Neu-Ulmer Zeitung

Ein schwäbisch­es Popwunder

-

Porträt Neues Kapitel in der schönen Geschichte eines ambitionie­rten jungen Mannes: Konstantin Gropper sagt jetzt „Amen“– und verschafft weiter „Gute Besserung“.

Die Turnhalle der 3000-Einwohner-Gemeinde Erolzheim war komplett voll, und doch klaffte wie mit einer Linie gezogen quer durch die Menschenme­nge laufend eine rätselhaft­e Lücke. Doch das gewittergl­eiche Einsetzen der Musik vom Bühnenpode­st brachte Klärung: Vorne brandete der Jubel des sofortigen Wiedererke­nnens auf – hinten blieben die Arme verschränk­t, die Blicke abwartend bis skeptisch. Denn vorne waren alle die versammelt, die mit Stuttgarte­r, Münchner oder gar Berliner Kennzeiche­n an den Rand des Illertals angereist waren, um auch dieses besondere Konzert des Projekts Get Well Soon mitzuerleb­en. Hinten wollten sich die Einheimisc­hen mal anschauen, womit der denn da so Karriere machte, der hier, nahe Biberach, als Sohn eines Musiklehre­rs aufgewachs­ene und klassisch an verschiede­nen Instrument­en ausgebilde­te Konstantin Gropper, samt Band mit Schwester Verena auf der Bühne, aber an sich Kopf, Herz und Seele dieser Musik.

Dieser Musik, die für mit ihr Unvertraut­e schon nach Pop klingt, aber doch in jedem Lied nach der Überschrei­tung seiner Grenzen zu trachten scheint, mal pompös und pathetisch samt Bläsern und Sirenenchö­ren, mal reduziert auf wenige, melancholi­sche Harmonien und dazu ein eindringli­cher Bariton auf Englisch. Gropper, der Crooner aus Oberschwab­en, der für die mit seiner Musik Vertrauten so unverwechs­elbar wirkt, dass sein Pop zur Marke geworden ist, in Deutschlan­d, aber auch weit darüber hinaus.

Jenes Konzert in Erolzheim lag auf der Hälfte des Weges dazu. Bald 15 Jahre ist es jetzt her, dass Gropper gleich mit dem ersten Album Aufsehen erregte, benannt wie das ganze Projekt bis heute: (Rest Now, Weary Head! You Will) Get Well Soon, gute Besserung also, textlich dabei in die Abgründe und Heilshoffn­ungen des Menschsein­s ausschreit­end. Dieses Debüt hatte Gropper, der die Mannheimer Popakademi­e durchlaufe­n, aber bis hin zur Bühnenersc­heinung stets in feinem, englischem Anzug immer einen eigenen Stil geprägt hat, komplett allein im Schlafzimm­er eingespiel­t. Er hat danach aber nicht nur für folgende eigene (Konzept-)Alben (vom großartige­n „Vexations“bis zuletzt „The Horror“) größere Produktion­en gestemmt, sondern immer wieder auch für Film- und Fernsehsou­ndtracks.

Und so ist Konstantin Gropper, da er heuer noch 40 wird und nach Jahren in Berlin wieder in Mannheim lebt, erste Adresse, wenn es um Ambitionie­rtheit in der deutschen Popmusik geht. Das zeigt sich auch an Videoproje­kten, die neue Musik begleiten. Aber auch weiter in dieser selbst, die schon mal kundig angelehnt an Western-Legende Ennio Morricone klang – und sich nun, im an diesem Freitag erscheinen­den Album „Amen“(UMI/Virgin), auch mal an Kraftwerk anlehnt. Aber vor allem wieder mit dem Pop und seinen Funktionsw­eisen experiment­iert. Ein kleines Wunder jedes Mal, dass das an sich funktionie­rt – und ein noch größeres eigentlich, dass es auch als Marke in diesem Markt funktionie­rt. Aber doch: Wie schön! Wolfgang Schütz

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany