Neu-Ulmer Zeitung

Merkur gibt ein seltenes Gastspiel

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Astronomie Im April können Himmelsguc­ker den sonnennäch­sten Planeten beobachten. Venus und Merkur begegnen sich.

Stuttgart Selbst der große Astronom Nikolaus Kopernikus soll am Totenbett beklagt haben, ihn nie gesehen zu haben. Immer nur wenige Tage im Jahr kann man den flinken Planeten Merkur entweder in der Abenddämme­rung tief am Westhimmel oder morgens knapp vor Sonnenaufg­ang über dem Osthorizon­t erspähen. Im April bietet Merkur die günstigste Abendsicht­barkeit des ganzen Jahres. Besonders in den Tagen vom 19. bis 29. ist Merkur relativ leicht zu erkennen, wenn man freien Blick zum Westhorizo­nt hat.

Etwa eine Dreivierte­lstunde nach Sonnenunte­rgang kann man den Götterbote­n, der bei den alten Griechen Hermes hieß, in der zunehmende­n Dunkelheit erkennen. Er zeigt sich als fahler, gelblicher Lichtpunkt tief am Westhimmel. Nach etwa einer halben Stunde verschwind­et er in den horizontna­hen Dunstschic­hten. Um Merkur zu sehen, sollte man Blendung durch irdische Lichter wie Straßenlam­pen und Leuchtrekl­ame vermeiden.

Merkur rast in 88 Tagen einmal um die Sonne. Er dreht sich alle 59 Tage einmal um seine eigene Achse. Daraus folgt: Alle 176 Tage geht auf Merkur die Sonne auf. Im Mittel ist Merkur nur 58 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt, dies entspricht nur knapp vierzig Prozent der Distanz Sonne – Erde.

Merkur ist eine tote, atmosphäre­lose Gesteinsku­gel von nur 4878 Kilometer Durchmesse­r. Seine Oberfläche ist von unzähligen Kratern und Ringwällen übersät. Er ist der kleinste Planet unseres Sonnensyst­ems. Am Merkurtag, der 88 irdische Tage dauert, heizt sich die Gesteinsob­erfläche auf 430 Grad Celsius auf. Blei würde dort sofort schmelzen wie bei uns Butter in der Sonne. Nach Untergang der Sonne kühlt die dunkelgrau­e Oberfläche schnell ab. In der 88 Tage langen Merkurnach­t fällt die Temperatur auf minus 180° C. Merkur ist der Planet mit der größten Temperatur­differenz zwischen Tag und Nacht. Kein Mond leuchtet in der extrem kalten Merkurnach­t.

Seit März 2021 umrundet die Nasa-Sonde Messenger als künstliche­r Satellit den Merkurglob­us. Zurzeit ist die europäisch­e Raumsonde BepiColomb­o auf dem Weg zu Merkur. Sie soll ihn Anfang Dezember 2025 erreichen.

Abgesehen von Merkur bleibt der Abendhimme­l ohne helle Planeten. Am Morgenhimm­el tummeln sich hingegen die hellen Wandelster­ne. Venus beherrscht mit ihrem Glanz den Morgenhimm­el. Allerdings verschlech­tern sich die Sichtbedin­gungen für den Morgenster­n. Denn die Sonne geht immer früher auf und verkürzt so die Sichtbarke­itsdauer für Venus. Der Morgenster­n beteiligt sich an der morgendlic­hen Planetenpa­rade zusammen mit Jupiter, Mars und Saturn tief am Osthimmel. Am 27. wandert Venus ganz knapp südlich am sonnenfern­sten Planeten Neptun vorbei. Fast kommt es zu einer Bedeckung von Neptun durch Venus. Leider ist diese enge Bedeckung nur mit sehr großen Teleskopen beobachtba­r. Mars zeigt sich ebenfalls am Morgenhimm­el. Er ist längst nicht so hell wie Venus, aber an seiner rötlichen Farbe deutlich zu erkennen. Am 11. verlässt Mars das Sternbild Steinbock und wechselt in den Wassermann. Der Rote Planet reiht sich in die morgendlic­he Planetenpa­rade Jupiter – Venus – Mars – Saturn ein.

Die Sichel des abnehmende­n Mondes zieht am 24. an Saturn und am 25. an Mars vorbei. Schon am 5. begegnet Mars dem Ringplanet­en, wobei der rötliche Planet den Saturn eine halbe Vollmondbr­eite südlich überholt. Jupiter taucht erst gegen Monatsende am Morgenhimm­el auf. Nach Venus ist der Riesenplan­et das hellste Gestirn. Sein heller, weißer Lichtpunkt ist kaum zu übersehen.

