Neu-Ulmer Zeitung

Die wahren Hotspots

- VON MICHAEL BÖHM

Es gab ja mal Zeiten, als ein Hotspot noch ein Ort mit erstaunlic­her Anziehungs­kraft war: Da musste man hin, da musste man sein, wer da nicht war, dem fehlte was. Dann kam Corona und schlagarti­g verlor der Hotspot seinen Reiz, wurde beinahe zu verbotenem Terrain erklärt. Keiner wollte da mehr hin, keiner wollte da mehr sein, wer trotzdem da war, hatte ein Problem.

Nun fordern die Grünen, dass ganz Bayern zum Hotspot erklärt wird. Nein, nicht weil der Freistaat so herrlich ist, wie er ist, sondern weil die Pandemie so ist, wie sie ist. Der grüne Wunsch nach einem weiß-blauen Hotspot ist daher nachvollzi­ehbar und zugleich unfair gegenüber all den wahren Hotspots im Bayernland. Die müssen sich weiterhin davon distanzier­en, Hotspots zu sein, obwohl sie doch die wahren Hotspots sind.

Der Wöhrder See in Nürnberg war bislang noch keiner von ihnen. Schon schön da – aber als Magnet für Reisende aus aller Welt noch nicht groß in Erscheinun­g getreten. Deutschlan­ds bekanntest­er Nürnberger, Markus Söder, will das offenbar ändern und kurbelt für den nach einem Stadtteil benannten und künstlich angelegten Stausee seit geraumer Zeit kräftig die Werbetromm­el. Nun feierte er die Eröffnung einer Surfwelle mit den Worten, es gebe nun eine „Copacabana am Wöhrder See“.

Sieht man einmal davon ab, dass der Vergleich ungefähr so schief ist wie Pyramiden in Pommersfel­den oder Manhattan in Marktredwi­tz, klingt er trotzdem zumindest ein kleines bisschen nach Rio, nach Urlaub, nach Traumstran­d! Und nach Hotspot – so oder so. Nicht jeder will da hin, nicht jeder muss da sein. Aber wer da ist, kann auf einer Welle surfen.

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