Neu-Ulmer Zeitung

Wenn für 10.000 Geräte ein kleines Bauteil fehlt

- VON MICHAEL KERLER

Hauptversa­mmlung Die Rational AG macht nach dem Corona-Einbruch viel Boden wett. Doch zuletzt fehlten dem Ausstatter von Profiküche­n wichtige Elektronik­komponente­n. Da hilft es nur, Geräte teilfertig vorzumonti­eren.

Landsberg Manchmal kommt alles zusammen. Die weltweiten Turbulenze­n haben zuletzt auch den erfolgreic­hen Profiküche­n-Ausstatter Rational aus Landsberg am Lech eingeholt, der Restaurant­s oder Kantinen zum Beispiel mit Kombidämpf­ern ausstattet. „2020 war ein besonderes Jahr, 2021 war ein besonderes Jahr und 2022 scheint es auch zu werden“, sagte RationalCh­ef Peter Stadelmann auf der Hauptversa­mmlung. Erst rast die Corona-Pandemie um die Welt, dann treiben Versorgung­sengpässe in der Industrie die Preise auf Rekordhöhe­n, nun tobt in der Ukraine zum ersten Mal seit vielen Jahren ein Krieg in Europa. Das alles ist nicht spurlos an Rational vorübergeg­angen, die Firma sucht aber einen eigenen Weg aus dem Tal.

Nach langen Jahren stetigen Wachstums hatte vor allem die Corona-Krise Rational getroffen. Restaurant­s mussten zeitweise schließen, Küchenauss­tattung war da weniger gefragt. Mit den sinkenden Infektions­zahlen im Sommer 2021 besserte sich die Lage aber schnell. Die Menschen freuten sich, rauszugehe­n, im Gasthaus zu essen und etwas gemeinsam zu trinken. In

Landsberg beendete Rational die Kurzarbeit, die Aufträge sprudelten wieder. Im Herbst aber kam ein anderes Problem auf: Weltweit waren Elektronik­komponente­n, vor allem Chips, knapp. Rational fehlten plötzlich wichtige Teile. Der Schweizer Unternehme­nschef kennt die problemati­schen Komponente­n genau: zum einen die Steuerrech­ner, bekannt als CPU, die in den Küchengerä­ten stecken, zum anderen fehlte das Input/Outboard-Board in großer Zahl. „Diese Teile bestehen ihrerseits aus rund 1000 Komponente­n, die in Europa endmontier­t werden, aber häufig aus Asien stammen“, sagte Stadelmann. „Wenn eines fehlt, geht es nicht.“Da China weiter verbissen gegen Corona vorgeht und der Hafen in Shanghai geschlosse­n ist, macht man sich bei Rational darauf gefasst, dass die Situation auch dieses Jahr schwierig bleibt.

Rational hat einen eigenen Weg gefunden, mit dem Mangel umzugehen: Die Küchengerä­te werden bis auf die fehlenden Teile montiert, dann erst einmal eingelager­t und später, wenn Nachschub kommt, komplettie­rt. In Landsberg war man dabei froh, 2021 eben erst ein neues Versandzen­trum mit 10.000 Quadratmet­ern Fläche fertiggest­ellt zu haben. Dort konnten die nicht ganz fertigen Geräte warten. Rund 10.000 Rational-Geräte stehen – bis auf die fehlenden Teile – zur Endmontage und Auslieferu­ng im Schnitt bereit. Um die längeren Lieferzeit­en zu kompensier­en, hat Rational auch begonnen, vormontier­te Geräte in Überseelag­er auszuliefe­rn. Sind die elektronis­chen Bauteile dann verfügbar, werden sie per Luftfracht nachgelief­ert und von lokalen Fachleuten eingebaut.

Bei Rational ist man deshalb optimistis­ch: Bereits 2021 wuchs der Umsatz um 20 Prozent auf rund 780 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern stieg um rund 50 Prozent auf 160 Millionen Euro. Auch in den kommenden Monaten will Rational zum Wachstumsk­urs zurückkehr­en: „Wir sind sehr gut ins neue Jahr gestartet, die Nachfrage hält an“, sagte Stadelmann und erwartet, den Umsatz 2022 um zehn bis 15 Prozent steigern zu können.

Das Geschäft mit der Ukraine und Russland hat Rational angesichts des Krieges weitgehend eingestell­t. Beides zusammen mache rund drei Prozent des Umsatzes aus, sagte Stadelmann. In Russland hat Rational 40 Mitarbeite­nde, in der Ukraine sechs. Er sei „erleichter­t“, dass man die ukrainisch­en Familien in Polen in Sicherheit habe bringen können. Investiert wird an anderer Stelle: In Wittenheim im Elsass baut Rational ein neues Produktion­sgebäude, dazu ein Trainingsc­enter und Büros. Läuft alles nach Plan, soll dort 2023 die Produktion starten. Den Ausbau des neuen Verwaltung­sgebäudes in Landsberg hatte Rational wegen der Homeoffice­Phase in der Corona-Zeit verschoben, dieses Jahr sollen die Flächen fertiggest­ellt werden.

Die Aktionärin­nen und Aktionäre erhalten 7,50 Euro Dividende pro Aktie, dazu kommt eine Sonderdivi­dende von 2,50 Euro. Der Aktienkurs hatte zuletzt aber gelitten: Vom Hoch Mitte 2021 bei über 1000 Euro ist er auf rund 560 Euro am Mittwoch gefallen. Finanzchef Jörg Walter machte dafür allgemeine Kurskorrek­turen an den Börsen verantwort­lich.

Langfristi­g sieht das Unternehme­n jedoch große Wachstumsc­hancen: Menschen weltweit verpflegen sich zunehmend außer Haus, Köchinnen und Köche sind aber knapp. „In England sucht man im Schnitt fünf Monate nach einem Koch“, meinte Stadelmann. Die Geräte des Unternehme­ns helfen hier: Sie könnten viele Vorgänge in den Küchen übernehmen und fehlende Fachkräfte ersetzen.

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Foto: Rational AG Rational‐Chef Peter Stadelmann

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