„Das wird nicht der letzte Vorfall sein“
Ein 16-Jähriger schlägt eine Schiedsrichterin, seine Entschuldigung geht nach hinten los. Entsetzen im Fußballbezirk in Pfuhl.
Ulm Erst nannte er die Schiedsrichterin „Fotze“, dann soll der 16-Jährige ihr wohl mit flacher Hand und voller Wucht ins Gesicht geschlagen haben: Der Vorfall vergangene Woche bei einem A-Jugendspiel des TSV Pfuhl gegen die TSG Söflingen löste im Fußballbezirk Donau/Iller Entsetzen aus – und das nicht nur unter den Unparteiischen. Doch dort wird eine derartige Entwicklung wohl schon länger beobachtet – gerade im Juniorenbereich.
Rüdiger Bergmann, Obmann der Schiedsrichtergruppe (SRG) Ulm/Neu-Ulm und sozusagen der Vorgesetzte der betroffenen 25-Jährigen, hofft zwar, dass es sich bei der Entgleisung des Pfuhler Spielers um einen „schrecklichen Einzelfall“handelt. Der Bezirk sei von derart „ganz unerfreulichen“Ereignissen bislang „weitestgehend verschont“worden. „Dass es uns jetzt auch trifft, ist bedauerlich, aber liegt im Trend“, sagt er. „Das wird sicher auch nicht der letzte Vorfall sein.“Wenn auch nicht in der Region rund um Ulm, aber in Württemberg.
Vor allem die A-Junioren bezeichnet der Obmann als „ausgemachtes Problemalter“. Würden im Aktiven Bereich die Spieler „eher wissen, wie sie sich benehmen“, sei bei jenen 16- bis 18-Jährigen die Hemmschwelle durchaus etwas niedriger, bis es „richtig eskaliert“. Das zeige auch der Vorfall vor zwei Wochen beim A-Jugendspiel des ESC Ulm gegen VfB Ulm, das ebenfalls von der 25-jährigen Schiedsrichterin geleitet, dann aber abgebrochen werden musste. „Das ist eine Eskalation, die man eigentlich nicht kannte, die aber immer mehr um sich greift.“Noch nach der Partie hätten sich Spieler in den Kabinen aufgelauert und gegenseitig „vermöbelt“.
Seitens eines Sprechers des Sportgerichts waren hierzu zunächst keine Details zu einer Strafe erfahren. Die Beteiligten seien noch nicht informiert worden, heißt es. Im Pfuhler Fall könnten gegen Ende der Woche die Sanktionen feststehen. Auf die Frage, was der 16-Jährige verdient habe, antwortet der Schiedsrichter-Obmann: „Dass er seine Einstellung grundsätzlich ändert. Dass er zur Überzeugung kommt, dass so etwas überhaupt nicht geht.“Der misslungene Versuch einer Entschuldigung seitens des Jugendspielers mache ihm aber wenig Hoffnung. „Mir würde nichts fehlen, wenn er nicht mehr spielt.“Das könnte auch dadurch erreicht werden, dass der Verein den Spieler hinauswirft. Für den TSV Pfuhl war das zunächst keine Option, könnte aber noch kommen. Ob das das richtige Mittel ist, kann Bergmann nicht sagen: „Dazu müsste ich den Spieler kennen.“
Die Einflussmöglichkeiten seitens der Vereine oder der Trainerinnen und Trainer an der Seitenlinie beschreibt der Schiri-Chef als eher begrenzt. Er geht davon aus, dass wie die Unparteiischen auch, die Vereinsverantwortlichen versuchen würden, ihre beste Leistung zu bringen. Aber: „Du kannst in einem Spiel nicht auf die Spieler einwirken“, sagt er. „Die Emotionen werden früher freigelegt, als das noch vor ein paar Jahren oder in der Vergangenheit der Fall war.“In Pfuhl sei die Entgleisung zudem „nicht vorhersehbar“gewesen. Aufgrund des Spielbruchs zuvor (ESC gegen VfB Ulm), der auch bei der turnusmäßigen Schiedsrichterschulung Thema war, sei die 25-Jährige von einem Mitglied der SRG begleitet worden. Auch, um zu verstehen, wie die A-Junioren mit ihr umgehen. Weil der Spielverlauf aber weitestgehend unauffällig blieb, sei die Person früher gegangen.
Die betroffene 25-Jährige, eine von elf Schiedsrichterinnen im Bezirk, beschreibt der Obmann als „besonders ehrgeizig“. Trotz oder womöglich gerade wegen der jüngsten Vorfälle wolle sie mit dem Pfeifen weitermachen. „75 Prozent würden sagen, sie hören auf oder sie brauchen eine Pause“, erklärt Bergmann. Sie aber sei eine, die nun zu möglichst vielen Spielen eingeteilt werden möchte, damit sie darüber hinwegkommt. Zwischen 70 und 75 Partien habe sie zuletzt im Jahr geleitet, darunter die Frauen-Oberliga. „Sie ist eine, die will was erreichen.“Daher wolle sie als Frau es auch beweisen, dass sie derartige Spiele leiten kann. Nun gehe es darum, diesen „Ehrgeiz zu kanalisieren“und auch, um sie zu schützen. Bis auf Weiteres pfeift sie keine Spiele im A-Juniorenbereich.
Schlossplatz 1, 8-12 u. 14-17.30 Uhr, „Auf zur Schule - Alles um den ersten Schultag“, (bis 22. Oktober).
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