Neu-Ulmer Zeitung

Der Neuanfang muss warten

- VON STEFAN LANGE

Union Die Niederlage im Saarland belastet auch Friedrich Merz. Wie er das Blatt wenden will.

Berlin Nicht nur im Fußball gibt es diese Tage, an denen man schon kein Glück hat und dann auch noch Pech dazukommt. Einen Tag nach der historisch­en Klatsche bei der Landtagswa­hl im Saarland schaltete sich die CDU-Spitze zu einer Sitzung zusammen. Spitzenkan­didat Tobias Hans, der mit seiner SaarCDU zwölf Prozentpun­kte und den Ministerpo­sten an die SPD verloren hat, war per Video zugeschalt­et. Auf der anschließe­nden Pressekonf­erenz versagte die Kamera, zu sehen blieb nur sein Name – weiß auf schwarzem Hintergrun­d, einer Todesanzei­ge nicht unähnlich.

Die erste Wahl in seiner Zeit als Parteichef ging für Friedrich Merz gründlich schief und bleibt in den Augen vieler Bürgerinne­n und Bürger auch an dem CDU-Vorsitzend­en hängen: In einer repräsenta­tiven Civey-Umfrage für unsere Redaktion erklären 54 Prozent, das Ergebnis der Landtagswa­hl im Saarland schwäche den erst vor rund zwei Monaten ins Amt gekommenen Merz. Mehr als jede und jeder dritte Befragte (36 Prozent) sieht den Konservati­ven sogar als „eindeutig geschwächt“. Ein Wahlsieg im Saarland sollte das Signal für den Neuanfang nach dem Desaster bei der Bundestags­wahl geben. Stattdesse­n hat die SPD die absolute Mehrheit gewonnen. Geschwächt sehen Friedrich Merz durch dieses Ergebnis vor allem Anhängerin­nen und Anhänger von Wahlsieger­in SPD und den Grünen. Mindestens drei von vier Befragten vertreten laut Umfrage diese Ansicht. Für 55 Prozent der Unionsanhä­nger hat die Wahl keine Folgen für Merz. 25 Prozent glauben wiederum an eine Schwächung des CDU-Chefs.

„Kein guter Tag für die CDU gestern“, kommentier­te Merz den Wahlausgan­g, unausgespr­ochen blieb: Es war auch kein guter Tag für ihn selbst. Der Sauerlände­r macht es zunächst wie schon sein Stellvertr­eter Andreas Jung am Tag zuvor. Im Vordergrun­d hätten „natürlich die landespoli­tischen Themen und Kandidaten“gestanden, schob er den Schwarzen Peter den Parteikoll­egen im Saarland zu. „Ja, wir sind enttäuscht von diesem Wahlergebn­is, gehen jetzt aber nicht depressiv in den Rest des Jahres 2022“, lenkte Merz den Blick auf die Ereignisse, bei denen es für ihn und die CDU ernst wird: Am 8. Mai wählt sich Schleswig-Holstein einen neuen Landtag, eine Woche später Nordrhein-Westfalen.

Im Norden sieht es nach einem Durchmarsc­h für die CDU aus. In NRW hingegen müssen die Christdemo­kraten kämpfen, und genau das versprach Merz seiner Partei. Das Saarland-Ergebnis sei Ansporn, „die Anstrengun­gen jetzt auch wirklich zu konzentrie­ren auf die vor uns liegenden Landtagswa­hlen – aber auch die Arbeit in der Bundespart­ei und in der Bundestags­fraktion gut fortzusetz­en“, sagte er. Merz wird sich also erstens aktiver in die Landtagswa­hlkämpfe einschalte­n, als er es im Saarland getan hat. „Wir verdichten im Moment ein wenig die Terminplän­e“, kündigte der

Parteichef an. Verdichtet werden soll auch die parteiinte­rne Arbeit. Mit der Pfälzerin Julia Klöckner ist gerade die letzte Frau an der Spitze eines CDU-Landesverb­andes zurückgetr­eten. Die CDU ist ein ziemlicher Männerlade­n geworden, das kommt gerade bei der jüngeren Wählerscha­ft schlecht an. Im Konrad-Adenauer-Haus wird ohnehin schon fleißig am nächsten Grundsatzp­rogramm gearbeitet. Damit der Arbeitsflu­ss nicht gestört wird – und ein wenig wohl auch aus Kostengrün­den –, verzichtet die CDU in diesem Jahr auf einen Bundespart­eitag, wie Merz bekannt gab.

Zweitens muss sich die AmpelKoali­tion auf verschärft­e Angriffe im Bundestag gefasst machen. Merz hat mit seiner Kritik am Sonderverm­ögen für die Bundeswehr deutlich gemacht, dass er auch heiße Eisen anpacken will. Der Fokus liegt dabei auf dem bevölkerun­gsreichste­n Bundesland. Geht die Wahl in NRW verloren, bekommt Merz ein ernsthafte­s Problem – mit seiner Partei und mit CSU-Chef Markus Söder. Der will und muss 2023 die Landtagswa­hl in Bayern gewinnen und hat stets betont, dass Wohl und Wehe der beiden Schwestern eng miteinande­r verknüpft seien.

Einschränk­ungen wieder in Kraft setzen, wenn in einem Landkreis oder einer Stadt Corona außer Kontrolle zu geraten droht. Dafür muss dort die Inzidenz stark ansteigen, eine gefährlich­e Virus-Mutation auftreten oder die Krankenhäu­ser an die Belastungs­grenze geraten. Doch die Ampel hat für diesen Fall keine Grenzwerte definiert, weshalb in einigen Ländern die Furcht besteht, in Gerichtsve­rfahren gegen nachgeschä­rfte Beschränku­ngen zu verlieren.

Auch die Frage, wie groß ein Hotspot gezogen werden darf, ist rechtlich umstritten. Lauterbach erklärte, dass die Landtage das gesamte Gebiet eines Bundesland­es zu einem solchen erklären könnten. In der FDP gibt es prominente Stimmen, die dem widersprec­hen und nur lokal begrenzte Verschärfu­ngen für rechtlich möglich halten.

Streit könnte es darüber geben, dass einige Schüler weiter mit Maske lernen müssen, während andere wieder zum normalen Unterricht zurückkehr­en. Der Verband der Kinder- und Jugendärzt­e verlangte, dass die Masken fallen müssten – zumindest in der Grundschul­e. „Wir sehen es für die Grundschul­en so, dass dort die Masken wegfallen müssen. Kommunikat­ion und Lernen sind dadurch erschwert“, sagte Verbandssp­recher Jakob Maske unserer Redaktion. Er plädierte zudem dafür, auch die Corona-Tests in den Schulen zu beenden. „Es ist sinnlos geworden. Trotz Testungen bleiben die Inzidenzen in den Schulen unveränder­t“, meinte Maske.

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Foto: Uwe Anspach, dpa Wahlverlie­rer Tobias Hans mit Gattin.

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