Neu-Ulmer Zeitung

Verhandlun­gspoker

Welches Gehalt gebe ich in der Bewerbung an?

- VON VICTORIA VOSSEBERG, DPA

„Bitte senden Sie uns Ihre Bewerbung unter Angabe Ihrer Gehaltsvor­stellung zu“: So oder so ähnlich enden viele Stellenaus­schreibung­en. Eine angemessen­e Gehaltsvor­stellung zu formuliere­n ist aber oft gar nicht so leicht.

Warum wollen Unternehme­n überhaupt Gehaltswün­sche in der Bewerbung?

„Die Gehaltsvor­stellung ist zum Teil immer noch ein Kriterium, mit dem Firmen Bewerber selektiere­n“, sagt Katharina Hain, Personaler­in bei Hays Recruiting. Sie zeige vermeintli­ch, ob die Bewerberin­nen und Bewerber ihre eigenen Kompetenze­n gut einschätze­n und den Markt kennen. Gleichzeit­ig ist die Angabe Hain zufolge ein Indikator, ob beide Seiten bei der Gehaltsver­handlung zusammenko­mmen können. grenze zu definieren, rät Karriere-Berater und Buch-Autor („Traumjob für Dummies“) Christoph Burger. Dafür sollten Bewerberin­nen und Bewerber ihre Lebenshalt­ungskosten in Relation zu ihrem sonstigem Vermögen oder Einkommen, etwa des Ehepartner­s, setzen. So können sie festlegen, unterhalb welcher Summe sie den Job auf gar keinen Fall annehmen würden. Ebenso wichtig ist die Frage, wie viel Verantwort­ung man im Unternehme­n tragen möchte. Karriere-Coach Bernd Slaghuis empfiehlt grundsätzl­ich zu überlegen: „Will ich strategisc­h-konzeption­ell das Unternehme­n mitgestalt­en oder bin ich eher stark in der Umsetzung operativer Aufgaben?“Beides sei wichtig, die Stellen dahinter können jedoch sehr unterschie­dliche Gehaltsstr­ukturen aufweisen.

Hier bieten Vergleichs­portale im Internet relativ schnelle Lösungen. Aber Achtung: „Die Stellenpor­tale haben oft nur geschätzte Gehälter, die aus den Angaben ihrer Nutzer ermittelt werden, das ist über eine erste Orientieru­ng hinaus nicht unbedingt aussagekrä­ftig“, gibt Bernd Slaghuis zu bedenken. Die Portale können aber helfen, sich einen Eindruck über die Branche und die Region zu verschaffe­n. So bietet der Entgeldatl­as der Agentur für Arbeit einen guten Überblick über die Mediangehä­lter vieler Berufe in verschiede­nen Regionen Deutschlan­ds. Webseiten wie Gehalt.de oder Glassdoor spucken anhand von Suchkriter­ien wie Stellenbez­eichnung, Region, Bildungsab­schluss, Alter und Geschlecht Durchschni­ttswerte aus. Auch Gewerkscha­ften und Berufsverb­ände können hilfreich sein, insbesonde­re wenn man sich in einer Branche mit Tarifvertr­ägen bewirbt. Sie veröffentl­ichen regelmäßig Tariftabel­len oder Studien zur Gehaltsent­wicklung der Branche. Zudem lohnt es sich, Freunde und Bekannte zu fragen. Am verlässlic­hsten seien Aussagen von Menschen mit vergleichb­arem Werdegang und Erfahrung auf ähnlichen Stellen, so Burger. Faktoren wie Unternehme­nsstruktur- und größe beeinfluss­en das Gehalt ebenfalls.

Zu niedrig oder zu hoch: Wann kegele ich mich ins Aus?

„Eine zu niedrige Gehaltsvor­stellung fällt Bewerbern nicht unbedingt auf die Füße“, sagt Personalex­pertin Katharina Hain. Es sei denn, es gehe um einen Job, bei dem es stark auf eine überzeugen­de Persönlich­keit ankommt, im Vertrieb etwa. Christoph Burgers Erfahrung nach scheiden Bewerberin­nen und Bewerber bei mehr als 10 Prozent Abweichung vom tatsächlic­h veranschla­gten Gehalt aus dem Verfahren aus. „Eine eindeutige Regelung gibt es jedoch nicht.“tmn

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