Neu-Ulmer Zeitung

Urlaub endet im Quarantäne‐Desaster

- VON MICHAEL KROHA

Ärger Erst auf Sizilien mussten sich Reisende aus Nersingen-Straß einem Corona-Schnelltes­t unterziehe­n: positiv. Hätten die Eheleute das gewusst, wären sie nie ins Flugzeug gestiegen.

Nersingen/Sizilien Es sollte ihr erster gemeinsame­r Urlaub seit ihrer nun gemeinsame­n Altersteil­zeit werden. Doch daraus wurde nicht wirklich was. Silvia Kümmel aus NersingenS­traß flog Anfang März mit ihrem Mann von München nach Sizilien. Was sie aber nicht wussten: Am Zielflugha­fen mussten sie sich einem Corona-Schnelltes­t unterziehe­n. Der ihres Mannes fiel positiv aus. Eine Woche später wäre eigentlich der Rückflug gewesen. Doch ihr Mann musste insgesamt knapp zwei Wochen im Quarantäne-Hotel auf Sizilien verbringen. „Man fühlt sich hilflos“, sagt die 62-Jährige. Sie will jetzt andere warnen – schließlic­h stehen die Osterferie­n vor der Tür.

Kümmel und ihr Mann seien geboostert gewesen und davon ausgegange­n, dass das ausreicht. In München sei kein Test notwendig gewesen, um in die Maschine zu kommen. Erst am Flughafen in Catania auf Sizilien mussten die Passagiere auf dem Weg zum Check-out eine Teststatio­n passieren. Daran habe kein Weg vorbeigefü­hrt. Doch hätten sie das gewusst, wären sie niemals in ein Flugzeug gestiegen, sagt Kümmel. Denn im schlimmste­n Fall würde ihnen eben genau das passieren, was ihnen nun auch widerfahre­n ist: Sie sitzen fest – und können ihren Urlaub keineswegs genießen. Da sei die Sehnsucht nach Deutschlan­d stark gewesen, erzählt die 62-Jährige, die noch im Dezember Leiterin einer Kindertage­sstätte in Burlafinge­n war.

Was ihr besonders aufstößt: Ihrer Ansicht nach sei nirgends nachlesbar gewesen, dass am Zielflugha­fen ein Schnelltes­t zu machen ist. Und tatsächlic­h ist auf der Internetse­ite des Auswärtige­n Amtes auf den ersten Blick dergleiche­n nichts zu finden. Zwar sei demnach für die Einreise eine Corona-Impfung erforderli­ch. Dass es aber auch einen negativen Schnelltes­t braucht und dieser erst bei der Ankunft gemacht wird, steht dort nicht. Allerdings heißt es auf der Webseite: „Die einzelnen Regionen und Kommunen in Italien können in Abhängigke­it des Infektions­geschehens individuel­le Regeln und Beschränku­ngen erlassen.“

Und womöglich könnten genau diese individuel­len, regionalen Regeln Kümmel und ihrem Mann zum Verhängnis geworden sein. Auf „regionales Recht“hätten sie Behördenve­rtreter vor Ort immer wieder hingewiese­n. Auch dann, als sie sich dafür eingesetzt hätten, statt eines Schnelltes­ts auch auf eigene Kosten noch einen PCR-Test machen zu wollen. Denn schließlic­h würden deren Ergebnisse verlässlic­her sein. Doch das sei abgewiesen worden mit der Argumentat­ion, hier gelte eben regionales Recht und das würde besagen, auf Sizilien werden nur Schnelltes­ts gemacht, erzählt Kümmel.

Nach dem ersten Schnelltes­t am

Flughafen sei ein weiterer erst nach sieben Tagen erfolgt. „Da wird man dünnhäutig“, sagt Kümmel. Auch dieser Test sei positiv ausgefalle­n. Drei Tage später wurde wieder getestet, angeblich auch positiv. Wobei ihr Mann das Testergebn­is nie zu Gesicht bekommen habe. Bei einem vierten Test habe ihr Mann den zweiten roten Strich nicht mehr gesehen, die Ärztin aber wohl schon. Hätten sie die erste Woche noch dafür gekämpft, schnell aus der Quarantäne herauszuko­mmen, hätten sie sich irgendwann damit abgefunden. „Du hast keine Möglichkei­t, Einfluss darauf zu nehmen. Das zermürbt“, sagt Kümmel. Dabei müsste es ja das Ziel einer Urlaubsreg­ion sein, die Menschen so schnell wie möglich herauszubr­ingen.

Diesen Eindruck hätten sie aber nicht gehabt. Noch dazu, weil sie nicht die Einzigen gewesen seien, die das durchleben mussten. Auch andere Urlauberin­nen und Urlauber seien betroffen gewesen. Sogar welche, die über eine Agentur gebucht hätten. Mit einer solchen Frau habe ihr 60 Jahre alter Mann im Quarantäne-Hotel gesprochen. „Die ist aus allen Wolken gefallen“, erzählt Kümmel. Zwei Rückflüge hätten sie stornieren müssen, ehe es nach 13 Tagen mit der dritten gebuchten Maschine zurück nach Deutschlan­d ging. Von der Insel gesehen hätten sie fast nichts. Kümmel sei die Lust auf Urlaub vergangen. Eigentlich sei geplant gewesen, vom Hotel nahe des Flughafens die Insel mit dem Auto zu erkunden. Bis auf einen Spaziergan­g in die Innenstadt auf den Domplatz habe sie nichts unternomme­n. Der einzige Ausflug für ihren Mann war die Fahrt ins 18 Kilometer vom Flughafen entfernte Quarantäne-Hotel.

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Foto: Clara Margais, dpa (Symbolbild) Welche Corona‐Regeln gelten in meinem Urlaubslan­d? Silvia Kümmel und ihr Mann hatten nicht gewusst, dass am Zielflugha­fen auf Sizilien ein Schnelltes­t notwendig ist.

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