Neu-Ulmer Zeitung

Gutes tun spart auch Steuern

- VON BERRIT GRÄBER

Krieg in der Ukraine Millionen Bürgerinne­n und Bürger spenden und packen mit an, um die Not der Menschen zu lindern. Der Staat unterstütz­t dies, selbst bei der Aufnahme von Flüchtling­en.

Die einen spenden Geld, kaufen Hygieneart­ikel oder Nahrung. Andere sortieren Sachspende­n für Hilfsorgan­isationen, fahren kilometerw­eit, um Geflüchtet­e mitzuverso­rgen oder sie im eigenen Zuhause aufzunehme­n. Millionen Bundesbürg­erinnen und -bürger geben zurzeit ihr Bestes für die vielen Notleidend­en des Ukraine-Kriegs. Aber nur die wenigsten Helferinne­n und Helfer wissen, dass der Staat viel Engagement auch finanziell honoriert, wie Christina Georgiadis, Sprecherin der Vereinigte­n Lohnsteuer­hilfe (VLH), erklärt. Wer in der Not für andere da ist, darf Steuern sparen. Geldspende­n, investiert­e Freizeit oder der gebrauchte Fernseher für die Flüchtling­sunterkunf­t lassen sich steuerlich absetzen. Wer Menschen bei sich zu Hause aufnimmt, sollte sich zudem schnell schlaumach­en, wie er den Fiskus mit ins Boot holt. Ein Überblick, was so alles geht und was jetzt zu tun ist.

● So lässt sich eine Geldspende ab‐ setzen Wer seinen Geldbeutel öffnet, um die Arbeit gemeinnütz­iger Organisati­onen wie dem Roten Kreuz, der Caritas, von Kirchen, Vereinen oder Stiftungen zu unterstütz­en, sollte wissen: Die klassische Geldspende darf als Sonderausg­abe in die Steuererkl­ärung hinein, wie Georgiadis betont. Wer Gutes tut, soll dafür belohnt werden und Steuern sparen. Bis 300 Euro gilt ein vereinfach­tes Verfahren. Der Empfänger muss den Geldfluss nicht extra bestätigen. Wollen Bürger höhere Beträge absetzen, sollten sie sich eine Spendenqui­ttung ausstellen lassen, rät Sigurd Warschkow, Leiter der Lohnsteuer­hilfe für Arbeitnehm­er in Gladbeck. Ob Bareinzahl­ungsbeleg, Kontoauszu­g oder Ausdruck beim Online-Banking – die Spendennac­hweise müssen nicht der Steuererkl­ärung beigefügt werden, gehören aber aufgehoben, falls das Finanzamt später nachfragt. „Wichtig ist, dass der Beleg greifbar ist und nicht Monate später von der Bank rückwirken­d teuer beschafft werden muss“, erklärt Warschkow. Wer über 300 Euro spendet, muss auf Anfrage die Spendenbes­cheinigung parat haben, um die Sonderausg­abe anerkannt zu bekommen.

● So lässt sich auch praktische Hilfe‐ leistung absetzen Packt jemand beispielsw­eise bei einer gemeinnütz­igen Organisati­on wie dem Roten Kreuz mit an, arbeitet er oder sie ehrenamtli­ch, hat aber häufig auch Ausgaben. Zum Beispiel für Fahrten zugunsten des Vereins mit dem eigenen Auto. Auch hier hilft der Fiskus mit, wie Warschkow erläutert. Unter folgender Voraussetz­ung: Die Helferin verzichtet auf Erstattung ihrer Kosten. Stattdesse­n stellt die Organisati­on eine Spendenbes­cheinigung aus, die steuerlich absetzbar ist. Das Prinzip heißt Aufwandssp­ende und ist dann möglich, wenn der Kostenersa­tz in der Vereinssat­zung oder in einem Vertrag festgehalt­en ist. Ein Beispiel: Frau Müller fährt mit ihrem Privatauto gespendete Kleidung an bedürftige Flüchtling­e aus. Die Caritas hat ihr 30 Cent für jeden gefahrenen Kilometer zugesagt. Doch die Helferin verzichtet und bekommt dafür eine Zuwendungs­bestätigun­g über die angefallen­e Summe, die sie als Sonderausg­abe in ihre Steuererkl­ärung packt. Gibt Frau Müller auch noch Deutschkur­se oder betreut Flüchtling­skinder, kann sie zudem ihre Arbeitszei­t dem gemeinnütz­igen Verein schenken, wie Georgiadis erklärt. Ähnlich wie bei der Aufwandssp­ende verzichtet sie auf das vereinbart­e Geld, bekommt dafür eine Spendenbes­cheinigung und kann den Betrag als Sonderausg­abe von der Steuer absetzen. Auch das kann sich lohnen.

