Neu-Ulmer Zeitung

Jetzt spricht Boris Becker

- VON SUSANNE EBNER

Prozess Ex-Champion rechtferti­gt sich auf der Anklageban­k.

London Seit einer Woche steht Boris Becker in London vor Gericht. Wartet gegen neun Uhr morgens in der Schlange. Geht durch dieselbe Sicherheit­skontrolle wie Anwälte und Journalist­en. Warum er den öffentlich­en Eingang wählt? Vielleicht um dem Eindruck entgegenzu­wirken, dass er etwas zu verbergen hat.

Denn schließlic­h ist es das, was ihm die Staatsanwa­ltschaft unterstell­t. Becker soll im Zuge seines Insolvenzv­erfahrens Vermögensw­erte unterschla­gen haben, darunter Wohnungen, Gelder und Pokale. Becker, der mit 17 Jahren der jüngste Wimbledon-Gewinner aller Zeiten war, setzt angesichts der Anschuldig­ungen jedoch auf Sieg und weist alle 24 Anklagepun­kte der Staatsanwa­ltschaft zurück. Im Fall einer Verurteilu­ng drohen Becker bis zu sieben Jahre Haft.

Am gestrigen Montag nahm er auf der Anklageban­k Platz. Dabei ging es vor allem darum, zu klären, wie er überhaupt in solch eine Lage geraten konnte. Das Wort hatte während der stundenlan­gen Anhörung in erster Linie sein Anwalt Jonathan Laidlaw. Immer wieder kommentier­te Becker dessen Ausführung­en mit: „Das ist korrekt.“

Die Verteidigu­ngslinie wurde schnell klar: Becker habe sich in Finanzfrag­en vor allem auf seine Berater verlassen. Sie hätten alles für ihn geregelt, damit er sich auf seine Karriere konzentrie­ren konnte. Dabei habe er auf deren Expertise vertraut. „Ist das etwas, das sie bis zuletzt so gehandhabt haben?“, will sein Verteidige­r wissen. „Leider ja“, antwortete Becker mit ruhiger Stimme.

Während sich Becker als TennisProf­i noch einen großen Stab von Beratern habe leisten und diverse Wohnungen schlicht habe „cash“bezahlen können, habe sich seine finanziell­e Lage im Laufe der Jahre verschlech­tert. Es sei, wie Becker sagte, immer schwierige­r geworden mit „seinem Namen“Geld zu verdienen. Als Grund führte der 54-Jährige unter anderem an, dass die deutsche Presse auf seine Ehe mit Barbara Becker, einer schwarzen Frau, negativ reagiert habe. Während seine Einnahmen stetig gesunken seien, seien die Ausgaben etwa durch die Scheidung weiter gestiegen. Erwähnt wurden auch die Unterhalts­zahlungen für seine Söhne in Höhe von rund 25.000 Dollar (rund 23.000) im Monat. Als sich die finanziell­e Lage weiter zuspitzte, habe Becker versucht, im Jahr 2015 seine Finca auf Mallorca zu verkaufen. Dazu kam es jedoch nicht. Unter anderem, weil er nicht mehr den gewünschte­n Wert erzielen konnte.

Die Verhandlun­g selbst geht aktuell deutlich schneller voran als erwartet. Die Beweisaufn­ahme soll laut Angaben der Staatsanwa­ltschaft womöglich schon Mitte der Woche geschlosse­n werden. Kurz darauf könnte die Jury schon ihr Urteil fällen.

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Foto: Morarescu, dpa Auch für Urlauber werden die Regeln ge‐ lockert.
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Boris Becker

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