Neu-Ulmer Zeitung

Landkreis lässt sich Lüftungen viel Geld kosten

- VON RONALD HINZPETER

Corona Mit fest installier­ten Anlagen sollen die Schülerinn­en und Schüler geschützt werden. Das wird aber teuer.

Landkreis Neu‐Ulm Kommunalpo­litiker sind es gewohnt, dass Bauprojekt­e meist deutlich teurer werden, als zunächst geplant. Manchmal wird es aber sehr, sehr viel teurer. Beispiel: Der Landkreis Neu-Ulm will seine Schulen mit dezentrale­n Lüftungsan­lagen ausstatten. Eine Kostenschä­tzung vom vergangene­n Jahr taxierte das Vorhaben auf rund 6,9 Millionen Euro. Jetzt liegt eine deutlich höhere Zahl auf dem Tisch: 10,6 Millionen Euro. Da knirschten im zuständige­n Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport die Zähne vernehmbar. Und am Ende kam noch ein absolut unerwartet­er Kostenpost­en ums Eck, mit dem niemand gerechnet hatte. Das sorgte für gewisse Ratlosigke­it.

Im Herbst vergangene­n Jahres hatte der Landkreis Neu-Ulm beschlosse­n, als Anti-Corona-Maßnahme nicht einfach die umstritten­en mobilen Luftfilter zu kaufen. Stattdesse­n wurde die große Lösung angestrebt, der Einbau von festen Lüftungsan­lagen. 229 Geräte sind notwendig, um alle Schulen damit auszustatt­en. Nur das alte LessingGym­nasium sollte keine bekommen, da es komplett neu gebaut wird. Jetzt liegt die Kostenbere­chnung für das Projekt vor.

Das Fachbüro Conplaning hat seine grobe Schätzung vom vergangene­n Jahr nun präzisiert und geht von 10,6 Millionen Euro aus. Das ist hauptsächl­ich dem aufwendige­n Einbau geschuldet, denn die Aufgabe sei „bautechnis­ch komplizier­t“. Und natürlich hat die pandemiebe­dingt hohe Nachfrage die Preise ebenso nach oben geschossen wie die anziehende Inflation. Die Kosten muss der Landkreis jedoch nicht komplett tragen, der Eigenantei­l beläuft sich nach Abzug der bewilligte­n Zuschüsse auf 7,1 Millionen Euro. Allerdings gibt es eine nicht zu unterschät­zende Unsicherhe­it: Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkon­trolle will den Einbau nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fördern. Dazu gab es zuletzt aus Berlin unterschie­dliche Angaben. Mal hieß es, im April 2023 sei Schluss, dann wieder im Juni. Doch das Landratsam­t möchte die Frist bis Ende ‘23 verlängern. Ob das klappt, scheint noch unklar, so wie sich Vize-Landrat Franz-Clemens Brechtel ausdrückte. Möglicherw­eise können nicht alle gewünschte­n Anlagen rechtzeiti­g eingebaut werden. Die Unsicherhe­it bei der Förderung sei „schon schwierig“.

Letztlich war unstrittig, dass die Lüftungsan­lagen tatsächlic­h eingebaut werden sollten. Klar ist auch, woher das Geld für die drastische Kostenstei­gerung kommen soll: Aus dem Schuletat des Kreises werden 3,7 Millionen Euro verschoben, die eigentlich für die Planung des Lessing-Neubaus vorgesehen waren. Doch dies sei problemlos machbar, ohne den Zeitplan für das ehrgeizige Schulproje­kt zu gefährden, versichert­e Brechtel. Es gehe um Gelder, die aktuell noch nicht benötigt würden. Da waren sich aber Kurt Baiker (Freie Wähler) und Gabriele Rzehak-Wartha (Grüne) nicht so sicher. Doch Brechtel sagte: „Dem Lessing wir kein Geld genommen.“

Im Gegenteil: Überrasche­nder Weise wird dem Gymnasium sogar noch etwas gegeben. Gabriele Rzehak-Wartha empfand es als völlig unangemess­en, wenn die Schule keine Luftfilter bekomme. Damit sei sie die einzige im gesamten Landkreis ohne solche Schutzmaßn­ahmen – und das auf Jahre hinaus. Deshalb stellte sie den Antrag: Der Landkreis möge das Gymnasium mit mobilen Luftfilter­n ausstatten – und überrasche­nderweise stimmte der Ausschuss mit 8:6 dafür. Erneut war guter Rat teuer, denn woher soll das Geld kommen? „Wir sind da etwas überfahren worden“, räumte Vize-Landrat Brechtel hinterher ein, „wir müssen schauen, ob das verwirklic­ht werden kann.“Ganz anders sieht die Angelegenh­eit Johann Deil (JU), Lehrer am Lessing und Kämpfer für die Filteranla­gen: „Die Entscheidu­ng freut mich sehr.“Nun muss die Landkreisv­erwaltung wieder Geld hin und her schieben.

● 7‐Tage‐Inzidenz (RKI‐Wert): 589,8 Neuinfekti­onen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner

● Sieben‐Tage‐Fallzahl: 1037 ● Todesfälle bisher: 258 (+0)

● Corona‐Patienten auf Intensiv‐ station: 0 (davon beatmet: 0)

● Intensivbe­tten frei: 6

Newspapers in German

Newspapers from Germany