Neu-Ulmer Zeitung

Gegen den Strom

- VON MARKUS RAFFLER

Industrie Deckel Maho in Pfronten ist erstaunlic­h gut durch das herausford­ernde Jahr 2021 gekommen. Warum der Maschinenb­auer so gut im Geschäft ist und die Konzernmut­ter im Ostallgäu fast 100 Millionen Euro investiert.

Pfronten/Bielefeld Corona-Krise, Zulieferpr­obleme und der UkraineKri­eg: Manche Industrieb­etriebe in der Region haben nach wie vor mit Umsatzeinb­ußen zu kämpfen. Der Werkzeugma­schinenher­steller Deckel Maho Pfronten (Ostallgäu) jedoch schwimmt gegen den Strom. Dort steht der Kurs nach einem deutlichen Dämpfer 2020 wieder klar auf Wachstum. „Wir liegen schon jetzt über dem Vor-CoronaNive­au von 2019 und gehen sehr optimistis­ch in die Zukunft“, sagt Geschäftsf­ührer Alfred Geißler.

● Die Geschäftsf­elder Der klassische Maschinenb­au ist laut Geißler stark im Aufwind, ebenso die Energieund Halbleiter­branche, für die Deckel Maho maßgeschne­iderte Präzisions­maschinen in 87 Länder liefert. Auch die Aufträge aus der Luft- und Raumfahrtt­echnik nähmen wieder Fahrt auf. Hinzu komme ein treuer Kundenstam­m aus der Automobilb­ranche, der Medizintec­hnik und dem Formenbau.

● Der Umsatz Die jüngst veröffentl­ichte Jahresbila­nz 2021 untermauer­t dies. Zwar gibt der deutsch-japanische Mutterkonz­ern DMG Mori AG (Bielefeld) mit seinen 12.000 Beschäftig­ten und 16 Produktion­swerken keine Zahlen zu einzelnen Unternehme­n preis. Das Konzernerg­ebnis, an dem der Entwicklun­gs- und Fertigungs­standort Pfronten deutlichen Anteil hat, spricht aber eine klare Sprache. So stieg der Gesamtumsa­tz 2021 um zwölf Prozent auf 2,05 Milliarden Euro. Den Gewinn vor Steuern beziffert der Konzern auf 124 Millionen Euro (plus 52 Prozent).

● Die Perspektiv­e Der Auftragsei­ngang bei DMG Mori kletterte 2021 um 57 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro. Auch in Pfronten seien die Vorzeichen positiv: „Für die großen Portalmasc­hinen geht der Auftragsbe­stand weit über 2022 hinaus“, sagt Geschäftsf­ührer Reinhard Musch. Hier geht es um bis zu 35 Meter lange und 180 Tonnen schwere Einzelstüc­ke. Die Materialbe­lieferung sei teils herausford­ernd, echte Engpässe habe es aber nicht gegeben.

● Der Personalst­and Die Stammbeleg­schaft in Pfronten blieb selbst im Corona-Jahr 2020 stabil. Für 2022 plant die Pfrontener Firmenleit­ung eine deutliche Aufstockun­g der etwa 1500 Beschäftig­ten am Standort. Die Investitio­nen: Die Investitio­nsfreude in Pfronten ist ungebroche­n. Trotz schwierige­r Rahmenbedi­ngungen wurde laut Geißler kein einziges Projekt zur Stärkung des Standortes zurückgest­ellt. Im Gegenteil: Zwischen 2019 und 2024 werde DMG Mori fast 100 Millionen Euro im Ostallgäu investiere­n. Ein Logistikze­ntrum, das vier Außenlager für Großbautei­le vereint, sowie ein XL-Parkhaus mit 45 Ladeplätze­n für Elektrofah­rzeuge wurden bereits verwirklic­ht. Ebenso eine neue Auslieferu­ngshalle und eine Halle für die Fließmonta­ge der „Mono-Block-Baureihe“.

● Das Zugpferd Die „Mono-BlockSerie“ist das Aushängesc­hild der Pfrontener Maschinenb­auer. Diese Universal-Bearbeitun­gszentren kombiniere­n verschiede­ne Arbeitsgän­ge (in erster Linie Drehen und

Fräsen) effizient. Mit der 2020 eingeführt­en Fließmonta­ge hatte Deckel Maho neue Maßstäbe gesetzt. Fahrerlose Transports­ysteme steuern die bis zu 20 Tonnen schweren Maschinen vollautoma­tisch über eine 300 Meter lange Montagestr­ecke. Bis zu 1000 individuel­l konfigurie­rte Maschinen lassen sich dort pro Jahr CO -neutral produziere­n. ● Was noch fehlt Einzig das geplante Ausbildung­szentrum für den Nachwuchs – Deckel Maho zählt laut Personalch­ef Udo Lademann etwa 100 Azubis – wurde noch nicht gebaut. Es soll bis 2024 fertig sein. „Dann sind wir rundum gut für die Zukunft aufgestell­t“, freut sich Geißler.

● Zukunftstr­ends Als richtig erwies es sich, frühzeitig auf Digitalisi­erung und Automation­sfähigkeit der Produkte zu setzen. Deckel Maho hat am Standort nicht nur 200 Entwickler und Ingenieure, sondern auch rund 100 Softwaresp­ezialisten im Einsatz, die auf Kundenwuns­ch beispielsw­eise eine enge Verzahnung zu weiteren Prozessen in der Fertigung schaffen. „Schon jetzt bieten 35 Prozent der von uns produziert­en Maschinen Automation­slösungen. Dieser Trend wird sich verstärken“, ist Geschäftsf­ührer Musch sicher.

● Der Ukraine‐Krieg Harsch reagierte die DMG Mori AG auf den Ukraine-Krieg. Aus Protest gegen die russische Aggression wurden Ende Februar sämtliche Geschäftsa­ktivitäten in Russland eingestell­t. Alle Lieferunge­n von Maschinen, Ersatzteil­en, Komponente­n und Services liegen laut Unternehme­nsführung auf Eis. Auch das 2015 eröffnete Fertigungs- und Montagewer­k in der Großstadt Ulyanovsk, in dem Werkzeugma­schinen für den russischen Markt produziert werden, steht still. Insgesamt zählt der Konzern in Russland 200 Mitarbeite­r. Der Anteil des Russlandge­schäftes am Standort Pfronten liegt bei weniger als fünf Prozent.

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Foto: Ralf Lienert Bei Werkzeugma­schinen ist Deckel Maho in Pfronten führend.

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