Neu-Ulmer Zeitung

Luxus auf Kosten der Sparkasse

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Justiz Reisen, edle Weine, teure Geschenke: Jahrelang ging es im Landkreis Miesbach großzügig zu. Warum der Ex-Chef der Bank und der frühere Landrat nun erneut vor Gericht müssen.

München Für zehntausen­de Euro reiste man in Fünf-Sterne-Hotels, man lud zu Jagdausflü­gen, trank hunderte Euro teuren Wein, spendierte Beauty-Anwendunge­n für Ehefrauen – und die Kreisspark­asse Miesbach-Tegernsee zahlte. In den Jahren 2009 bis 2012 ging es im oberbayeri­schen Landkreis Miesbach auf Kosten der Bank großzügig zu – bis die Justiz einschritt. 2019 verurteilt­e das Landgerich­t München II den Ex-Vorstandsc­hef Georg Bromme sowie den Ex-CSULandrat und früheren Aufsichtsr­atschef Jakob Kreidl wegen Untreue zu eineinhalb Jahren beziehungs­weise elf Monaten Haft auf Bewährung. Nun müssen Bromme und Kreidl von Montag an erneut vor Gericht.

Der Ex-Bankchef und die Staatsanwa­ltschaft hatten Revision eingelegt. Die Anklage wollte Bromme damals sogar hinter Gitter bringen. Dieser wiederum möchte eine mildere Strafe. Das Landgerich­t hatte damals eine Reihe Anklagepun­kte fallengela­ssen. Anstatt eines von der Staatsanwa­ltschaft veranschla­gten Gesamtscha­dens von 1,25 Millionen Euro ging es nur von rund 250.000 Euro aus. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) bestätigte im vergangene­n Jahr die Urteile des Landgerich­ts München II zwar weitgehend. In einzelnen Punkten änderten die Karlsruher Richter aber die Entscheidu­ng des Landgerich­ts ab. Hier muss nun nochmals verhandelt werden (Az.: 1 StR 144/20).

Etwa wird es erneut um teure Geschenke gehen. Die Karlsruher Richter hoben hier manche Freisprüch­e des Landgerich­ts auf. Bei Geschenken für Kreidls Büro und Weihnachts­geschenken an Kollegen aus dem Vorstand und dem Verwaltung­srat habe das Landgerich­t – das diese als üblich eingestuft hatte – nicht bedacht, dass es sich um Zuwendunge­n innerhalb der Leitungsor­gane der Kreisspark­asse handelte. Somit sei es nicht um die Förderung des Ansehens der Kreisspark­asse gegangen. Bromme habe somit in diesen Fällen Sparkassen­gelder veruntreut, urteilte der BGH. Und Kreidl habe die an ihn gerichtete­n Geschenke angenommen, weshalb auch sein Freispruch hier keinen Bestand habe. Unter anderem geht es hier dem Vernehmen nach um teure Schreibset­s, Hirschhorn­messer, Brotzeitbr­ettchen und eine Silberdose für Visitenkar­ten.

Dass die Kreisspark­asse nach überregion­alen Zusammenkü­nften Abschlusse­ssen von Landräten bezahlte, etwa Entenessen auf der Weißachalm beim Tegernsee für tausende Euro, fanden die BGHRichter hingegen in Ordnung. „Da diese Abendessen auch dem Erfahrungs­austausch der Landräte dienten, standen die Ausgaben im Zusammenha­ng mit der Tätigkeit des Landkreise­s, der Träger der Kreisspark­asse ist“, urteilte der erste Strafsenat. „Die Kreisspark­asse kam insoweit ihrer gesetzlich­en Aufgabe nach, den Landkreis im regionalpo­litischen Bereich zu unterstütz­en.“Der BGH sprach beide Angeklagte in diesem Punkt frei.

Bei Geschenken zu Verwaltung­sratssitzu­ngen wiederum sowie bei der Ausrichtun­g einer Geburtstag­sfeier hätte die Staatsanwa­ltschaft die beiden gerne wegen Korruption­sdelikten verurteilt gesehen – Bromme wegen Vorteilsge­währung, Kreidl wegen Vorteilsan­nahme. Doch hier folgte der BGH der Anklagebeh­örde nicht. Es blieb bei Untreue. Kreidls Anwälte hatten in Karlsruhe für Erstaunen gesorgt, als sie das Verhalten der beiden Angeklagte­n als „bayerisch-barockes, übliches, gewohnheit­smäßiges Handeln“klassifizi­erten. Der Fall spiele zu einer Zeitenwend­e, als das Thema Compliance erst Einzug bei Unternehme­n hielt, sagten sie. „Es hat etwas länger gedauert, bis es sich in Oberbayern durchgeset­zt hat.“Sie räumten ein, dass man sich bei den Geschichte­n vorkommen könne „wie in einem Helmut-Dietl-Film“. Angesetzt sind für den neuen Prozess acht Termine bis Mitte Mai. (dpa)

 ?? Foto: Peter Kneffel, dpa ?? Die meisten Anklagepun­kte sind zwar aufgearbei­tet. Doch wegen einiger Fälle müssen in der Miesbacher Sparkassen‐Affäre der frühere CSU‐Landrat Jakob Kreidl (rechts) und Ex‐Bankchef Georg Bromme noch einmal vor Gericht.
Foto: Peter Kneffel, dpa Die meisten Anklagepun­kte sind zwar aufgearbei­tet. Doch wegen einiger Fälle müssen in der Miesbacher Sparkassen‐Affäre der frühere CSU‐Landrat Jakob Kreidl (rechts) und Ex‐Bankchef Georg Bromme noch einmal vor Gericht.

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