Kein felix Austria
Fußball‐WM Allmählich steht das Feld der Endrunde fest. Diese Teams werden an der Winter-WM teilnehmen.
Augsburg So lange ist es nicht her, da feierten die Österreicher einen Deutschen. Im vergangenen Jahr hatten die Fußballer der Alpenrepublik mit Franco Foda als Trainer das Achtelfinale einer EM erreicht. Bislang einmalig. Nun jedoch werden sie vor dem Fernseher sitzen, während die winterliche Wüsten-WM in Katar stattfindet. Österreich hatte keine gute Figur in der WM-Qualifikationsgruppe abgegeben, nun scheiterte die ÖFB-Auswahl im Play-off-Halbfinale an Wales. Wobei: Eigentlich scheiterte Austria beim 1:2 nur an einem Mann, nämlich an Gareth Bale. Einst investierte Real Madrid in den Ausnahmeangreifer 100 Millionen Euro, doch seine Einsatzzeiten sind überschaubar. In der Nationalmannschaft indes ist der wuchtige Waliser mit dem Samurai-Zöpfchen Kapitän und Leistungsträger. Wie der 32-Jährige den Ball per Freistoß versenkte – können nur wenige. Danach noch der Drehschuss zum 2:0. Bale lieferte sportliche und später verbale Antworten für seine Kritiker. Unter anderem hatte ihn die spanische Sportzeitung Marca als „Parasit“in Reals Kader bezeichnet. Wirklich nicht nett. „Widerlich“sei das, „sie sollten sich schämen“, entgegnete Bale nach seiner Gala. Und die Österreicher? Alles andere als glücklich. Wer Spieler aus Bundesliga, Primera División oder Serie A in seinen Reihen hat, der darf sich gegen Wales schon durchsetzen. Aus dem gefeierten könnte daher ein gefeuerter Foda werden. Michael Gregoritsch, der in den letzten Minuten mitwirkte, darf sich also auf einen entspannten November und Dezember freuen, während ein anderer Profi des FC Augsburg in die Hitze entschwindet. Carlos Gruezo und Ecuador konnten sich ein 1:3 gegen Paraguay leisten, vom vierten Rang in der südamerikanischen Qualifikationsgruppe werden sie sich nicht mehr verdrängen lassen. Ecuador wird zum vierten Mal in seiner Geschichte an einer WM teilnehmen. Wahrscheinlich läuft Gruezo im überschaubaren Wüstenemirat einem weiteren FCA-Mitspieler über den Weg, auch die USA mit Ricardo Pepi stehen kurz vor der Qualifikation. Das 0:0 gegen Mexiko half beiden Mannschaften weiter, mit einem Erfolg in den verbliebenen Quali-Spielen gegen Panama oder Costa Rica hätten die Nordamerikaner ihren WM-Platz sicher. Bis alle Teilnehmer feststehen, werden noch Monate vergehen. Mit Italien hat sich ein prominenter Vertreter frühzeitig abgemeldet, während die Niederlande mal wieder mitspielen darf. Deutschland, Frankreich, Spanien oder England sind dabei, aus Südamerika natürlich die „Big Two“Argentinien und Brasilien. Am Dienstag kommen nach den Play-off-Finalspielen Portugal gegen Nordmazedonien sowie Polen gegen Schweden (bd. 20.45 Uhr) noch zwei europäische Vertreter hinzu.
Ungewiss bleibt, ob die Ukraine vor Juni noch ihr Play-off-Halbfinale gegen Schottland austragen kann. Wenn nicht, trifft Wales auf Schottland. Ein britischer Klassiker – wie gemalt für weitere Heldentaten von Gareth Bale.
Viele sprechen in diesen Tagen in hochtrabenden Worten vom WMBoykott – und werden schwach, sobald der erste Ball rollt. Der Geist ist willig, doch die Liebe zu König Fußball schlägt manch hehren Vorsatz. Die italienische Nationalmannschaft hat es ihren Fans hingegen leicht gemacht, das Turnier in Katar zu boykottieren: Sie hat mit ihrem Aus in der Qualifikation Fakten geschaffen. Aus italienischer Sicht ist die WM jetzt schon beendet. Mögen der Tedesco, der Franzose oder mancher Inselbewohner sich dieses unwürdige WüstenSchauspiel auch Tag und Nacht ansehen – in Italien wird die Zahl derer, die einen ernsthaften WM-Verzicht betreiben, ansteigen.
Dieses Wissen wirft auch ein völlig anderes Licht auf das vermeintliche Scheitern: Denn wer, wenn nicht eine Ü30-Mannschaft wie Italien wüsste zudem, wie wichtig Pausen sind? Während die Kicker aus anderen Nationen die WM zwischen zwei Ligaspielen reinquetschen müssen, verbringen Chiellini und Co. das Turnier auf der Wellnesscouch oder auf einem Weihnachtsmarkt. Klar, der sportliche Aspekt mag immer noch schmerzen. Aber in dem Alter, in dem die meisten Nationalspieler Italiens stecken, muss man auch gönnen können. Dass sie die Lässigsten von allen sind, wissen die Italiener ohnehin.