Gegen den Strom
Industrie Deckel Maho in Pfronten ist erstaunlich gut durch das herausfordernde Jahr 2021 gekommen. Warum der Maschinenbauer so gut im Geschäft ist und die Konzernmutter im Ostallgäu fast 100 Millionen Euro investiert.
Pfronten/Bielefeld Corona-Krise, Zulieferprobleme und der UkraineKrieg: Manche Industriebetriebe in der Region haben nach wie vor mit Umsatzeinbußen zu kämpfen. Der Werkzeugmaschinenhersteller Deckel Maho Pfronten (Ostallgäu) jedoch schwimmt gegen den Strom. Dort steht der Kurs nach einem deutlichen Dämpfer 2020 wieder klar auf Wachstum. „Wir liegen schon jetzt über dem Vor-CoronaNiveau von 2019 und gehen sehr optimistisch in die Zukunft“, sagt Geschäftsführer Alfred Geißler.
● Die Geschäftsfelder Der klassische Maschinenbau ist laut Geißler stark im Aufwind, ebenso die Energieund Halbleiterbranche, für die Deckel Maho maßgeschneiderte Präzisionsmaschinen in 87 Länder liefert. Auch die Aufträge aus der Luft- und Raumfahrttechnik nähmen wieder Fahrt auf. Hinzu komme ein treuer Kundenstamm aus der Automobilbranche, der Medizintechnik und dem Formenbau.
● Der Umsatz Die jüngst veröffentlichte Jahresbilanz 2021 untermauert dies. Zwar gibt der deutsch-japanische Mutterkonzern DMG Mori AG (Bielefeld) mit seinen 12.000 Beschäftigten und 16 Produktionswerken keine Zahlen zu einzelnen Unternehmen preis. Das Konzernergebnis, an dem der Entwicklungs- und Fertigungsstandort Pfronten deutlichen Anteil hat, spricht aber eine klare Sprache. So stieg der Gesamtumsatz 2021 um zwölf Prozent auf 2,05 Milliarden Euro. Den Gewinn vor Steuern beziffert der Konzern auf 124 Millionen Euro (plus 52 Prozent).
● Die Perspektive Der Auftragseingang bei DMG Mori kletterte 2021 um 57 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. Auch in Pfronten seien die Vorzeichen positiv: „Für die großen Portalmaschinen geht der Auftragsbestand weit über 2022 hinaus“, sagt Geschäftsführer Reinhard Musch. Hier geht es um bis zu 35 Meter lange und 180 Tonnen schwere Einzelstücke. Die Materialbelieferung sei teils herausfordernd, echte Engpässe habe es aber nicht gegeben.
● Der Personalstand Die Stammbelegschaft in Pfronten blieb selbst im Corona-Jahr 2020 stabil. Für 2022 plant die Pfrontener Firmenleitung eine deutliche Aufstockung der etwa 1500 Beschäftigten am Standort. Die Investitionen: Die Investitionsfreude in Pfronten ist ungebrochen. Trotz schwieriger Rahmenbedingungen wurde laut Geißler kein einziges Projekt zur Stärkung des Standortes zurückgestellt. Im Gegenteil: Zwischen 2019 und 2024 werde DMG Mori fast 100 Millionen Euro im Ostallgäu investieren. Ein Logistikzentrum, das vier Außenlager für Großbauteile vereint, sowie ein XL-Parkhaus mit 45 Ladeplätzen für Elektrofahrzeuge wurden bereits verwirklicht. Ebenso eine neue Auslieferungshalle und eine Halle für die Fließmontage der „Mono-Block-Baureihe“.
● Das Zugpferd Die „Mono-BlockSerie“ist das Aushängeschild der Pfrontener Maschinenbauer. Diese Universal-Bearbeitungszentren kombinieren verschiedene Arbeitsgänge (in erster Linie Drehen und
Fräsen) effizient. Mit der 2020 eingeführten Fließmontage hatte Deckel Maho neue Maßstäbe gesetzt. Fahrerlose Transportsysteme steuern die bis zu 20 Tonnen schweren Maschinen vollautomatisch über eine 300 Meter lange Montagestrecke. Bis zu 1000 individuell konfigurierte Maschinen lassen sich dort pro Jahr CO -neutral produzieren. ● Was noch fehlt Einzig das geplante Ausbildungszentrum für den Nachwuchs – Deckel Maho zählt laut Personalchef Udo Lademann etwa 100 Azubis – wurde noch nicht gebaut. Es soll bis 2024 fertig sein. „Dann sind wir rundum gut für die Zukunft aufgestellt“, freut sich Geißler.
● Zukunftstrends Als richtig erwies es sich, frühzeitig auf Digitalisierung und Automationsfähigkeit der Produkte zu setzen. Deckel Maho hat am Standort nicht nur 200 Entwickler und Ingenieure, sondern auch rund 100 Softwarespezialisten im Einsatz, die auf Kundenwunsch beispielsweise eine enge Verzahnung zu weiteren Prozessen in der Fertigung schaffen. „Schon jetzt bieten 35 Prozent der von uns produzierten Maschinen Automationslösungen. Dieser Trend wird sich verstärken“, ist Geschäftsführer Musch sicher.
● Der Ukraine‐Krieg Harsch reagierte die DMG Mori AG auf den Ukraine-Krieg. Aus Protest gegen die russische Aggression wurden Ende Februar sämtliche Geschäftsaktivitäten in Russland eingestellt. Alle Lieferungen von Maschinen, Ersatzteilen, Komponenten und Services liegen laut Unternehmensführung auf Eis. Auch das 2015 eröffnete Fertigungs- und Montagewerk in der Großstadt Ulyanovsk, in dem Werkzeugmaschinen für den russischen Markt produziert werden, steht still. Insgesamt zählt der Konzern in Russland 200 Mitarbeiter. Der Anteil des Russlandgeschäftes am Standort Pfronten liegt bei weniger als fünf Prozent.