Polizei erwischt immer öfter berauschte E‐Scooter‐Fahrer
Statistik Mehr als 200 Rollerfahrer wurden 2021 in Neu-Ulm angezeigt. Wie die Ordnungshüter darauf reagieren.
Neu‐Ulm E-Scooter gehören mittlerweile in Neu-Ulm zum Stadtbild. Beinahe an jeder Ecke steht ein Elektroroller, und die schnelle Verfügbarkeit verlockt auch Menschen, die betrunken sind oder Drogen genommen haben. „Die Leute wollen nicht zu Fuß gehen und sich das Taxi sparen und steigen da halt drauf, obwohl sie nicht mehr fahren dürften“, so Werner Lipp, Verkehrssachbearbeiter bei der Polizei Neu-Ulm. Die Folge: Regelmäßig werden berauschte Fahrerinnen und Fahrer von E-Scootern erwischt und aus dem Verkehr gezogen. Werner Lipp: „Die Zahlen sind exorbitant gestiegen.“
Im Bereich der Polizeiinspektion Neu-Ulm – dazu zählen neben NeuUlm die Gemeinden Elchingen und Nersingen – wurden voriges Jahr 114 Personen angezeigt, die unter Alkoholeinfluss auf dem E-Scooter unterwegs waren, 77 Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer hatten zuvor Drogen konsumiert. „Das ist schon echt gewaltig“, findet Werner Lipp. „Da fehlt das Bewusstsein, wie gefährlich das ist.“
Denn E-Scooter-Fahrer zählten zu den schwachen Verkehrsteilnehmern wie Fußgänger oder Radfahrer, die nun mal „keine Knautschzone“hätten. 2021 verzeichnete die Neu-Ulmer Polizei sieben Unfälle mit E-Roller-Fahrern. Dabei gab es sechs Leichtverletzte, eine Person wurde schwer verletzt.
Menschen, die betrunken auf einen E-Scooter stiegen, machten sich oft auch nicht bewusst, welche rechtlichen Folgen dies habe: „Das ist ein Kraftfahrzeug, und da kassiere ich die Punkte und das Bußgeld“, so Werner Lipp. „Da gibt es keinen Unterschied zum Pkw oder Motorrad.“
Die Neu-Ulmer Polizei hat das Thema Alkohol- und Drogenkonsum im Straßenverkehr aber auch insgesamt im Blick. „Das ist einer unserer Schwerpunkte bei den Kontrollen“, sagte die Neu-Ulmer Polizeichefin Michaela Baschwitz. Die Zahlen befänden sich weiterhin auf hohem Niveau. „Es sind einfach zu viele“, so die Dienststellenleiterin über die Autofahrerinnen und Autofahrer, die sich betrunken hinters Steuer setzen.
Vergangenes Jahr wurden 254 Fahrer wegen Alkohols am Steuer angezeigt. 37 Betrunkene verursachten Verkehrsunfälle. Die Zahl der Rauschgiftkonsumenten, die mit dem Auto unterwegs sind, ist deutlich gestiegen: 2016 verzeichnete die Polizei noch 93 Fälle. Fünf Jahre später waren es bereits 158. „Drogen spielen immer mehr eine Rolle“, sagte Verkehrssachbearbeiter Werner Lipp. „Egal, ob Cannabis oder synthetische Drogen.“Die Kolleginnen und Kollegen seien inzwischen besser geschult. Auch die Drogentests würden besser, nennt Michaela Baschwitz einen weiteren Grund für den Anstieg in der Statistik.
Insgesamt verzeichnete die NeuUlmer Polizei voriges Jahr 2272 Verkehrsunfälle. Das bedeutet einen Anstieg von 3,6 Prozent. Allerdings liegt die Zahl immer noch deutlich unter dem Niveau vor Corona: 2019 waren es 2753 Unfälle. Voriges Jahr gab es im Bereich der Polizeiinspektion bei Unfällen weniger Verletzte, nämlich 320 (Vorjahr: 338), aber mehr Schwerverletzte (55, im Jahr davor 44).
Drei Menschen kamen bei Unfällen ums Leben. Im Mai 2021 starb eine 81-jährige Fußgängerin an der Adenauerstraße. Im September wurde ein 53-jähriger Motorradfahrer bei einem Zusammenstoß getötet. Mitte Oktober wurde eine 90-jährige Fußgängerin am Bahnübergang St.-Wolfgang-Straße in Gerlenhofen von einem Zug erfasst und erlag ihren schweren Verletzungen. Inzwischen hat die Stadt Neu-Ulm reagiert und will den Übergang sicherer machen.
Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer waren an 159 Unfällen beteiligt (2020: 189), wobei 153 verletzt wurden. Gut zwei Drittel davon trugen keinen Helm, so die Polizei. Dabei sei dies gerade in der Innenstadt das wichtigste Instrument, um sich zu schützen. „Der Helm ist das A und O, vor allem bei älteren Menschen“, sagte Michaela Baschwitz. In nächster Zeit seien wieder verstärkt Fahrradstreifen unterwegs, um vorwiegend mit Radlern und Fußgängerinnen ins Gespräch zu kommen. „Wir wollen das Bewusstsein für die Gefahren schärfen“, erläuterte Baschwitz.
„Wegen Corona fällt die Interpretation der Zahlen teilweise schwer“, räumte die Polizeichefin bei der Präsentation der Verkehrsstatistik ein. Beispiel Allgäuer Ring: Dort sank die Zahl der Unfälle von 44 auf 39. Doch ist das tatsächlich ein Trend oder nur eine Momentaufnahme? „Das ist halt so eine Pandemie-Geschichte“, meinte Verkehrsexperte Werner Lipp.
Möglicherweise nähmen die Zahlen wieder zu, wenn die Menschen verstärkt aus dem Homeoffice ins Büro zurückkehrten. „Wir müssen beobachten, wie sich das entwickelt.“
● 7‐Tage‐Inzidenz (RKI‐Wert): 2202,2 Neuinfektionen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner
● Sieben‐Tage‐Fallzahl: 3869 ● Todesfälle bisher: 228 (+0)
● Corona‐Patienten auf Intensiv‐ station: 2 (davon beatmet: 0)
● Intensivbetten frei: 4