Landkreis lässt sich Lüftungen viel Geld kosten
Corona Mit fest installierten Anlagen sollen die Schülerinnen und Schüler geschützt werden. Das wird aber teuer.
Landkreis Neu‐Ulm Kommunalpolitiker sind es gewohnt, dass Bauprojekte meist deutlich teurer werden, als zunächst geplant. Manchmal wird es aber sehr, sehr viel teurer. Beispiel: Der Landkreis Neu-Ulm will seine Schulen mit dezentralen Lüftungsanlagen ausstatten. Eine Kostenschätzung vom vergangenen Jahr taxierte das Vorhaben auf rund 6,9 Millionen Euro. Jetzt liegt eine deutlich höhere Zahl auf dem Tisch: 10,6 Millionen Euro. Da knirschten im zuständigen Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport die Zähne vernehmbar. Und am Ende kam noch ein absolut unerwarteter Kostenposten ums Eck, mit dem niemand gerechnet hatte. Das sorgte für gewisse Ratlosigkeit.
Im Herbst vergangenen Jahres hatte der Landkreis Neu-Ulm beschlossen, als Anti-Corona-Maßnahme nicht einfach die umstrittenen mobilen Luftfilter zu kaufen. Stattdessen wurde die große Lösung angestrebt, der Einbau von festen Lüftungsanlagen. 229 Geräte sind notwendig, um alle Schulen damit auszustatten. Nur das alte LessingGymnasium sollte keine bekommen, da es komplett neu gebaut wird. Jetzt liegt die Kostenberechnung für das Projekt vor.
Das Fachbüro Conplaning hat seine grobe Schätzung vom vergangenen Jahr nun präzisiert und geht von 10,6 Millionen Euro aus. Das ist hauptsächlich dem aufwendigen Einbau geschuldet, denn die Aufgabe sei „bautechnisch kompliziert“. Und natürlich hat die pandemiebedingt hohe Nachfrage die Preise ebenso nach oben geschossen wie die anziehende Inflation. Die Kosten muss der Landkreis jedoch nicht komplett tragen, der Eigenanteil beläuft sich nach Abzug der bewilligten Zuschüsse auf 7,1 Millionen Euro. Allerdings gibt es eine nicht zu unterschätzende Unsicherheit: Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle will den Einbau nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fördern. Dazu gab es zuletzt aus Berlin unterschiedliche Angaben. Mal hieß es, im April 2023 sei Schluss, dann wieder im Juni. Doch das Landratsamt möchte die Frist bis Ende ‘23 verlängern. Ob das klappt, scheint noch unklar, so wie sich Vize-Landrat Franz-Clemens Brechtel ausdrückte. Möglicherweise können nicht alle gewünschten Anlagen rechtzeitig eingebaut werden. Die Unsicherheit bei der Förderung sei „schon schwierig“.
Letztlich war unstrittig, dass die Lüftungsanlagen tatsächlich eingebaut werden sollten. Klar ist auch, woher das Geld für die drastische Kostensteigerung kommen soll: Aus dem Schuletat des Kreises werden 3,7 Millionen Euro verschoben, die eigentlich für die Planung des Lessing-Neubaus vorgesehen waren. Doch dies sei problemlos machbar, ohne den Zeitplan für das ehrgeizige Schulprojekt zu gefährden, versicherte Brechtel. Es gehe um Gelder, die aktuell noch nicht benötigt würden. Da waren sich aber Kurt Baiker (Freie Wähler) und Gabriele Rzehak-Wartha (Grüne) nicht so sicher. Doch Brechtel sagte: „Dem Lessing wir kein Geld genommen.“
Im Gegenteil: Überraschender Weise wird dem Gymnasium sogar noch etwas gegeben. Gabriele Rzehak-Wartha empfand es als völlig unangemessen, wenn die Schule keine Luftfilter bekomme. Damit sei sie die einzige im gesamten Landkreis ohne solche Schutzmaßnahmen – und das auf Jahre hinaus. Deshalb stellte sie den Antrag: Der Landkreis möge das Gymnasium mit mobilen Luftfiltern ausstatten – und überraschenderweise stimmte der Ausschuss mit 8:6 dafür. Erneut war guter Rat teuer, denn woher soll das Geld kommen? „Wir sind da etwas überfahren worden“, räumte Vize-Landrat Brechtel hinterher ein, „wir müssen schauen, ob das verwirklicht werden kann.“Ganz anders sieht die Angelegenheit Johann Deil (JU), Lehrer am Lessing und Kämpfer für die Filteranlagen: „Die Entscheidung freut mich sehr.“Nun muss die Landkreisverwaltung wieder Geld hin und her schieben.
● 7‐Tage‐Inzidenz (RKI‐Wert): 589,8 Neuinfektionen in sieben Tagen pro 100.000 Einwohner
● Sieben‐Tage‐Fallzahl: 1037 ● Todesfälle bisher: 258 (+0)
● Corona‐Patienten auf Intensiv‐ station: 0 (davon beatmet: 0)
● Intensivbetten frei: 6