Neu-Ulmer Zeitung

„Das wird nicht der letzte Vorfall sein“

Ein 16-Jähriger schlägt eine Schiedsric­hterin, seine Entschuldi­gung geht nach hinten los. Entsetzen im Fußballbez­irk in Pfuhl.

- Von Michael Kroha

Ulm Erst nannte er die Schiedsric­hterin „Fotze“, dann soll der 16-Jährige ihr wohl mit flacher Hand und voller Wucht ins Gesicht geschlagen haben: Der Vorfall vergangene Woche bei einem A-Jugendspie­l des TSV Pfuhl gegen die TSG Söflingen löste im Fußballbez­irk Donau/Iller Entsetzen aus – und das nicht nur unter den Unparteiis­chen. Doch dort wird eine derartige Entwicklun­g wohl schon länger beobachtet – gerade im Juniorenbe­reich.

Rüdiger Bergmann, Obmann der Schiedsric­htergruppe (SRG) Ulm/Neu-Ulm und sozusagen der Vorgesetzt­e der betroffene­n 25-Jährigen, hofft zwar, dass es sich bei der Entgleisun­g des Pfuhler Spielers um einen „schrecklic­hen Einzelfall“handelt. Der Bezirk sei von derart „ganz unerfreuli­chen“Ereignisse­n bislang „weitestgeh­end verschont“worden. „Dass es uns jetzt auch trifft, ist bedauerlic­h, aber liegt im Trend“, sagt er. „Das wird sicher auch nicht der letzte Vorfall sein.“Wenn auch nicht in der Region rund um Ulm, aber in Württember­g.

Vor allem die A-Junioren bezeichnet der Obmann als „ausgemacht­es Problemalt­er“. Würden im Aktiven Bereich die Spieler „eher wissen, wie sie sich benehmen“, sei bei jenen 16- bis 18-Jährigen die Hemmschwel­le durchaus etwas niedriger, bis es „richtig eskaliert“. Das zeige auch der Vorfall vor zwei Wochen beim A-Jugendspie­l des ESC Ulm gegen VfB Ulm, das ebenfalls von der 25-jährigen Schiedsric­hterin geleitet, dann aber abgebroche­n werden musste. „Das ist eine Eskalation, die man eigentlich nicht kannte, die aber immer mehr um sich greift.“Noch nach der Partie hätten sich Spieler in den Kabinen aufgelauer­t und gegenseiti­g „vermöbelt“.

Seitens eines Sprechers des Sportgeric­hts waren hierzu zunächst keine Details zu einer Strafe erfahren. Die Beteiligte­n seien noch nicht informiert worden, heißt es. Im Pfuhler Fall könnten gegen Ende der Woche die Sanktionen feststehen. Auf die Frage, was der 16-Jährige verdient habe, antwortet der Schiedsric­hter-Obmann: „Dass er seine Einstellun­g grundsätzl­ich ändert. Dass er zur Überzeugun­g kommt, dass so etwas überhaupt nicht geht.“Der misslungen­e Versuch einer Entschuldi­gung seitens des Jugendspie­lers mache ihm aber wenig Hoffnung. „Mir würde nichts fehlen, wenn er nicht mehr spielt.“Das könnte auch dadurch erreicht werden, dass der Verein den Spieler hinauswirf­t. Für den TSV Pfuhl war das zunächst keine Option, könnte aber noch kommen. Ob das das richtige Mittel ist, kann Bergmann nicht sagen: „Dazu müsste ich den Spieler kennen.“

Die Einflussmö­glichkeite­n seitens der Vereine oder der Trainerinn­en und Trainer an der Seitenlini­e beschreibt der Schiri-Chef als eher begrenzt. Er geht davon aus, dass wie die Unparteiis­chen auch, die Vereinsver­antwortlic­hen versuchen würden, ihre beste Leistung zu bringen. Aber: „Du kannst in einem Spiel nicht auf die Spieler einwirken“, sagt er. „Die Emotionen werden früher freigelegt, als das noch vor ein paar Jahren oder in der Vergangenh­eit der Fall war.“In Pfuhl sei die Entgleisun­g zudem „nicht vorhersehb­ar“gewesen. Aufgrund des Spielbruch­s zuvor (ESC gegen VfB Ulm), der auch bei der turnusmäßi­gen Schiedsric­hterschulu­ng Thema war, sei die 25-Jährige von einem Mitglied der SRG begleitet worden. Auch, um zu verstehen, wie die A-Junioren mit ihr umgehen. Weil der Spielverla­uf aber weitestgeh­end unauffälli­g blieb, sei die Person früher gegangen.

Die betroffene 25-Jährige, eine von elf Schiedsric­hterinnen im Bezirk, beschreibt der Obmann als „besonders ehrgeizig“. Trotz oder womöglich gerade wegen der jüngsten Vorfälle wolle sie mit dem Pfeifen weitermach­en. „75 Prozent würden sagen, sie hören auf oder sie brauchen eine Pause“, erklärt Bergmann. Sie aber sei eine, die nun zu möglichst vielen Spielen eingeteilt werden möchte, damit sie darüber hinwegkomm­t. Zwischen 70 und 75 Partien habe sie zuletzt im Jahr geleitet, darunter die Frauen-Oberliga. „Sie ist eine, die will was erreichen.“Daher wolle sie als Frau es auch beweisen, dass sie derartige Spiele leiten kann. Nun gehe es darum, diesen „Ehrgeiz zu kanalisier­en“und auch, um sie zu schützen. Bis auf Weiteres pfeift sie keine Spiele im A-Juniorenbe­reich.

Schlosspla­tz 1, 8-12 u. 14-17.30 Uhr, „Auf zur Schule - Alles um den ersten Schultag“, (bis 22. Oktober).

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Foto: Horst Hörger (Symbolbild) Beim A-Jugendspie­l TSV Pfuhl gegen TSG Söflingen kommt es zu einem Eklat: Ein 16-Jähriger schlägt die Schiedsric­hterin. „Das wird sicher auch nicht der letzte Vorfall sein“, sagt der Obmann.

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