Lechwerke müssen Netz massiv ausbauen
Bilanz Um all den künftig fließenden Sonnenstrom überhaupt aufnehmen zu können, braucht es viele neue Leitungen und Trafos. Der Energieanbieter will eine halbe Milliarde Euro investieren – und warnt vor hohen Energiepreisen.
Augsburg Bisher spüren die Kundinnen und Kunden der Lechwerke die steigenden Preise an den Energiemärkten nicht. Das Unternehmen hat über den Jahreswechsel seine Tarife konstant gelassen, in der Grundversorgung sind die Kosten sogar leicht gesenkt worden, nachdem die Ökostromumlage zum Jahreswechsel zurückgegangen war. Die komfortable Lage könnte sich aber ändern. „Die Preise an den Energiemärkten sind in den letzten Monaten förmlich explodiert“, sagte Vorstand Dietrich Gemmel auf der Jahrespressekonferenz des Unternehmens. „Sie liegen sowohl für Strom als auch für Gas ein Vielfaches über dem Niveau, das wir noch 2020 gesehen haben“, warnte er. „Der Krieg in der Ukraine hat die sehr angespannte Situation weiter verschärft“, sagte Gemmel.
Die Lechwerke kaufen Strom im Großhandel, der an die Endkunden weiterverkauft wird. Traditionelle Energieanbieter erwerben diese Strommengen häufig langfristig und profitieren von geringeren Preisen in der Vergangenheit. „Durch unsere Beschaffungsstrategie können wir Preissprünge vorübergehend abfedern und extreme Preisspitzen kappen“, sagte Gemmel. „Einem umfassenden und langfristigen Markttrend können auch wir uns nicht entziehen“, warnte er. Durch die Insolvenz von Billiganbietern hat das Unternehmen Ende 2021 zudem mehrere tausend Kundinnen und Kunden in die Ersatzversorgung aufgenommen, für die es kurzfristig Strom zukaufen musste.
Ob, wie und wann Strompreise für die Kundschaft steigen, könne man heute noch nicht sicher sagen, berichtete Gemmel. Zum einen fällt ab 1. Juli die EEG-Umlage für Kunden komplett weg. Das hilft. „Selbstverständlich geben wir dies weiter“, sagte Gemmel. Unklar ist zudem, welche Entlastungen die Regierung noch beschließen könnte. Dem stehen die stark gestiegenen Großhandelspreise für Strom gegenüber.
Gemmel forderte deshalb eine weitere Entlastung für alle Verbraucherinnen und Verbraucher – beispielsweise eine „Senkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß“und eine „Reduzierung der Umsatzsteuer“. Derzeit liege der Anteil von Steuern und Abgaben an den Stromkosten bei über 50 Prozent. Am Ende müssen die Folgen für jeden LEW-Stromtarif extra kalkuliert werden.
Sicher ist indes, dass der Ukraine
Krieg die deutsche Energiewende nochmals beschleunigt. Die Lechwerke stellen sich auf viel Arbeit ein, machte LEW-Vorstand Markus Litpher deutlich. Bis 2035 soll die Stromversorgung in Deutschland nach dem Willen der Bundesregierung klimaneutral sein. „Das Vorhaben ist gigantisch, die Zeit ist knapp“, warnte Litpher. Bis 2030 sollen in Deutschland 200 Gigawatt Leistung an Photovoltaik bereitstehen. Übertragen auf unsere Region bedeute dies, dass sich die aktuelle Leistung von zwei Gigawatt Photovoltaik im LEW-Netz binnen acht Jahren auf mehr als sieben Gigawatt erhöhen müsse – mehr als das Dreifache.
Um den Sonnenstrom überhaupt im Netz aufnehmen zu können, plant das regionale Energieunternehmen Rekordinvestitionen. In den Jahren 2022, 2023 und 2024 sollen jeweils mehr als 160 Millionen Euro investiert werden, sagte Litpher. „Insgesamt also rund 500 Millionen Euro.“Bisher investiert LEW rund 120 Millionen Euro pro Jahr. Das Geld fließt vor allem in Stromleitungen und Trafos. Grob geschätzt müsse die bestehende Netzinfrastruktur und die Kapazität des Verteilnetzes in nur acht Jahren um rund 50 Prozent erweitert werden, erklärte Litpher. „Wir brauchen tausende neue Ortsnetzstationen, zusätzliche Transformatoren und Umspannwerke und erheblichen Leitungszubau auf allen Spannungsebenen“, sagte er.
Das vergangene Geschäftsjahr schloss das Unternehmen mit einem um 18 Prozent höheren Umsatz ab, dieser lag bei 1,9 Milliarden Euro. Grund dafür seien aber vor allem die gestiegenen Börsenpreise für Strom, erklärte Litpher. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern blieb mit 146 Millionen Euro praktisch stabil. Den Aktionärinnen und Aktionären wollen die Lechwerke wie im Vorjahr 2,80 Euro pro Papier als Dividende zahlen. Prognosen für dieses Jahr seien angesichts der Folgen des Ukraine-Kriegs „schwieriger denn je“, sagte Litpher. Aktuell gehe man davon aus, einen Gewinn auf der Höhe des Vorjahres zu erzielen. Angestrebt werde auch „eine Dividende in der Größenordnung des Vorjahres“.
Tief betroffen zeigte sich das Unternehmen vom Krieg in der Ukraine. „Dieser Krieg bringt unendliches Leid über die Menschen in der Ukraine und über Millionen, die auf der Flucht sind“, sagte Litpher. Um Frauen, Kindern und Männern auf der Flucht zu helfen, plant man nach einer Spendenaktion unter anderem auch, Werkswohnungen für Geflüchtete bereitzustellen.