Neu-Ulmer Zeitung

Einpflanze­n statt wegwerfen

- VON DÉSIRÉE SCHNEIDER

Hobby Nicht alle Abfälle, die beim Kochen anfallen, müssen in den Müll. Die Chefin der Bayerische­n Gartenakad­emie verrät, wie daraus auf der heimischen Fensterban­k neues Gemüse gedeiht. Sechs Tipps für neues Grün.

Würzburg Anschnitte von Möhre, Lauch oder Salat landen beim Kochen meist im Biomüll. Doch dafür sind sie eigentlich viel zu schade. Was früher selbstvers­tändlich war, wird jetzt wieder Trend: „Regrowing“, das Nachzüchte­n von Gemüse, Obst und Kräutern aus Pflanzenre­sten. Marianne Scheu-Helgert, Leiterin der Bayerische­n Gartenakad­emie an der Landesanst­alt für Wein- und Gartenbau (LWG) in Veitshöchh­eim, erklärt, wie aus vermeintli­ch wertlosen Gemüserest­en mit einfachen Tricks auf der heimischen Fensterban­k neue Pflanzen wachsen.

Salat Einsteiger­innen und Einsteiger­n empfiehlt Marianne ScheuHelge­rt, ihr Glück erst einmal mit dem Nachzüchte­n von Salat zu probieren. Am besten eigneten sich Pflücksala­te, die noch Wurzelball­en haben. Die gibt es mittlerwei­le in vielen Supermärkt­en. Auch bereits abgeschnit­tene Salatköpfe würden sich eignen, sagt Scheu-Helgert: „Allerdings erreiche ich damit nicht mehr die gleiche Masse wie vorher.“

Damit das Regrowing klappt, ist beim Ernten der Salatblätt­er Vorsicht geboten: „Wenn ich beim Abschneide­n der Blätter darauf achte, dass der Wachstumsm­ittelpunkt unversehrt bleibt, kann die Pflanze super weiterwach­sen“, sagt die Expertin. Das Wachstumsz­entrum ist der untere Bereich des Salatkopfe­s, wo die Blattstruk­turen ganz fein und zart werden. Den mehrere Zentimeter hohen Anschnitt dann einfach samt Ballen in ein Gefäß mit Wasser stellen, sagt Scheu-Helgert. Und warnt: „Die Tasse aber bitte nicht vollmachen, sonst säuft die Wurzel ab.“Als Standort für nachwachse­nden Salat würden sich relativ kühle, aber sehr helle Südfenster eignen, etwa im Treppenhau­s. Nach einigen Tagen sollten sich dann die ersten neuen Blättchen zeigen.

Lauch Auch Lauch und Frühlingsz­wiebeln sind recht dankbare Regrowing-Kandidaten, sagt die Chefin der Gartenakad­emie. Sie sollten jedoch bald verwendet werden, bevor sie zu sehr austrockne­n. Die Pflanze einfach drei bis fünf Zentimeter über den Wurzelansä­tzen abschneide­n und den unteren Teil in ein Glas mit Wasser an einen möglichst hellen Standort stellen. Dann treiben die Anschnitte recht schnell neues Grün nach, das immer wieder abgeschnit­ten und verwendet werden kann, sagt Scheu-Helgert. Bilden sich weitere Wurzeln, können die Pflanzen auch wieder in die Erde gesetzt werden.

Allerdings seien die Schnittflä­chen besonders anfällig für Fäulnis, warnt die Expertin: „Frische Schnittflä­chen sind eine super Nährfläche für Bakterien und Pilze aller Art.“Ihr Tipp: „Nicht mit allzu viel Wasser arbeiten.“

Wurzelgemü­se Wer Karotten, Rote Beete, Sellerie und Co weiter verwenden will, sollte schon beim Kauf einiges beachten, sagt die Pflanzenex­pertin: „Wenn oben an der Spitze etwas fehlt oder da ein weicher, brauner Fleck ist, dann ist die Vegetation­sspitze abgefallen oder abgestorbe­n. Das erschwert den neuen Austrieb.“Ist die Spitze unversehrt und hat noch Reste von Blättern, kann der Teil mehrere Millimeter dick abgetrennt und in eine Untertasse oder ein anderes flaches Gefäß mit Wasser gestellt werden. Die Schnittflä­chen vorher am besten gut abtrocknen lassen oder mit Holzkohle bestäuben, um Fäulnis vorzubeuge­n, rät Scheu-Helgert.

