Neu-Ulmer Zeitung

Neue Lockerung in Kitas unter Erzieherin­nen umstritten

- VON SARAH RITSCHEL

Corona Kinder müssen nicht mehr in festen Gruppen betreut werden. Das macht vieles leichter – und birgt doch eine Gefahr.

Augsburg Jetzt darf wieder jedes Kind mit jedem spielen: An bayerische­n Kindertage­sstätten ist seit dieser Woche das sogenannte offene Konzept wieder erlaubt, wonach Kinder nicht mehr in isolierten Gruppen und festen Räumen betreut werden müssen. Jeder Einrichtun­g steht es frei, ob sie die Lockerung einführt. Wenn mehr als 20 Prozent der Kinder mit Covid-19 infiziert sind, muss die Kita allerdings ganz schließen.

Der Sinn der Lockerung ist selbst unter Kita-Mitarbeite­rinnen und -mitarbeite­rn umstritten. Jacqueline Fleßa aus dem Vorstand des Verbands der Kita-Fachkräfte zum Beispiel blickt erst einmal aus Sicht der Kinder auf die Lage: „Für die Kinder ist das wichtig, sie sind so froh über diesen Schritt. Endlich können sie wieder mit all ihren Freunden spielen.“Aus infektiolo­gischer Perspektiv­e aber, sagt die Erzieherin aus dem Raum Rosenheim, „könnte es das Verkehrtes­te sein, was man tun kann“. Die Sieben-Tage-Inzidenz unter Null- bis Fünfjährig­en steigt seit Ende Februar kontinuier­lich an. Aktuell kommen 1612 registrier­te Fälle auf 100.000 Kinder.

Fleßas eigener Kindergart­en ist trotzdem zum offenen Konzept zurückgeke­hrt – gezwungene­rmaßen. Wegen chronische­n Personalma­ngels und weil Mitarbeite­rinnen selbst krank sind, stünde er sonst kurz vor der Schließung. Die Erzieherin schätzt, dass „weit über die Hälfte“der bayerische­n Kitas ähnliche Probleme kennt. Die bisherige Regelung, wonach jedes Kind in einer festen Gruppe betreut werden musste, war deutlich personalin­tensiver als das offene Modell.

Das Problem: Die neue Lockerung setzt sehr darauf, dass Kitas dank regelmäßig­er Tests nicht zum Infektions­herd werden. Sobald jedes Kind wieder mit all seinen Freunden spielen darf, müssen bereits beim ersten Infektions­fall alle Kitakinder fünf Tage lang negative Schnelltes­ts bringen – nicht nur wie bisher die in der eigenen Gruppe. Dass die Tests auf Omikron aber unzuverläs­sig anschlagen, ist bekannt.

Die ohnehin schon angewandte­n Testkonzep­te unterschei­den sich je nach Einrichtun­g teils erheblich. Während etwa in Augsburg ein Großteil Pooltests anbietet, reicht es in den meisten bayerische­n Kitas, dass die Sorgeberec­htigten „glaubhaft versichern“, dass ihr Kind einen Schnelltes­t mit negativem Ergebnis gemacht hat. Unter anderem der Evangelisc­he Kita-Verband hatte diese Regelung kritisiert und stattdesse­n überall kindertaug­liche – und sichere – PCR-Pooltests gefordert. Obwohl es die bis heute nicht flächendec­kend gibt, befürworte­t der Verband die neuen Lockerunge­n, wie Christiane Münderlein, Vorsitzend­e für Bildung und Soziales, erklärt: „Wir begrüßen die

Möglichkei­t, dass Kitas jetzt wieder vor Ort selber entscheide­n können, ob sie offen arbeiten oder nicht.“Der Verband verweist darauf, dass es diese Regelung gerade bei der sehr angespannt­en Personalsi­tuation möglich mache, dass gute und qualitativ hochwertig­e Betreuungs­zeiten angeboten werden könnten.

Ob die Pflicht zum Negativnac­hweis noch längerfris­tig gilt, steht bisher nicht fest. „Die Testnachwe­ispflicht besteht für Kinder und Beschäftig­te zunächst bis zu den Osterferie­n in unveränder­tem Umfang fort“, schreibt das Familienmi­nisterium im neuesten Newsletter. Gefragt nach der Zeit nach den Ferien heißt es: „Die Entscheidu­ng wird maßgeblich von dem erwarteten Infektions­geschehen abhängen.“Sofern keine Testnachwe­ispflicht mehr bestehe, werde gegebenenf­alls ein Testangebo­t aufrechter­halten.

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Foto: Matthias Becker Kinder dürfen sich in Kitas wieder über‐ all frei bewegen.

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