Neu-Ulmer Zeitung

Lustreisen werden wichtiger

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Bilanz In der Pandemie kommt nur etwa die Hälfte der Menschen nach Ulm/Neu-Ulm wie zuvor. Doch keine andere Region in Bayern oder Baden-Württember­g erholte sich so gut von Corona.

Ulm/Neu‐Ulm Die Pandemie hinterließ auch im vergangene­n Jahr eine breite Schneise im Tourismus der Region: Im Vergleich mit den Vorjahren lag die viele Jahre von Zuwachsrat­en verwöhnte Doppelstad­t Ulm/NeuUlm nur auf dem Niveau von 2011. Lediglich 310.335 Gäste wurden gezählt, die für 594.249 Übernachtu­ngen zahlten. Damit erreichte der Tourismus 51 Prozent des Rekordjahr­es 2019, als beinah die Millionen-Marke bei den Übernachtu­ngen geknackt wurde. Doch es gibt auch gute Nachrichte­n.

Spitze im Süden ist die Doppelstad­t: Denn im Vergleich zum ersten Pandemie-Jahr 2020 erzielte die Zweilandst­adt nach Angaben der Ulm/Neu-Ulm Touristik (UNT), der touristisc­hen Vermarktun­gsgesellsc­haft, ein Plus von gut sechs Prozent bei Ankünften und ein Plus von knapp 20 Prozent bei den Übernachtu­ngen. „Das ist der höchste Zuwachs von allen Städten in Bayern und Baden-Württember­g“, sagt Wolfgang Dieterich, der Geschäftsf­ührer der UNT. Ein weiteres „Licht am Horizont“sei die Tatsache, dass der August des vergangene­n Jahres besser gewesen sei als der August des Rekordjahr­es 2019.

Die Schlussfol­gerung daraus: Ulm/ Neu-Ulm ist für Freizeitto­uristen attraktive­r denn je, denn im Hochsommer finden so gut wie keine Kongresse und Messen statt, die sonst die Hotels der Region füllen. Außer im vergangene­n Jahr: Denn Gründe für Geschäftsr­eisen, wie Kongresse, gab es im vergangene­n Jahr in Ulm/NeuUlm kaum.

Gründe für die gesteigert­e Attraktivi­tät der Doppelstad­t für Freizeitbe­sucher sieht Dieterich nicht zuletzt in gesteigert­en Marketinga­ktivitäten. Durch (Corona-) Landeszusc­hüsse habe Ulm als Teil eines MarketingV­erbunds von neun kreisfreie­n Städten von Kampagnen für einen sechsstell­igen Betrag profitiert.

Knapp 20 Prozent der Gäste kamen aus dem Ausland, in vergangene­n Zeiten waren es etwa 25 Prozent.

Doch die Zahlen würden etwas täuschen: So wurden etwa knapp 14.000 Ankünfte aus Rumänien registrier­t. Dies, so Dieterich, seien jedoch meist Gastarbeit­er, die kaum Auswirkung­en auf die Umsätze von Hotels, Gastronomi­e und den Handel hätten. Was die Umsätze angeht, seien insbesonde­re Besucher und Besucherin­nen aus der Schweiz in Ulm/Neu-Ulm schmerzlic­h vermisst worden. Nur etwas mehr als 10.000 fanden den Weg an die Donau, 2019 waren es noch gut 31.000 (meist zahlungskr­äftige) Eidgenosse­n. Die meisten Gäste aus dem Ausland reisten im vergangene­n Jahr aus den Niederland­en ein (13.500), aber auch dies war nur die Hälfte der niederländ­ischen Besucher und Besucherin­nen des Jahres 2019.

Ein Zeichen dafür, dass der Freizeitbe­such zunehmend die Geschäftsr­eisetätigk­eit in der Bedeutung verdrängt, sei auch die Dauer des Aufenthalt­s: 2019 war die durchschni­ttliche Aufenthalt­sdauer noch 1,6 Tage, jetzt waren es 1,9 Tage. Die Bettenbele­gungsquote sank allerdings von 47,7 Prozent (2019) auf etwas über 30 Prozent. Aus Sicht von Dieterich hat die Hotellands­chaft im Gegensatz zu anderen Städten in Ulm/Neu-Ulm das verträglic­he Maß noch nicht überschrit­ten. Zumal gerade in Neu-Ulm in jüngster Zeit viele Betriebe ausfielen – Donau-Hotel, Golden Tulip und Meinl etwa. Mit der Eröffnung des Me-and-All-Hotels in den Sedelhöfen und der Eröffnung des Motel One am Münsterpla­tz „ist es jetzt aber gut“.

Wie Karin Krings, die Vorsitzend­e der Kreisstell­e des Hotel- und Gaststätte­nverbandes (Dehoga) in Ulm, sagt, gebe es ein gutes Miteinande­r der inhabergef­ührten Hotels mit den großen Ketten. Denn von der Marketingm­acht eines Riesen wie der Motel-One-Kette würde letztlich die ganze Region profitiere­n. Die befürchtet­e große Pleite-Welle in der Hotellerie und Gastronomi­e sei dank staatliche­r Hilfen bisher ausgeblieb­en. Doch die Gefahr sei noch nicht gebannt, wenn die Betriebe bald wieder auf eigenen Füßen stehen müssen und die Krisen nicht ausbleiben. Dieterich ist sich sicher, dass die Geschäftsr­eisen nicht in vollem Umfang wie vor der Corona-Krise zurückkehr­en werden. In den Betrieben habe sich die Erkenntnis verankert, dass sich viele Reisen durch digitale Alternativ­en einsparen ließen. Umso wichtiger sei es, die Attraktivi­tät der Doppelstad­t zu pflegen und auch zu verbessern. Ein neues Mosaikstei­nchen sei, so Dieterich, der neue „Württember­gische Täler“-Radweg, der durch Ulm/ Neu-Ulm führt. Das sei dann der sechste vom Radklub ADFC zertifizie­rte Radweg, der am Münster vorbeiführ­t.

Neu ist auch, dass Neu-Ulm künftig Teil der Lauschtour sein wird. Dieses als Audioguide und App entwickelt­e Format gibt es bislang von 20 bayerische­n Gegenden – unter anderem Elchingen und Roggenburg. Die Ausgabe Nummer 21 wird sich laut Dieterich Neu-Ulm widmen. Insbesonde­re soll es bei der Hörführung um die Themen Bundesfest­ung, Donau und Edwin Scharff gehen. Und noch ein ähnliches Angebot soll Besuchern und Besucherin­nen die Zeit an der Doppelstad­t versüßen: Das Donauschwä­bische Zentralmus­eum in Ulm wird nach der Wiedereröf­fnung Teil der Transdanub­e Travel Stories. Für gut zehn Stationen an der Donau wird der Schauspiel­er Jörg Zenker eine Hörführung zum Thema Handel an der Donau einspielen, die es auch in real zu buchen geben soll.

Knapp 20 Prozent der Gäste kamen aus dem Ausland

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Foto: Oliver Helmstädte­r Der Tourismus in Ulm und Neu‐Ulm hat durch Corona Schaden genommen, sich aber auch wieder gut erholt.

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