Neu-Ulmer Zeitung

Ich sehe, also kann ich

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Nach dem Anschauen eines kurzen Videos von einem Landeanflu­g wächst bei Menschen die Überzeugun­g, selbst ein Flugzeug zu Boden bringen zu können. Das ist das Ergebnis eines psychologi­schen Experiment­s neuseeländ­ischer Forscher. Möglicherw­eise erleichter­e das Filmchen, sich selbst in der Rolle eines Piloten zu sehen, was dann zu einer Überschätz­ung der eigenen Fähigkeite­n führe, schreiben die Forschende­n im Fachmagazi­n Open Science der britischen Royal Society.

Selbstüber­schätzung sei nicht zwangsläuf­ig etwas Schlechtes, führen die Forschende­n um Maryanne Garry von der University of Waikato (Neuseeland) aus. Ein positives Selbstbild könne Menschen zum Beispiel dazu bringen, eher die möglichen Vor- als die Nachteile einer Handlung zu sehen und diese dann engagierte­r zu verfolgen. Bei manchen Menschen sei die Selbstüber­schätzung tief in der Persönlich­keit verwurzelt. Der sogenannte Dunning-Kruger-Effekt zum Beispiel beschreibt, dass Menschen, gerade wenn sie wenig von einer Sache verstehen, sich überschätz­en. Bilder und Videos können Studien zufolge den Glauben an die eigenen Fähigkeite­n stärken. So meinten Studenten etwa, den Klimawande­l besser zu verstehen, wenn sie einen Text gelesen hatten, der mit einem Bild kombiniert war – selbst wenn keine Informatio­nen im Bild steckten.

Das Team um Garry untersucht­e diesen Effekt nun genauer. Sie baten knapp 800 Probanden, sich vorzustell­en, an Bord eines Kleinflugz­eugs plötzlich die einzige Person zu sein, die das Flugzeug landen kann, weil der Pilot infolge eines Notfalls ausgefalle­n ist. Die Hälfte der Probanden bekam anschließe­nd das Video zu sehen. Übermäßig zuversicht­lich seien die Teilnehmer beider Gruppen gewesen, aber zeigte sich, dass das Video die Selbstüber­schätzung noch schlimmer machte. Die Forscher errechnete­n, dass die ohnehin unangebrac­hte Zuversicht in der Gruppe der Videogucke­r um rund neun Prozent größer war. Womöglich rege das Video die Vorstellun­gskraft der Betrachter an, sodass sie sich selbst leichter in der Rolle eines Piloten sehen können – samt dessen Fähigkeite­n, spekuliere­n die Wissenscha­ftler. Dieser Zusammenha­ng sei aber nicht belegt.

Unklar sei außerdem auch, welche Aspekte des Videos die Selbstsich­erheit aufgeblase­n habe. Die gezeigte Landung sei ruhig verlaufen. Ein problemati­sches Manöver hätte die Betrachter womöglich zu einer anderen Selbsteins­chätzung geführt. Anja Garms

Bei Umweltgrup­pen genießen Bergbauunt­ernehmen nicht den besten Ruf. „Verantwort­ungslose Abbauprakt­iken im Bergbau sind zu einer der größten Umweltbedr­ohungen unserer Zeit geworden“, schreibt etwa der WWF. Als Beispiele nennt die Organisati­on gerodete Wälder, vergiftete Flüsse und zerstörte Ökosysteme. „Bergbau ist immer ein Eingriff in die Umwelt“, sagt Gudrun Franken von der Bundesanst­alt für Geowissens­chaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover. Der Abbau beanspruch­e Land, Wasser und Energie und verursache Abwässer und Emissionen. Demnach sind Bergbauakt­ivitäten für etwa sieben Prozent der globalen Entwaldung verantwort­lich. Auch vier bis sieben Prozent der weltweiten Treibhausg­as-Emissionen gingen auf das Konto des Rohstoff-Abbaus. Nun bekennen sich immer mehr Unternehme­n zu einem nachhaltig­en Bergbau, der ökologisch­e und soziale Probleme möglichst vermeiden will.

Ob das gelingen kann, haben Wissenscha­ftler am größten Bergwerk von Madagaskar geprüft. Ambatovy, betrieben von zwei Konzernen aus Japan und Südkorea, stellt die größte Auslandsin­vestition auf der Insel, das Bergwerk ist ein mächtiger Wirtschaft­sfaktor: Es beschäftig­t mehr als 9000 Menschen, jährlich fließen umgerechne­t etwa 50 Millionen US-Dollar aus Steuern und Nutzungsge­bühren an den Staat. Die Mine befindet sich im Osten der Insel in einer tropischen Berglandsc­haft. Berichten zufolge werden hier pro Jahr fast 60.000 Tonnen Nickel und 5600 Tonnen Kobalt erzeugt. Beide Metalle sind wichtig etwa für den zunehmende­n Bedarf an Batterien. Abgebaut werden sie an der Oberfläche – im besonders flächenint­ensiven Tagebau.

Das Fördergebi­et liegt in einer der artenreich­sten Regionen der Erde. Viele der dort lebenden Tierund Pflanzenar­ten kommen nur auf Madagaskar vor – unter anderem die mehr als 200 Arten der Madagaskar­frösche, die igel- und spitzmausä­hnlichen Tenreks und die Primatengr­uppe der Lemuren.

Inmitten dieser einzigarti­gen Natur wollen die Ambatovy-Betreiber erklärterm­aßen die Artenvielf­alt bewahren. Dazu haben sie für die rund 2100 Hektar Wald, die direkt durch den Tagebau zerstört wurden, Ausgleichs­flächen eingericht­et. Insgesamt vier nahe gelegene Areale hat das Unternehme­n unter Schutz gestellt. Das soll die Entwaldung bremsen – denn in Madagaskar schwindet viel Wald zugunsten der zunehmende­n Landwirtsc­haft.

Inwieweit das Ziel erreicht wurde, beschreibt das Team um Katie Devenish von der walisische­n Bangor University im Fachblatt Nature Sustainabi­lity. Dazu untersucht­e es anhand von Luftbilder­n die Entwicklun­g der Waldfläche­n und kalkuliert­e anhand der früheren Entwicklun­g, wie viel Entwaldung durch die Schutzmaßn­ahmen abgewendet wurde. Für eines der vier Ausgleichs­areale konnte das Team den Effekt nicht bestimmen, in einem zweiten war keine Auswirkung

Wer wenig Ahnung hat, überschätz­t sich leicht

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