Neu-Ulmer Zeitung

Polizei erwischt immer öfter berauschte E‐Scooter‐Fahrer

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Statistik Mehr als 200 Rollerfahr­er wurden 2021 in Neu-Ulm angezeigt. Wie die Ordnungshü­ter darauf reagieren.

Neu‐Ulm E-Scooter gehören mittlerwei­le in Neu-Ulm zum Stadtbild. Beinahe an jeder Ecke steht ein Elektrorol­ler, und die schnelle Verfügbark­eit verlockt auch Menschen, die betrunken sind oder Drogen genommen haben. „Die Leute wollen nicht zu Fuß gehen und sich das Taxi sparen und steigen da halt drauf, obwohl sie nicht mehr fahren dürften“, so Werner Lipp, Verkehrssa­chbearbeit­er bei der Polizei Neu-Ulm. Die Folge: Regelmäßig werden berauschte Fahrerinne­n und Fahrer von E-Scootern erwischt und aus dem Verkehr gezogen. Werner Lipp: „Die Zahlen sind exorbitant gestiegen.“

Im Bereich der Polizeiins­pektion Neu-Ulm – dazu zählen neben NeuUlm die Gemeinden Elchingen und Nersingen – wurden voriges Jahr 114 Personen angezeigt, die unter Alkoholein­fluss auf dem E-Scooter unterwegs waren, 77 Verkehrste­ilnehmerin­nen und -teilnehmer hatten zuvor Drogen konsumiert. „Das ist schon echt gewaltig“, findet Werner Lipp. „Da fehlt das Bewusstsei­n, wie gefährlich das ist.“

Denn E-Scooter-Fahrer zählten zu den schwachen Verkehrste­ilnehmern wie Fußgänger oder Radfahrer, die nun mal „keine Knautschzo­ne“hätten. 2021 verzeichne­te die Neu-Ulmer Polizei sieben Unfälle mit E-Roller-Fahrern. Dabei gab es sechs Leichtverl­etzte, eine Person wurde schwer verletzt.

Menschen, die betrunken auf einen E-Scooter stiegen, machten sich oft auch nicht bewusst, welche rechtliche­n Folgen dies habe: „Das ist ein Kraftfahrz­eug, und da kassiere ich die Punkte und das Bußgeld“, so Werner Lipp. „Da gibt es keinen Unterschie­d zum Pkw oder Motorrad.“

Die Neu-Ulmer Polizei hat das Thema Alkohol- und Drogenkons­um im Straßenver­kehr aber auch insgesamt im Blick. „Das ist einer unserer Schwerpunk­te bei den Kontrollen“, sagte die Neu-Ulmer Polizeiche­fin Michaela Baschwitz. Die Zahlen befänden sich weiterhin auf hohem Niveau. „Es sind einfach zu viele“, so die Dienststel­lenleiteri­n über die Autofahrer­innen und Autofahrer, die sich betrunken hinters Steuer setzen.

Vergangene­s Jahr wurden 254 Fahrer wegen Alkohols am Steuer angezeigt. 37 Betrunkene verursacht­en Verkehrsun­fälle. Die Zahl der Rauschgift­konsumente­n, die mit dem Auto unterwegs sind, ist deutlich gestiegen: 2016 verzeichne­te die Polizei noch 93 Fälle. Fünf Jahre später waren es bereits 158. „Drogen spielen immer mehr eine Rolle“, sagte Verkehrssa­chbearbeit­er Werner Lipp. „Egal, ob Cannabis oder synthetisc­he Drogen.“Die Kolleginne­n und Kollegen seien inzwischen besser geschult. Auch die Drogentest­s würden besser, nennt Michaela Baschwitz einen weiteren Grund für den Anstieg in der Statistik.

Insgesamt verzeichne­te die NeuUlmer Polizei voriges Jahr 2272 Verkehrsun­fälle. Das bedeutet einen Anstieg von 3,6 Prozent. Allerdings liegt die Zahl immer noch deutlich unter dem Niveau vor Corona: 2019 waren es 2753 Unfälle. Voriges Jahr gab es im Bereich der Polizeiins­pektion bei Unfällen weniger Verletzte, nämlich 320 (Vorjahr: 338), aber mehr Schwerverl­etzte (55, im Jahr davor 44).

Drei Menschen kamen bei Unfällen ums Leben. Im Mai 2021 starb eine 81-jährige Fußgängeri­n an der Adenauerst­raße. Im September wurde ein 53-jähriger Motorradfa­hrer bei einem Zusammenst­oß getötet. Mitte Oktober wurde eine 90-jährige Fußgängeri­n am Bahnüberga­ng St.-Wolfgang-Straße in Gerlenhofe­n von einem Zug erfasst und erlag ihren schweren Verletzung­en. Inzwischen hat die Stadt Neu-Ulm reagiert und will den Übergang sicherer machen.

Fahrradfah­rerinnen und Fahrradfah­rer waren an 159 Unfällen beteiligt (2020: 189), wobei 153 verletzt wurden. Gut zwei Drittel davon trugen keinen Helm, so die Polizei. Dabei sei dies gerade in der Innenstadt das wichtigste Instrument, um sich zu schützen. „Der Helm ist das A und O, vor allem bei älteren Menschen“, sagte Michaela Baschwitz. In nächster Zeit seien wieder verstärkt Fahrradstr­eifen unterwegs, um vorwiegend mit Radlern und Fußgängeri­nnen ins Gespräch zu kommen. „Wir wollen das Bewusstsei­n für die Gefahren schärfen“, erläuterte Baschwitz.

„Wegen Corona fällt die Interpreta­tion der Zahlen teilweise schwer“, räumte die Polizeiche­fin bei der Präsentati­on der Verkehrsst­atistik ein. Beispiel Allgäuer Ring: Dort sank die Zahl der Unfälle von 44 auf 39. Doch ist das tatsächlic­h ein Trend oder nur eine Momentaufn­ahme? „Das ist halt so eine Pandemie-Geschichte“, meinte Verkehrsex­perte Werner Lipp.

Möglicherw­eise nähmen die Zahlen wieder zu, wenn die Menschen verstärkt aus dem Homeoffice ins Büro zurückkehr­ten. „Wir müssen beobachten, wie sich das entwickelt.“

● 7‐Tage‐Inzidenz (RKI‐Wert): 2202,2 Neuinfekti­onen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner

● Sieben‐Tage‐Fallzahl: 3869 ● Todesfälle bisher: 228 (+0)

● Corona‐Patienten auf Intensiv‐ station: 2 (davon beatmet: 0)

● Intensivbe­tten frei: 4

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Foto: Martin Gerten, dpa (Symbolbild) Viele E‐Scooter‐Fahrer sind in Neu‐Ulm unter dem Einfluss von Alkohol oder Drogen unterwegs.

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