Die Bücherei bereitet sich auf die Zukunft vor
Lesen Umzug, Pandemie: Die Stadtbücherei Neu-Ulm stand in den vergangenen zwei Jahren vor Herausforderungen. Wie sie die gemeistert hat und welches Projekt besonders gut ankam.
Neu‐Ulm Wie steht es eigentlich um die Neu-Ulmer Stadtbücherei? Das interessierte die Stadträte kürzlich im Kulturausschuss. Schließlich musste die Einrichtung wegen der Neugestaltung des Heiner-Metzger-Platzes aus ihren angestammten Räumen ausziehen. Bücher, Spiele, CDs – all das können die Neu-Ulmer Bürgerinnen und Bürger jetzt in der Steubenstraße ausleihen, wo die Bücherei vorübergehend untergebracht ist.
Michaela Horak und Stephanie Schütz vom Büchereiteam berichteten im Kulturausschuss über die Arbeit der vergangenen beiden Jahre. Thema war neben dem großen Umzug, bei dem rund 58.000 Medien an einen neuen Ort gebracht werden mussten, auch die Pandemie. Beides sind Gründe, aus denen die Besuchszahlen im Vergleich zu den Vorjahren niedriger sind. Aus Infektionsschutzgründen gab es zeitweise Schließungen und Zugangsbeschränkungen über die 2G- und 3G-Regel, weitere acht Wochen war die Bücherei wegen des Umzugs und der Umstellung auf ein neues Bibliothekssystem geschlossen.
Die Interimsunterbringung in der ehemaligen Fachhochschule in der Steubenstraße bringt auch einen Standortnachteil mit sich: Die Bücherei ist nicht mehr so leicht zu erreichen. Bürgerinnen und Bürger können den Büchereibesuch nicht mehr so einfach mit einem Bummel in der Innenstadt verbinden. In dem Zusammenhang warnt Stadträtin Christina Richtmann vor der anstehenden Sanierung der Radlerbrücke über die Ringstraße. Fällt dieser Weg weg, ist die Bücherei für Radfahrer und Fußgänger ungleich schwerer zu erreichen. Richtmann regt an, die Brücke – wie bei Straßen – einspurig zu sanieren.
Den Umzug der Bücherei hat das Team auch dazu genutzt, den analogen Bestand zu verschlanken. Nicht nachgefragte Medien wurden aussortiert und teils durch Neuanschaffungen ersetzt. Digital hat sich das Angebot vergrößert. Über die Onleihe Schwaben haben die Nutzerinnen und Nutzer in Neu-Ulm Zugriff auf fast 66.000 Medien.
In der Bücherei haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben klassischen Bücherregalen noch besondere Regale vorbereitet. Die Comic- und Jugendecke wurde neu gestaltet, CDs regionaler Bands und Musiker werden in einem eigenen
Regal präsentiert, die Bibliothek der Dinge bietet Werkzeug, Spiel- und Bastelzubehör.
Was Veranstaltungen anbelangt, war 2020 aus bekannten Gründen ein schwieriges Jahr. Einiges musste abgesagt werden, dennoch gab es so manche neue Idee, wie zum Beispiel die Living Library, bei der lebendige Bücher, also Personen, für ein Gespräch „ausgeliehen“werden können und von ihren Erfahrungen und Erlebnissen berichten. 2021 fand die Aktion dann erneut statt.
Besonders gut kam das Projekt „Leseschnüffler“an. Schülerinnen und Schüler, die sich mit dem Vorlesen noch schwertun, können dabei mit Hündin Anuk üben. Die
Kinder lesen Anuk vor, anschließend gibt es Spiele, bei denen ganz nebenbei das Gelesene abgefragt und so das Leseverständnis geübt wird. Die Neu-Ulmer Bücherei haben viele Anfragen dazu erreicht: Andere Einrichtungen würden das Konzept gerne übertragen. Dass Neu-Ulm hier eine Vorreiterrolle spielt, gefällt auch den Stadträtinnen und Stadträten. Alfred Schömig (FDP) hatte angeregt, dass die Stadt für Leseschnüfflerin Anuk noch eine kleine Unterstützung gewähren sollte und sich damit an Hundefutter und Tierarztkosten beteiligen sollte.
Thema der Diskussion im Kulturausschuss war auch, wie sich eine
Bücherei entwickeln muss, um weiterhin ein gefragter Ort bei Bürgerinnen und Bürgern zu sein. Bibliothekarin Michaela Horak meint dazu: „Es geht tatsächlich darum, dass die Bibliothek ein Ort der Begegnung wird, ein Ort, an dem Bürgerinnen und Bürger Dinge ausprobieren können, so etwas wie ein ‘Wohnzimmer der Stadt’“. Ralph Seiffert, Leiter des Neu-Ulmer Kulturdezernats, ergänzt, die Bücherei der Zukunft sei ein Thema, an dem die Stadt schon explizit arbeite – auch im Neubau.
Die Stadt Neu-Ulm fördert die Bücherei jährlich mit einem Medienetat von rund 60.000 Euro – einem Euro pro Einwohner.