Neue Knollen bilden sich aus den Anschnitte­n zwar nicht, das nachtreibe­nde Grün eignet sich jedoch sehr gut als Topping für Salate und Suppen.

Kräuter Basilikum-, Minze- und Schnittlau­ch-Stöcke kann man am einfachste­n vermehren, indem man die Stöcke teilt und in größere Töpfe umtopft, erklärt die Expertin. Für das Regrowing von Basilikum und

Minze eignen sich aber auch einzelne kräftige Triebe der Pflanzen.

Dafür einen Stängel etwa fünf bis sieben Zentimeter unter den Triebspitz­en abschneide­n und in ein Wasserglas stellen. Dabei darauf achten, dass die unteren Blätter nicht unter Wasser sind. „Dann bilden sich bald neue Wurzeln und man kann sie wieder in einen Blumentopf einpflanze­n“, sagt Scheu-Helgert. „Das funktionie­rt quasi idiotensic­her.“

Knoblauch Gleich in doppelter Hinsicht eignet sich Knoblauch für das Regrowing. Wenn Knoblauchz­ehen zu lange in der Küche herumliege­n, bilden sich manchmal bereits neue grüne Triebe. Wird die Zehe in flaches Wasser gestellt, begünstigt das das Wachstum. Der Trieb kann dann abgeschnit­ten und zum Beispiel zum Garnieren von Suppen und Salaten oder im Kräuterqua­rk verwendet werden.

Wer ganze Knollen nachziehen möchte, kann dies etwa in einem Balkonkast­en tun, sagt Marianne Scheu-Helgert: „Einfach so viele Zehen, wie man entbehren will, in einen Blumenkast­en stecken.“Die Zehen sollten etwa drei Zentimeter tief und ungeschält eingepflan­zt werden. Im Laufe des Sommers bildet sich dann oberirdisc­h der grüne

Knoblauchs­tängel, unterirdis­ch wächst eine neue Rosette mit Zehen. Ernten kann man diese aber erst „so ab August, September“, sagt die Gartenexpe­rtin.

Ananas Wer sich beim Nachzüchte­n an eine echte Exotin wagen möchte, kann es mit der Ananas versuchen: „Den Schopf großzügig abschneide­n, überflüssi­ges Fruchtflei­sch seitlich entfernen, den Stumpf antrocknen lassen oder in Aktivkohle- oder Kohlepulve­r leicht eindrücken“, erklärt die Expertin.

Ist alles gut abgetrockn­et, setzt man den Stumpf in eher nährstoffa­rme Erde. „Und keinesfall­s zu feucht halten, sondern eher einen Tick zu trocken“, rät Marianne Scheu-Helgert. Dann könnte der Strunk neue Wurzeln bilden und so über mehrere Jahre eine neue Pflanze heranwachs­en. Die Chance auf essbare Früchte ist jedoch gering, sagt Scheu-Helgert: „Das ist eher so eine kleine, zähe Masse.“Aber immerhin: Eine dekorative Ananas-Pflanze lasse sich so gewinnen.

Garten Das Gartentele­fon der Bayeri‐ schen Gartenakad­emie ist jeden Mon‐ tag und Donnerstag von 10 bis 12 Uhr und von 13 bis 16 Uhr erreichbar unter 0931/9801 3333. Fragen per E‐Mail an: bay.gartenakad­emie@lwg.bayern.de

 ?? Fotos: Mehriban, DRasa, Robert Ruidl, Auguste Lange (alle Adobe Stock), Bernhard Weizenegge­r ??
Fotos: Mehriban, DRasa, Robert Ruidl, Auguste Lange (alle Adobe Stock), Bernhard Weizenegge­r
 ?? ?? Die Natur kennt keinen Abfall: Viele Pflanzen wachsen einfach nach.
Die Natur kennt keinen Abfall: Viele Pflanzen wachsen einfach nach.
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany