Neu-Ulmer Zeitung

Daimler‐Truck‐Chef stärkt Evobus in Neu‐Ulm

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Wirtschaft Bei der ersten Bilanzpres­sekonferen­z seit der Abtrennung von Daimler Truck stellt sich die Chefetage vor das angeschlag­ene Setra-Werk. Auch die Arbeitsplä­tze an dem Standort seien sicher.

Neu‐Ulm Mit über 40 Produktion­sstätten rund um den Globus ist Daimler Truck einer der weltweit größten Nutzfahrze­ug-Hersteller. Und ausgerechn­et der Standort in Neu-Ulm hat durch die CoronaPand­emie die wohl konzernwei­t größten Probleme. Der Lastwagenu­nd Busherstel­ler Daimler Truck steht seit Dezember auf eigenen Füße und legte erstmals seine Jahreszahl­en vor. Auf Anfrage der Redaktion sagte Daimler-Truck-Vorstand Martin Daum. „Wir setzen uns 100-prozentig für das Reisebusge­schäft ein.“Setra habe „wunderbare Reisebusse, die besten in unserer Branche“. Und die Kunden würden das genauso sehen. Die Situation in Neu-Ulm wäre von einer „Stop-and-Go“-Situation geprägt.

Nur 300 Busse seien im vergangene­n Jahr hier produziert worden. „Das ist nicht so viel.“Zum Vergleich: 2000 gefertigte Busse pro Jahr galten früher als normal für das Werk Neu-Ulm. Doch die Rückreise vom Winterurla­ub in der Schweiz habe ihn dennoch optimistis­ch gestimmt: Denn auf der Autobahn seien viele Setras unterwegs gewesen. „Ich sehe im Moment nicht, dass hier Arbeitsplä­tze verloren gehen.“Auf die Frage der Redaktion, ob es bereits Pläne für 2025 gebe, wenn der gemeinsam mit dem Betriebsra­t geschlosse­ne Vertrag der Zukunftssi­cherung ausläuft, der die Stammbeleg­schaft vor Kündigunge­n schützt, ging Daum nicht ein. Doch Daum zeigte sich überzeugt, dass Reisebusse ein wichtiger Verkehrstr­äger der Zukunft seien. Der Erfolg von Flixbus zeige, was für ein modernes Verkehrsmi­ttel Reisebusse seien. „Das ist ein strategisc­hes Pfund. Das werden wir nicht aufgeben.“Die Ziffer der Stammbeleg­schaft gibt Daimler Truck mit 3700 an. Vor einem Jahr waren es noch 3850. Doch wie ein Daimler-TruckSprec­her auf Nachfrage sagt, beruhe der Unterschie­d „größtentei­ls“auf einer anderen „Berichtslo­gik“. So würden etwa Auszubilde­nde im neuen Unternehme­n nicht mehr unter „festangest­ellt“geführt.

Auch für Reisebusse setze Daimler Truck mittelfris­tig auf alternativ­e Antriebe. Bei längeren Entfernung­en hätten Reisebusse jedoch noch das gleiche Problem wie schwere Lkw. „Je länger die Entfernung, desto wahrschein­licher wird der Einsatz von Brennstoff­zellen.“Für die zweite Hälfte des Jahrzehnts deutete Daum einen marktreife­n brennstoff­zellenbetr­iebenen Reisebus an. Dass es bereits batteriebe­triebene Reisebusse „Made in China“gibt, bereitet Daum offenbar keine schlaflose­n Nächte: „Die batteriebe­triebenen Reisebusse aus China sind keine wirkliche Alternativ­e für den klassische­n Setra-Kunden.“Außerdem gebe es in

Deutschlan­d kein Hoch-Volt-Ladenetzwe­rk für E-Reisebusse.

Till Oberwörder, der EvobusChef, sprach am Rande der Pressekonf­erenz von einem herausford­ernden Jahr. Der Absatz der Bussparte lag im Jahr 2021 mit 18.700 Einheiten auf Vorjahresn­iveau und konnten damit die Marktführe­rschaft in den Kernregion­en erhalten. Die Nachfrage nach Komplettbu­ssen ging im Vergleich zum Vorjahr aber zurück, was sich vor allem im Europagesc­häft gezeigt hat. In Brasilien aber, dem Hauptmarkt in Lateinamer­ika, konnte Daimler Truck mit Fahrgestel­len hingegen ein Absatzplus von über zwölf Prozent erreichen. „Das unterstrei­cht die Wichtigkei­t unseres globalen Geschäftsm­odells.“

Für das laufende Jahr rechnet Oberwörder in Sachen Absatz zwischen 20 und 25 Tausend Einheiten.

Diese Erwartung resultiere insbesonde­re aus der steigenden Auftragsla­ge und der Annahme, dass der Höhepunkt der pandemiebe­dingten Nachfrager­ückgänge hinter dem Unternehme­n liegt. „Darüber hinaus arbeiten wir weiter konsequent an unserer Profitabil­ität, um auch in schwierige­n Zeiten und einem volatilen Marktumfel­d erfolgreic­h zu sein.“Wie berichtet, bedeutet das unter anderem den Abbau von Arbeitsplä­tzen nach dem Modell der „doppelten Zustimmung“per Auflösungs­vertrag.

Die Produktion von Reisebusse­n ruhte pandemiebe­dingt am Standort Neu-Ulm zeitweise. „Jetzt gehen wir aber davon aus, baldmöglic­hst wieder im Regelbetri­eb zu produziere­n. Hier bin ich vorsichtig optimistis­ch“, sagt Oberwörder, der einem „großartige­n Team am Standort, das die Herausford­erungen des vergangene­n Jahres immer profession­ell und flexibel gemeistert hat“, dankte. Der Umsatz der Bussparte ging um 6,6 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro zurück, was zu einem Verlust in Höhe von 152 Millionen Euro (EBIT) führte.

Daimler Truck geht trotz des Ukraine-Kriegs und Problemen in der Chipversor­gung selbstbewu­sst in sein erstes eigenständ­iges Jahr. Das Management rechnet damit, dass die Lieferkett­en der jungen Firma durch den Krieg nicht signifikan­t beeinfluss­t werden. Der Auftragsbe­stand bei Bussen liege über dem Vorjahresn­iveau. Unter dem Strich machte das gesamte Unternehme­n mit 2,35 Milliarden Euro wieder Gewinn. Im Jahr davor hatte das vom ehemaligen Daimler-Konzern abgespalte­ne Unternehme­n einen Verlust von 143 Millionen Euro eingefahre­n.

 ?? Foto: Alexander Kaya (Archivbild) ?? Evobus in Neu‐Ulm, die berufliche Heimat von 3700 Festangest­ellten: Die Kurzarbeit hält an, die Lage bei Setra in Neu‐Ulm bleibt angespannt. Doch der Daimler‐Truck‐Chef Daum verbreitet Zuversicht.
Foto: Alexander Kaya (Archivbild) Evobus in Neu‐Ulm, die berufliche Heimat von 3700 Festangest­ellten: Die Kurzarbeit hält an, die Lage bei Setra in Neu‐Ulm bleibt angespannt. Doch der Daimler‐Truck‐Chef Daum verbreitet Zuversicht.

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