Neu-Ulmer Zeitung

Ein Rückzug, der vieles durcheinan­derwirft

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Fußball Drittligis­t Türkgücü München ist zahlungsun­fähig. Für Spieler und Trainer bedeutet das den Gang zum Arbeitsamt. Einige Teams aber dürften sich freuen, unter anderem die Löwen.

München Ein letztes Mal stand Türkgücü Münchens Trainer Andreas Heraf mit seinen Spielern auf dem Rasen. Es war die abschließe­nde Einheit vor dem Gang zum Arbeitsamt. Denn der erste Migrantenv­erein im deutschen Profi-Fußball ist am Ende und löst in der 3. Liga eine Kettenreak­tion aus. Die zahlungsun­fähigen Münchner müssen den Spielbetri­eb zum Ende dieses Monats einstellen und wirbeln damit die Tabelle durcheinan­der.

„Das ist natürlich ein trauriger Moment für den Verein, für die Spieler und für das Trainertea­m. In Wahrheit haben wir irgendwie damit gerechnet, weil es schon in den letzten Tagen die Gerüchte gegeben hat“, räumte Heraf nach dem letzten Training ein. „Die Spieler gehen zum Arbeitsamt, die Trainer gehen zum Arbeitsamt.“

Alle bislang gespielten Partien des Tabellenle­tzten werden gemäß der DFB-Spielordnu­ng aus der Wertung genommen, weil der Ausstieg vor den letzten fünf Meistersch­aftsspiele­n erfolgte. Türkgücü steht als erster Absteiger fest, ab dem 1. April geht es in der 3. Liga mit dem 32. Spieltag weiter. Verlierer in der Causa Türkgücü ist auch Aufstiegsk­andidat 1. FC Saarbrücke­n. Der Verein verliert seine sechs Punkte gegen die Münchner und rutscht vom dritten auf den vierten Tabellenra­ng. Der TSV 1860 München büßt dagegen nur einen Zähler ein und könnte somit im Aufstiegsk­ampf der große Gewinner des Rückzugs werden.

Die Chaos-Saison von Türkgücü endet vorzeitig mit dem sportliche­n Worst Case. „Das hat die Vereinsfüh­rung in Anwesenhei­t des vorläufige­n Insolvenzv­erwalters Dr. Max Liebig der Mannschaft und den Mitarbeite­rn des Vereins am heutigen Donnerstag­vormittag in einer Betriebsve­rsammlung mitgeteilt“, hieß es. Die Münchner hatten Ende Januar einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzv­erfahrens gestellt. Trotz „intensiver Bemühungen“fand der Verein keinen neuen Geldgeber. „Die zu erwartende­n Einnahmen aus dem Spielbetri­eb bis Saisonende können die laufenden Kosten bei weitem nicht decken“, erklärte Geschäftsf­ührer Max Kothny. Den Münchnern waren wegen Insolvenza­ntrags und eines Auflagenve­rstoßes insgesamt elf Zähler abgezogen worden. Diese Strafe sei aber „nicht mehr relevant“, schrieb der Deutsche Fußball-Bund (DFB).

„Das ist ein trauriger Tag für die 3. Liga“, erklärte Manuel Hartmann, beim DFB für den Spielbetri­eb zuständig. Wie es für den Verein weitergeht, ist unklar. Das werde sich in den „kommenden Wochen“zeigen.

Türkgücü München wurde 1975 von türkischen Migranten in München gegründet. Im Sommer 2020 stieg der Verein auch dank Investor Hasan Kivran in die 3. Liga auf. Türkgücü wollte die Rangordnun­g in der bayerische­n Landeshaup­tstadt ändern. Das war zumindest einmal der Wunsch von Kivran, der später sein Engagement wieder zurückfuhr. Die brutale Realität hat den Verein längst eingeholt. (dpa)

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Max Kothny

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