Maskenverweigerer schlägt bei Kontrolle um sich
Justiz Ein Mann will beim Bäcker Nase und Mund nicht bedecken und wird aggressiv. Das hat vor Gericht ein Nachspiel.
Neu‐Ulm Diese Butterbrezel wurde teuer: Als ein 65-Jähriger in NeuUlm beim Einkauf im Mai 2021 keine Maske aufsetzen wollte, rief das Bäckereipersonal die Polizei, weil der Mann uneinsichtig war und lange diskutierte. Vor dem Amtsgericht war er nun wegen „tätlichen Angriffs auf Vollzugsbeamte, Körperverletzung und Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“angeklagt. Er hatte sich mit den Ordnungshütern angelegt, war auf Krawall gebürstet – und den Dienstausweis einer Polizistin erkannte er nicht an.
Wie sich im Laufe der zweieinhalbstündigen Beweisaufnahme herausstellte, zeigte der Mann bei Eintreffen der Polizei „keinerlei Einsicht“und steigerte sich in eine „Verweigerungshaltung“hinein, wie es der bearbeitende Polizeibeamte als Zeuge aussagte. Richter Thorsten Tolkmitt hatte eine Menge Videomaterial zur Verfügung, von dem er auch einige Auszüge vorführte. Darunter waren nicht nur Bodycam-Aufnahmen von Polizeibeamten, sondern auch Videosequenzen, die der Angeklagte selbst mit seinem Handy gefertigt hatte. Obwohl dieser den Beamten vorgehalten hatte, dass er nicht „in der Öffentlichkeit gefilmt“werden wolle, ließ er seine eigene Handykamera laufen. Als ihm diese abgenommen wurde, drohte er den Beamten, dass er „alle in die Haftung nehmen“werde. Zu dem Einsatz waren insgesamt acht Polizisten eingetroffen, die ihm nach längerer Diskussion „unmittelbaren Zwang“androhten, weil er sich standhaft weigerte, seinen Ausweis zu zeigen. Den von ihm verlangten und ihm auch vorgezeigten Polizeidienstausweis einer Beamtin erkannte er nicht an. So wurde er nach wiederholten Ankündigungen, aber fortgesetzter Verweigerung, von mehreren Einsatzkräften zu Boden gebracht und schließlich mit Handschellen auf dem Rücken sowie Kabelbindern um die Füße gefesselt. Dabei, so die Anklage, soll er eine Beamtin gegen das Schienbein getreten haben. Genau das jedoch war nun nicht zweifelsfrei nachweisbar.
So einigten sich Richter, Verteidigerin und Staatsanwältin darauf, das Verfahren wegen Körperverletzung nicht weiterzuverfolgen und dazu wies Richter Tolkmitt darauf hin, dass anstelle des „tätlichen Angriffs“auch „Widerstand“als harmloserer Tatbestand infrage kommen könne. Auch der Angeklagte zeigte Einsicht; er bat den Polizei-Zeugen, seine Entschuldigung an die anderen Beamten zu übermitteln und hatte schon eingangs darauf verwiesen, dass er am Tattag „auf dem falschen Dampfer“gewesen sei. Die Staatsanwältin erneuerte ihren Vorwurf, dass er „aggressiv“vorgegangen sei, die Beamten lächerlich machen wollte und dass auf den Videos sehr wohl zu erkennen gewesen sei, dass er „gezielt mit dem Bein geschlagen“habe.
Verteidigerin Ulrike Mangold erinnerte an eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, dass man Polizeieinsätze in der Öffentlichkeit sehr wohl filmen dürfe, um „Waffengleichheit“herzustellen. Ein tätlicher Angriff sei nicht zu erkennen und, weil der Mann mittellos sei, kämen allenfalls 100 Tagessätze zu 10 Euro als Strafe infrage. Ausdrücklich anerkannte die Verteidigerin, dass die Polizeibeamten „besonnen und völlig korrekt gehandelt“hätten. Der Angeklagte hatte zuvor angegeben, dass er vom Unterhalt seiner Frau und des Sohnes lebt, da er seit 1980 nichts mehr in die Rentenversicherung einbezahlt habe.
Daraus schloss Richter Tolkmitt, dass sein Einkommen allenfalls auf Hartz-IV-Niveau anzusetzen sei. Der Angeklagte sei zwar kein Reichsbürger, obwohl er die Beamten gefragt habe, von welcher „Firma“sie seien, aber er sei „provozierend und auf Krawall aus“gewesen. Die Wortwechsel mit der Polizei seien „nicht öffentlich gesprochen“worden, sodass entgegen der Auffassung der Verteidigerin bei den Handyaufnahmen des Angeklagten doch von einer „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“auszugehen sei. Richter Tolkmitt setzte im Urteil 120 Tagessätze zu 15 Euro fest. Der Angeklagte nahm das Urteil sofort an, während die Staatsanwältin die ihr zustehende Woche Bedenkzeit nutzen will, sodass das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.