denn es lief ja gut, im Vollbetrieb hat man nicht die Zeit, alles infrage zu stellen.“
Doch die Verschärfung der Pandemiesituation hatte bedeutet, dass man auf die beliebte Jurte als Erzähltheaterzelt in der Ulmer Innenstadt verzichten musste. In Lethargie verfallen aber konnte sein Team nicht, sagt Wisser. „Das hätten wir nicht geschafft.“Deshalb entstand die Idee eines Formats „Jurte mobil“, in dessen Rahmen die JUB in Bildungseinrichtungen fuhr – und die war derart erfolgreich, dass man in Zukunft wohl auf das WinterWeihnachtsstück der JUB verzichten wird und stattdessen die mobilen Produktionen in der Vorweihnachtszeit ausbaut. Der Beschluss darüber werde aber erst im Januar fallen, so Wisser.
Auch der Ansatz des On-Demand-Streamings läuft sehr gut, „Odysseus“sei in dieser Vorweihnachtszeit viel gebucht worden, und demnächst wird der On-DemandFilm „Das kleine Gespenst“fertig werden. Die Junge Ulmer Bühne plant weiter: „The killing Avocado“heißt ein Stück, das auf die Bühne kommen soll, und in dem es um Zusammenhänge zwischen Politik und Globalisierung in Bezug auf die Ernährung gehen wird – ohne erhobenen Zeigefinger, verspricht Sven Wisser.