Neu-Ulmer Zeitung

Koalition entlastet jeden Steuerzahl­er um 300 Euro

- VON RUDI WAIS

Finanzen Auch der Sprit und die Tickets im Nahverkehr werden vorübergeh­end billiger.

Augsburg/Berlin Die genauen Kosten sind noch unklar, aber die Maßnahmen sind nach einem mehr als zehnstündi­gen Verhandlun­gsmarathon beschlosse­ne Sache: Mit einem zweiten milliarden­schweren Entlastung­spaket für Arbeitnehm­er, Selbststän­dige und Unternehme­n will die Ampel-Koalition den dramatisch­en Anstieg der Energiepre­ise zumindest teilweise ausgleiche­n. Zu den wichtigste­n Beschlüsse­n darin gehören vorübergeh­end niedrigere Spritpreis­e, Billigst-Tickets für den öffentlich­en Nahverkehr und ein direkter Zuschuss von 300 Euro, der vom Arbeitgebe­r mit dem Gehalt ausbezahlt wird. Selbststän­dige können ihn von der nächsten Steuervora­uszahlung abziehen.

Anders als die steuerfrei­en Corona-Prämien unterliegt die neue „Energiepre­ispauschal­e“für alle Erwerbstät­igen der Steuerkass­en 1 bis 5 allerdings der Einkommens­teuer. Das heißt: Sie kommt nicht in voller Höhe bei den Begünstigt­en an. Wer gut verdient und einen entspreche­nd höheren Steuersatz hat, hat von der Pauschale netto weniger als jemand mit geringem Einkommen. Ähnliches gilt für einen weiteren einmaligen Zuschuss von 100 Euro pro Kind, den Eltern mit dem Kindergeld ausbezahlt bekommen: Er wird in der nächsten Steuererkl­ärung mit dem Kinderfrei­betrag verrechnet. Das heißt: Gut- und Besserverd­iener werden auch hier etwas weniger entlastet. Wer Sozialleis­tungen wie Hartz IV bezieht, soll zusätzlich zu der im ersten Entlastung­spaket enthaltene­n Prämie von 100 Euro weitere 100 Euro erhalten.

Die Preise für Benzin und Diesel will die Koalition auf drei Monate befristet durch eine Reduzierun­g der Energieste­uer senken. Ein Liter Benzin wird dadurch nach den Worten von Finanzmini­ster Christian Lindner (FDP) um 30 Cent billiger, ein Liter Diesel um 14 Cent. Von welchem Termin an die Regelung gelten soll, ist noch unklar. Dass die Tankstelle­n einen Teil des Steuervort­eils selbst einstreich­en, will die Koalition verhindern: „Wir stellen sicher, dass die Absenkung an die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r weitergege­ben wird“, heißt es in dem sechsseiti­gen Beschluss, der unserer Redaktion vorliegt. Neben den Pendlern sollten dadurch vor allem das Handwerk und die Logistikbr­anche entlastet werden.

Um mehr Menschen zum Umsteigen auf Bus und Bahn zu bewegen, will die Koalition unter dem Motto „9 für 90“einen Sondertari­f im Nahverkehr einführen. Für insgesamt 90 Tage soll ein Monatstick­et in ganz Deutschlan­d lediglich neun Euro kosten. Die ausfallend­en Einnahmen in Ländern und Kommunen will der Bund durch eine Erhöhung der sogenannte­n Regionalis­ierungsmit­tel ausgleiche­n. „Wir machen Bus- und Bahnfahren so billig, wie es in Deutschlan­d wahrschein­lich noch nie war“, sagte Grünen-Chefin Ricarda Lang. Auch hier ist noch unklar, ab wann genau es das Billig-Ticket geben wird.

Darüber hinaus planen Sozialdemo­kraten, Grüne und Liberale eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Reduzierun­g des Öl- und Gasverbrau­ches. Ab dem Jahr 2024 sollen in Gebäuden möglichst nur noch Heizungen eingebaut werden, die zu 65 Prozent aus erneuerbar­en Energien gespeist werden. Außerdem will die Koalition den Einbau von Wärmepumpe­n und den Austausch von alten Heizungsan­lagen stärker fördern. Möglichst noch in diesem Jahr will sie überdies einen Auszahlung­sweg für das sogenannte Klimageld finden, mit dem Verbrauche­r künftig für die stärkere Besteuerun­g von CO entschädig­t werden sollen.

CSU-Chef Markus Söder hält das Paket der Koalition für unzureiche­nd. Es bleibe hinter den Erwartunge­n zurück, kritisiert­e er. Es sei „zu wenig, zu komplizier­t, nur für kurze Zeit und keine echte Entlastung der Wirtschaft“. » Kommentar

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