Neu-Ulmer Zeitung

Kein felix Austria

- VON JOHANNES GRAF

Fußball‐WM Allmählich steht das Feld der Endrunde fest. Diese Teams werden an der Winter-WM teilnehmen.

Augsburg So lange ist es nicht her, da feierten die Österreich­er einen Deutschen. Im vergangene­n Jahr hatten die Fußballer der Alpenrepub­lik mit Franco Foda als Trainer das Achtelfina­le einer EM erreicht. Bislang einmalig. Nun jedoch werden sie vor dem Fernseher sitzen, während die winterlich­e Wüsten-WM in Katar stattfinde­t. Österreich hatte keine gute Figur in der WM-Qualifikat­ionsgruppe abgegeben, nun scheiterte die ÖFB-Auswahl im Play-off-Halbfinale an Wales. Wobei: Eigentlich scheiterte Austria beim 1:2 nur an einem Mann, nämlich an Gareth Bale. Einst investiert­e Real Madrid in den Ausnahmean­greifer 100 Millionen Euro, doch seine Einsatzzei­ten sind überschaub­ar. In der Nationalma­nnschaft indes ist der wuchtige Waliser mit dem Samurai-Zöpfchen Kapitän und Leistungst­räger. Wie der 32-Jährige den Ball per Freistoß versenkte – können nur wenige. Danach noch der Drehschuss zum 2:0. Bale lieferte sportliche und später verbale Antworten für seine Kritiker. Unter anderem hatte ihn die spanische Sportzeitu­ng Marca als „Parasit“in Reals Kader bezeichnet. Wirklich nicht nett. „Widerlich“sei das, „sie sollten sich schämen“, entgegnete Bale nach seiner Gala. Und die Österreich­er? Alles andere als glücklich. Wer Spieler aus Bundesliga, Primera División oder Serie A in seinen Reihen hat, der darf sich gegen Wales schon durchsetze­n. Aus dem gefeierten könnte daher ein gefeuerter Foda werden. Michael Gregoritsc­h, der in den letzten Minuten mitwirkte, darf sich also auf einen entspannte­n November und Dezember freuen, während ein anderer Profi des FC Augsburg in die Hitze entschwind­et. Carlos Gruezo und Ecuador konnten sich ein 1:3 gegen Paraguay leisten, vom vierten Rang in der südamerika­nischen Qualifikat­ionsgruppe werden sie sich nicht mehr verdrängen lassen. Ecuador wird zum vierten Mal in seiner Geschichte an einer WM teilnehmen. Wahrschein­lich läuft Gruezo im überschaub­aren Wüstenemir­at einem weiteren FCA-Mitspieler über den Weg, auch die USA mit Ricardo Pepi stehen kurz vor der Qualifikat­ion. Das 0:0 gegen Mexiko half beiden Mannschaft­en weiter, mit einem Erfolg in den verblieben­en Quali-Spielen gegen Panama oder Costa Rica hätten die Nordamerik­aner ihren WM-Platz sicher. Bis alle Teilnehmer feststehen, werden noch Monate vergehen. Mit Italien hat sich ein prominente­r Vertreter frühzeitig abgemeldet, während die Niederland­e mal wieder mitspielen darf. Deutschlan­d, Frankreich, Spanien oder England sind dabei, aus Südamerika natürlich die „Big Two“Argentinie­n und Brasilien. Am Dienstag kommen nach den Play-off-Finalspiel­en Portugal gegen Nordmazedo­nien sowie Polen gegen Schweden (bd. 20.45 Uhr) noch zwei europäisch­e Vertreter hinzu.

Ungewiss bleibt, ob die Ukraine vor Juni noch ihr Play-off-Halbfinale gegen Schottland austragen kann. Wenn nicht, trifft Wales auf Schottland. Ein britischer Klassiker – wie gemalt für weitere Heldentate­n von Gareth Bale.

Viele sprechen in diesen Tagen in hochtraben­den Worten vom WMBoykott – und werden schwach, sobald der erste Ball rollt. Der Geist ist willig, doch die Liebe zu König Fußball schlägt manch hehren Vorsatz. Die italienisc­he Nationalma­nnschaft hat es ihren Fans hingegen leicht gemacht, das Turnier in Katar zu boykottier­en: Sie hat mit ihrem Aus in der Qualifikat­ion Fakten geschaffen. Aus italienisc­her Sicht ist die WM jetzt schon beendet. Mögen der Tedesco, der Franzose oder mancher Inselbewoh­ner sich dieses unwürdige WüstenScha­uspiel auch Tag und Nacht ansehen – in Italien wird die Zahl derer, die einen ernsthafte­n WM-Verzicht betreiben, ansteigen.

Dieses Wissen wirft auch ein völlig anderes Licht auf das vermeintli­che Scheitern: Denn wer, wenn nicht eine Ü30-Mannschaft wie Italien wüsste zudem, wie wichtig Pausen sind? Während die Kicker aus anderen Nationen die WM zwischen zwei Ligaspiele­n reinquetsc­hen müssen, verbringen Chiellini und Co. das Turnier auf der Wellnessco­uch oder auf einem Weihnachts­markt. Klar, der sportliche Aspekt mag immer noch schmerzen. Aber in dem Alter, in dem die meisten Nationalsp­ieler Italiens stecken, muss man auch gönnen können. Dass sie die Lässigsten von allen sind, wissen die Italiener ohnehin.

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