Die Gunst der Stunde
Was ist schon eine Stunde? Gut, wenn man Matthias Maurer heißt, Astronaut ist und – nur über ein paar windige Kabel an einer Raumstation hängend – durchs All spaziert, kann man in dieser Zeit immerhin 28.000 Kilometer zurücklegen. Hat er ja gerade demonstriert. Und ja, 60 Minuten können sich auch mal in die Länge ziehen, versucht man sich in die schmerzhafte Lage einer geschlagenen Stunde zu versetzen.
Aber sonst? In einer Stunde kriegt man nicht wirklich viele Bewerbungsgespräche unter. Die Produzenten der geplanten Fernsehserie über den Rekordmeister Bayern München suchen aber mehr als 1500 Komparsen. Da kommen schnell so viele Casting-Stünderl zusammen, wie es in einem Fußballspiel Querpässe gibt.
Oder: Wer schafft in einer Stunde schon mehr als vier Döner? Auch Markus Söder nicht. Obwohl er gerade eine neue Folge seiner beliebten Social-Media-Serie „#söderisst“aufgetischt hat, mit dem Bekenntnis: „Ich mag Döner sehr.“
Hier, wieder Fußball: Eine Stunde Restspielzeit ist nix bei einem 0:3-Rückstand. Eine Stunde Massage – im Nu vorbei. In jeder Abschlussprüfung wird eine Stunde pulverisiert. In der Schule dauert sie sogar nur 45 Minuten (außer in Mathe steht Stochastik an, Wahrscheinlichkeitsverteilung einer Zufallsgröße, boah, wie sich das zieht – anderes Thema). Und mit zunehmendem Alter, ach, werden Stunden eh zu Minuten.
Reden wir uns also, mit dicken Ringen unter den Augen, einfach ein: Es fällt gar nicht auf, dass uns am Wochenende wieder eine Stunde gemopst wurde. Nutzen wir die Gunst der selbigen und genießen den 19-Uhr-Abendspaziergang bei Tageslicht. Würde Matthias Maurer, dem Mann im dunklen All, bestimmt auch mal wieder gefallen.