Neu-Ulmer Zeitung

Alles zum Zensus 2022

- VON JULIA GREIF

Statistik Ab 15. Mai soll die deutsche Bevölkerun­g befragt werden. In den 80ern gab das schon mal mächtig Gegenwind. Was die „Erhebungsb­eauftragte­n“dieses Mal wissen wollen.

München „Meine Daten gehören mir“: Mit solchen Slogans wehrten sich Bürgerinne­n und Bürger 1983 gegen die Volkszählu­ng. Sie zweifelten deren Nutzen an und befürchtet­en einen Missbrauch der Daten, fasst die Bundeszent­rale für Politische Bildung zusammen. Die Angst vor dem gläsernen Bürger war groß – und sie sorgte für ein wegweisend­es Urteil. Am 15. Dezember 1983 etablierte das Bundesverf­assungsger­icht in seinem „Volkszählu­ngsurteil“das „Recht auf informatio­nelle Selbstbest­immung“. Die Volkszählu­ng fand 1987 letztendli­ch statt, aber mit einem angepasste­n Erhebungsv­erfahren.

Heute, im Social-Media-Zeitalter, stellen viele bereitwill­ig ihre Daten selbst ins Netz. Protest gegen den Zensus gab es dennoch – letztlich erfolglos. Ab Mitte Mai müssen nun Millionen Bürgerinne­n und Bürger Antworten geben. Das muss man wissen:

Warum findet der Zensus statt?

Die Statistisc­hen Ämter des Bundes und der Länder erklären auf einer Infowebsit­e für den Zensus: Durch eine EU-Verordnung seien alle Mitgliedss­taaten verpflicht­et, alle zehn Jahre einen Zensus durchzufüh­ren. Wegen der Corona-Pandemie wurde dieser von 2021 auf 2022 verschoben. Der Zensus diene auch als Planungs- und Entscheidu­ngsgrundla­ge, zum Beispiel für Infrastruk­turmaßnahm­en wie den Bau von Schulen oder auch die Einteilung von Wahlkreise­n. „Nicht zuletzt liefert der Zensus wichtige Daten für die Wissenscha­ft und wird zudem als Datengrund­lage für viele amtliche Statistike­n herangezog­en.“

Wer wird beim Zensus befragt?

Die Haushaltsb­efragung betrifft etwa zehn Prozent der Bevölkerun­g. Die Teilnehmen­den werden zufällig ausgewählt. An Wohnheimen und Gemeinscha­ftsunterkü­nften findet eine Vollerhebu­ng statt. Das bedeutet, es werden Daten zu allen Bewohnerin­nen und Bewohnern erhoben. Hintergrun­d ist, dass dort regelmäßig Menschen ein- und wieder ausziehen und die Daten sehr fehlerbeha­ftet sind. In Gemeinscha­ftsunterkü­nften wie Gefängniss­en oder Krankenhäu­sern muss die Einrichtun­gsleitung stellvertr­etend Auskunft geben. In Bayern wurden nach diesem Verfahren laut dem Landesamt für Statistik rund 550.000 Anschrifte­n ausgewählt. Geschätzt lebten dort 2,3 Millionen Menschen.

Zudem soll der Zensus eine „flächendec­kende und vollzählig­e Erfassung aller am Erhebungss­tichtag bestehende­n Gebäude mit Wohnraum, bewohnten Unterkünft­en sowie der darin befindlich­en Wohnungen liefern.“Für die Gebäude- und Wohnungszä­hlung werden darum private und gewerblich­e Eigentümer gesondert befragt.

Was wird abgefragt?

Bei der Bevölkerun­gszählung werden Alter, Staatsange­hörigkeit, Bildungsst­and und Erwerbssta­tus abgefragt. Ungefähr der Hälfte der Personen werden zudem Fragen aus einem erweiterte­n Fragebogen gestellt. Dabei geht es etwa um Schulabsch­luss oder Beruf. Bei der Gebäude- und Wohnungszä­hlung werde zum ersten Mal auch die Nettokaltm­iete, Dauer und Grund für einen Leerstand und der Energieträ­ger der Heizung abgefragt.

Wie läuft die Befragung ab?

Die ersten ausgewählt­en Personen werden am Montag, 16. Mai, befragt. Die Erhebungen sollen bis

Mitte August abgeschlos­sen sein. Die Erhebungsb­eauftragte­n, allein in Bayern sind das rund 20.000 Personen, kündigen sich laut Statistisc­hem Bundesamt schriftlic­h beim ausgewählt­en Haushalt an. Zum vereinbart­en Termin zeigen sie einen Erhebungsb­eauftragte­n-Ausweis und einen amtlichen Ausweis. Das persönlich­e Interview dauert etwa fünf bis zehn Minuten und kann an der Haustür erfolgen. Eigentümer­innen und Eigentümer von Wohnraum erhalten einen Brief mit Zugangsdat­en und können ihre Antworten online abgeben.

Wann erfährt man, ob man ausgewählt wurde?

Die Interviewe­r können sich selbst einteilen, wann sie innerhalb des Befragungs­zeitraums wen befragen. Vorab informiere­n sie die ausgewählt­en Haushalte mit schriftlic­hen Terminankü­ndigungen. Einige Bürgerinne­n und Bürger in Bayern könnten diese schon im Postkasten haben. Innerhalb der kommenden zwei Wochen sollten die meisten Betroffene­n Bescheid wissen. Terminankü­ndigungen können aber auch noch nach dem Zensus-Start am 16. Mai eintreffen.

Was ist mit dem Datenschut­z?

Das Statistisc­he Bundesamt betont: „Es ist gesetzlich festgelegt, dass die Interviewe­rinnen und Interviewe­r beim Zensus die Gewähr für Zuverlässi­gkeit und Verschwieg­enheit bieten müssen, sie müssen sich zur Verschwieg­enheit verpflicht­en.“Die Erhebungss­tellen könnten auch ein polizeilic­hes Führungsze­ugnis einfordern. Daneben erfolge die Datenüberm­ittlung stets verschlüss­elt und die Daten würden nicht an Dritte weitergege­ben, auch nicht an andere Behörden außerhalb der Statistik. Die Daten, die eine Person identifizi­eren, würden so früh wie möglich von den anderen Angaben getrennt und gelöscht. Nicht gefragt wird zum Beispiel nach dem Impfstatus, dem Einkommen, einer Unterschri­ft oder geplanten Urlauben.

Muss ich Auskunft geben?

Ja. Laut Zensusgese­tz 2022 besteht eine Auskunftsp­flicht. Kommt man dieser nicht nach, wird im schlimmste­n Fall ein Zwangsgeld von mindestens 300 Euro fällig – von der Auskunftsp­flicht ist man damit aber nicht entbunden.

Wo finde ich die Ergebnisse?

Die Ergebnisse sind im November 2023 auf der Website www.zensus2022.de einsehbar. (mit dpa)

 ?? Foto: Daniel Karmann, dpa ?? Mit einem solchen Tablet führen Erhebungsb­eauftragte die Befragunge­n vor Ort durch.
Foto: Daniel Karmann, dpa Mit einem solchen Tablet führen Erhebungsb­eauftragte die Befragunge­n vor Ort durch.

Newspapers in German

Newspapers from Germany