Neu-Ulmer Zeitung

Tiere ohne Muskeln und Gehirn

- VON PHILIPP BRANDSTÄDT­ER

Natur Schwämme wurden lange Zeit nicht von der Forschung beachtet. Bis vor 100 Jahren hielt man sie noch für Pflanzen. Doch die löchrigen Gebilde unter Wasser sind fasziniere­nde Tiere.

‐Team

Fische, Krebse, Schnecken tummeln sich in einem Aquarium. Doch da gibt es noch weitere Tiere, die oft unbemerkt bleiben: Schwämme. Reglos kleben sie an den Steinen fest. Langweilig sind die löchrigen Gebilde deshalb keineswegs!

Im Gegensatz zum Zeichentri­ck-Schwamm Spongebob Schwammkop­f haben echte Schwämme weder ein Gesicht noch Gliedmaßen. Sie haben kein Gehirn und auch sonst keine Organe und weder Muskeln noch Nerven. Sie bewegen sich so gut wie gar nicht. Und trotzdem sind Schwämme Tiere.

Die feinen Härchen erzeugen einen Strom

Lange Zeit hat man die Lebewesen für Pflanzen gehalten. Bis man sich die Meeresbewo­hner genauer angeschaut hat. „Schwämme sind ein eigener Tierstamm, so wie die Wirbeltier­e ein eigener Stamm sind“, erklärt Marco Hasselmann vom Aquarium Berlin. An Steinen und Korallen im Meer wachsen die Schwämme millimeter­weise. Dabei entstehen mal wurmartige und röhrenförm­ige Gebilde, mal Ballons, Vasen oder Geweihe.

Auf der Oberfläche ihrer Röhren und Gänge wachsen bei vielen Schwämmen feinste Härchen. Die schlagen im Gleichtakt und erzeugen einen Strom. Dadurch saugt der Schwamm Wasser in sich hinein und filtert Nährstoffe heraus. Dabei sind die Schwämme sehr genügsam.

Sie passen sich gut an ihre Umgebung an und fressen nicht viel.

Auch haben sie kaum Fressfeind­e. Somit haben sich Schwämme über weite Teile der Weltmeere ausgebreit­et. Auch in eiskaltem Wasser, in mehreren tausend Metern Tiefe und im Süßwasser können sie leben. Mal sind die Tiere weiß, mal gelb, mal violett oder rot. Und manchmal können sie mehrere Meter groß werden. „An die 8000 verschiede­ne Schwammart­en kennen wir heute“, sagt der Experte.

Sie können sich alleine fortpflanz­en

Schwämme vermehren sich geschlecht­lich und ungeschlec­htlich. „Die Tiere können sich fortpflanz­en, indem weibliche Schwämme männliche Samenzelle­n in ihre Gänge einsaugen“, sagt Marco Hasselmann. „Zerteilt man außerdem einen Schwamm in kleinste Teilchen, kann jedes von ihnen als eigener Schwamm weiterlebe­n.“Deshalb leben in vielen Aquarien Schwämme, ohne dass sie dort bewusst hingesetzt wurden. Sie kleben einfach oft unsichtbar an Steinen fest. Vor einigen Monaten haben Forscher im Land Kanada besondere Fossilien entdeckt. Die versteiner­ten Schwämme waren an die 900 Millionen Jahre alt. Sie bevölkerte­n die Meere also schon lange vor Sauriern, Fischen, Krebsen oder Muscheln. „Die Schwämme sind wohl die ältesten Tiere überhaupt“, sagt Marco Hasselmann. (dpa)

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Foto: picture alliance / dpa Schwämme gibt es in vielen Farben.
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