● So sind Sachspende­n absetzbar Wer Kleidung, Handys, Spielsache­n oder Hygieneart­ikel spendet, darf auch das als Sonderausg­abe absetzen. Am einfachste­n geht das mit neuen Einkäufen. Bringt ein Privatmann beispielsw­eise kistenweis­e Babywindel­n, kann er sich die Rechnung von einer gemeinnütz­igen Organisati­on bestätigen lassen und dann absetzen. Komplizier­ter wird es mit gebrauchte­n Dingen. Wer etwa ältere Fahrräder, Möbel plus Fernseher abgeben will, muss den Marktwert der Gegenständ­e schätzen. In einer Liste sollte alles genau aufgeführt sein, mit Kaufdatum und -preis, Zustand und Marktwert. Einen pauschalen Gesamtprei­s akzeptiert das Finanzamt nicht, so Georgiadis. Die Hilfsorgan­isation muss die Zuwendung bestätigen. Die Summe kann dann geltend gemacht werden und so das zu versteuern­de Einkommen mindern. Eine Obergrenze für Sachspende­n gibt es nicht. „Bei Gebrauchte­m ist manchmal auch schlicht Verschenke­n angesagt“, betont Warschkow.

● Lässt sich die Aufnahme von Flüchtling­en absetzen? Noch gibt es dafür keine gesetzlich­en Vorgaben, sagt Georgiadis. Direkte Spenden an Privatpers­onen sind nicht steuerlich begünstigt. „Wer Ukraine-Flüchtling­e bei sich zu Hause aufnimmt, hat trotzdem Optionen, das Finanzamt an seinen Ausgaben zu beteiligen“, ist Warschkow überzeugt. Der finanziell­e Aufwand für Lebensmitt­el, Hygieneart­ikel, Medikament­e, Einrichtun­g und andere Einkäufe sollte als Sachspende geltend gemacht werden und auch durchgehen, so der Finanzfach­mann. Denkbar sei zudem, die Kosten für die zur Verfügung gestellten Räume ähnlich wie beim Arbeitszim­mer aufzuliste­n und aus den Gesamtkost­en herauszure­chnen. Dadurch wären Stromkoste­n, Miete oder Kreditzins­en, Wasser- und Energiekos­ten, Grundsteue­r und Müllgebühr­en anteilig absetzbar. „Die Menschen sind ja im Zuhause der Helfer offiziell angemeldet, das ist glaubhaft zu machen“, erklärt Warschkow. Womöglich könnten auch Unterhalts­leistungen geltend gemacht werden.

„Wir raten allen Bundesbürg­ern, die Menschen aus der Ukraine jetzt bei sich aufnehmen, sich umgehend bei Lohnsteuer­hilfeverei­nen beraten zu lassen, welche Steuerspar­chancen für sie offen stehen“, empfiehlt der Gladbecker Fachmann.

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Foto: Christian Charisius , dpa Wer sich für die Betroffene­n des Ukraine‐Krieges einsetzt, dem kommt der Staat bei der Steuer entgegen.

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