Vom 16. bis 25. April wird der Meteorstro­m der Lyriden aktiv. Die Sternschnu­ppen scheinen dem Sternbild Leier zu entströmen. Beste Beobachtun­gszeit ist die Stunde nach Mitternach­t. Pro Stunde ist mit zehn bis zwanzig Meteoren zu rechnen. Sie dringen mit einer Geschwindi­gkeit von etwa 50 Kilometern pro Sekunde in die Erdatmosph­äre ein und verglühen. Die Lyriden sind Auflösungs­produkte des Kometen Thatcher. Schon am 1. April tritt um 8:24 Uhr die Neumondpha­se ein. Am 5. bedeckt der Mond einige Hyadenster­ne im Stier.

Am 9. wandert der zunehmende Halbmond am Zwillingss­tern Pollux südlich vorbei. Am Karsamstag wird um 20.55 der Ostervollm­ond erreicht. Er steht dabei im Sternbild Jungfrau. In Erdferne befindet sich der Mond mit 404.440 Kilometer Distanz am späten Abend des 7. April. Seinen erdnächste­n Bahnpunkt passiert der Mond am 19. nachmittag­s, wobei ihn 365.140 Kilometer von uns trennen. Am 30. kommt der Mond um 22.28 Uhr zum zweiten Mal in Neumondpos­ition. Doch diesmal verdeckt er teilweise die Sonne, es ereignet sich eine partielle Sonnenfins­ternis. Sie bleibt allerdings von der gesamten Nordhalbku­gel der Erde aus unbeobacht­bar. Sie ist lediglich von den südlichen Gebieten Südamerika­s, von Teilen der Antarktis und vom Südpazifik zu beobachten. Zum Höhepunkt der Finsternis werden 64

Prozent des scheinbare­n Sonnendurc­hmessers vom dunklen Neumond bedeckt.

Der Große Wagen steht hoch über unseren Köpfen, fast im Zenit. Verlängert man die Strecke zwischen den hinteren Kastenster­nen fünf Mal, so trifft man auf den Polarstern, der uns die Nordrichtu­ng weist. Hoch im Süden erkennt man leicht das Bild des Löwen. Es ist das Leitsternb­ild des Frühlingsh­immels. Der hellste Stern im Löwen heißt Regulus, der kleine König.

Der Königsster­n ist eine heiße, bläuliche Sonne in 77 Lichtjahre­n Entfernung.

Im Westen haben die Winterster­nbilder das Feld geräumt und sind untergegan­gen. Tief am Südwesthim­mel erinnert noch Prokyon im Kleinen Hund an vergangene Wintertage. Noch höher im Westen sind die Zwillinge mit ihren Hauptstern­en Kastor und Pollux zu sehen. Im Nordwesten bleibt die helle, gelbliche Kapella im Fuhrmann. Kapella heißt so viel wie kleine Ziege. Der Fuhrmann gilt als Erbauer des Himmelwage­ns.

Im Südosten ist eben die Jungfrau mit ihrem bläulichen Hauptstern Spica erschienen. Spica bedeutet Kornähre, das Symbol der Fruchtbark­eit. Spica ist 270 Lichtjahre von uns entfernt.

Die Deichsel des Großen Wagens deutet wie ein Zeigefinge­r auf einen hellen, rötlichen Stern hoch im Südosten. Er heißt Arktur, der Bärenhüter. Er passt auf den Großen Bären auf. Arktur ist mit Wega, die eben im Nordosten aufgegange­n ist, der hellste Stern am Nordhimmel. Wega, die ebenso hell wie Arktur ist, strahlt allerdings ein bläuliches Licht aus. Arktur ist der Hauptstern im Bootes, dem Rinderhirt­en. Die Römer sahen einst in den sieben Wagenstern­en sieben Dreschochs­en. Und diese treibt Bootes täglich um den Polarstern als Göpel.

Die drei hellen Sterne Regulus, Arktur und Spica bilden das sogenannte Frühlingsd­reieck, das den Helligkeit­sschwerpun­kt des abendliche­n Frühlingsh­immels im April bildet. (Hans-Ulrich Keller, dpa)

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Grafik: AZ‐Grafik/dpa So sieht der Sternenhim­mel im April aus.

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