Neu-Ulmer Zeitung

Gnadenlos effektiv

- VON STEPHAN SCHÖTTL

Regionalli­ga Der SSV Ulm 1846 Fußball nutzt eine seiner wenigen Chancen und gewinnt 1:0 gegen den FC Astoria Walldorf. Souveränit­ät lassen die Spatzen dieses Mal aber vermissen.

Ulm Die beiden Männer unterhielt­en sich auf dem Weg zum Parkplatz über den Ketchup-Flaschen-Effekt. Man klopft und klopft hinten auf die Flasche, aber es kommt einfach nichts raus. Bis sich völlig überrasche­nd fast der gesamte Inhalt auf einmal über den Teller ergießt. So ähnlich war das beim 1:0-Sieg des SSV Ulm 1846 Fußball im Regionalli­ga-Heimspiel gegen Astoria Walldorf. Bis auf den kleinen Unterschie­d, dass am Dienstagab­end im Donaustadi­on anstelle von Ketchup große Emotionen im Spiel waren.

Die Partie lief eigentlich unspektaku­lär. 85 Minuten lang war sie strategisc­h geprägt, blieb bis auf das frühe Aus für Ulms Adrian Beck wegen muskulärer Probleme (36.) ohne großen Aufreger. Man fühlte sich im einen Moment an ein Schachspie­l erinnert, bei dem sich die Akteure ausgiebig Gedanken über den nächsten, vielleicht entscheide­nden Zug machen. Im anderen Moment an eine Handball-Partie, bei der am Kreis geduldig der Ball durch die Reihen geht, bis sich endlich die Lücke im gegnerisch­en Abwehrboll­werk auftut. Doch von einer Sekunde auf die andere wurde es in den letzten fünf Minuten und der ebenso langen Nachspielz­eit hektisch auf dem Spielfeld und drumherum. Erst sah Walldorfs Trainer Matthias Born die Gelbe Karte wegen Reklamiere­ns, dann kickte er wütend seinen Stuhl durch die Luft. Von den Rängen ertönte ein gellendes Pfeifkonze­rt und vor der Ulmer Bank gestikulie­rten Trainer Thomas Wörle und sein Assistent Max Knauer wild umher.

Aber was war der Grund für diese plötzliche emotionale Explosion bei allen Beteiligte­n? Abschließe­nd geklärt wurde diese Frage auch in der Pressekonf­erenz nach dem Spiel nicht. Wörle meinte, er sei mit der fünfminüti­gen Nachspielz­eit „überhaupt nicht einverstan­den“gewesen. Eine Zusatzschi­cht, in der seine Mannschaft platt und vereinzelt von Krämpfen geplagt war. Sich dennoch tapfer in alle gegnerisch­en Schüsse warf und blockte, was das Zeug hielt, während Walldorf noch einmal anrannte. Der späte Ausgleich lag in der Luft, gelang den Gästen aber nicht mehr. Und das wiederum brachte deren Coach Born auf die Palme. „Wir sind maximal enttäuscht. Wir haben an unsere starken Leistungen der Vorwochen angeknüpft, aber uns dafür nicht belohnt. Ich habe uns mindestens auf Augenhöhe gesehen“, meinte er.

In der Tat hatte Walldorf die eine oder andere gute Chance. Doch das Tor des Tages gelang den Hausherren, die dieses Mal gnadenlos effektiv waren. Einen langen Pass aus der eigenen Hälfte von Milan Petrovic verwertete Phil Harres direkt und schloss mit einem satten Schuss ins lange Eck zum 1:0 (20.) ab. Ein Konter noch von Nicolas Jann vor der Pause, ein Torschuss des eingewechs­elten Simon Klosterman­n in der 92. Minute. Viel mehr war da nicht. Jannik Rochelt sprach hinterher von einem „dreckigen Arbeitssie­g“. Der 23-jährige Allgäuer meinte: „Die Teamleistu­ng war spitze. Jeder hat sich für den anderen reingeworf­en, wir haben mit aller Macht das Tor verteidigt.“

Dieses Füreinande­r und Miteinande­r hob auch Wörle hervor. Er sagte aber auch: „Das war kein besonders attraktive­s Spiel. Wir haben uns von Anfang bis Ende schwergeta­n. Der Gegner stand hinten kompakt. Wir haben uns nicht getraut, mutig Fußball zu spielen. Das war sehr viel Stückwerk.“Den SpatzenFan­s unter den 1623 Zuschauern im Donaustadi­on war’s freilich egal. Sie feierten mit der Mannschaft nach dem Abpfiff weitere drei Punkte im Aufstiegsr­ennen. Der SSV Ulm 1846 Fußball ist nun wieder Tabellenzw­eiter, zwei Zähler hinter Spitzenrei­ter Elversberg.

 ?? Foto: Horst Hörger ?? Phil Harres (Bildmitte) gelang im Heimspiel gegen den FC Astoria Walldorf das einzige Tor des Spiels. Der junge Stürmer wurde dafür von seinen Mitspieler­n Bastian Allgaier, Jannik Rochelt und Milan Petrovic (von links) gefeiert.
Foto: Horst Hörger Phil Harres (Bildmitte) gelang im Heimspiel gegen den FC Astoria Walldorf das einzige Tor des Spiels. Der junge Stürmer wurde dafür von seinen Mitspieler­n Bastian Allgaier, Jannik Rochelt und Milan Petrovic (von links) gefeiert.

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