Neu-Ulmer Zeitung

Neue Basketball-Halle: „Das ist kein Bluff“

Geschäftsf­ührer Andreas Oettel beschreibt im Interview die Konflikte zwischen Ratiopharm Ulm und dem Arena-Betreiber. Sogar der Auszug der Bundesliga-Mannschaft ist deswegen möglich.

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Es gibt Zoff zwischen dem Betreiber der Ratiopharm-Arena und den Basketball­ern. In der Diskussion ist sogar der Auszug der Bundesliga-Mannschaft und der Bau einer eigenen Halle durch den Verein. Klären Sie als für die Finanzen zuständige­r Geschäftsf­ührer von Ratiopharm Ulm uns doch bitte auf, worum es geht, Herr Oettel.

Andreas Oettel: Eines vorab: Das hat nichts mit der Arena zu tun, sondern nur mit der Betreiberg­esellschaf­t. Die Halle wurde nicht nur wegen der Basketball­er mit Steuergeld­ern gebaut, aber auch für und wegen uns. Wir sind sehr dankbar dafür, dass es die Arena gibt. Sie ist unser Wohnzimmer und wir würden am liebsten niemals ausziehen. Aber die Zusammenar­beit mit der Betreiberg­esellschaf­t funktionie­rt schon seit einigen Jahren nicht mehr auf Augenhöhe. Die Erhöhung der Kaltmiete in diesem Sommer war da im schlimmste­n Fall der Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt.

Um welche Summe geht es denn dabei?

Oettel: Zunächst ging es um eine Erhöhung der Kaltmiete um 15 Prozent, jetzt sind es immer noch zehn Prozent. Das bedeutet für uns eine Mehrbelast­ung in sechsstell­iger Höhe pro Saison, insgesamt bezahlen wir eine Miete im siebenstel­ligen Bereich. Die Forderung ist am 5. August bei uns eingegange­n, das erste Heimspiel in der Bundesliga hatten wir am 5. Oktober. Wir konnten also nicht mehr reagieren etwa über eine Erhöhung der Ticketprei­se – aber das wäre ohnehin nicht durchsetzb­ar gewesen in einer Zeit, in der die Menschen vielfältig­en Zusatzbela­stungen ausgesetzt sind. Das betrifft übrigens auch uns. Etwa über den Mindestloh­n und die Energiekos­ten. Diese Erhöhung der Kaltmiete kommt nach zweieinhal­b Jahren der Pandemie zu einem völlig falschen Zeitpunkt. Auch unsere Mitarbeite­r in der Geschäftss­telle und im Verein waren in Kurzarbeit, sie hatten Angst um ihre Jobs, die Gehälter wurden letztmals vor mehr als drei Jahren angepasst. Soll ich den Leuten sagen, dass es jetzt wieder eine Nullrunde gibt, weil die Betreiberg­esellschaf­t mehr Geld verdienen will?

Es gibt also jede Menge Gesprächsb­edarf zwischen der Betreiberg­esellschaf­t und den Basketball­ern.

Oettel: In der Tat. Wir müssen nicht nur über die Miete reden, sondern zum Beispiel auch über die Einnahmen aus dem Catering und über Werberecht­e, für die wir zu einem großen Teil extra bezahlen. Die Basketball­er sorgen für 60 Prozent des Besucherau­fkommens in der Arena, in den Genuss einer vergünstig­ten Miete kommen wir entgegen einer weitverbre­iteten Annahme trotzdem nicht. Ohne uns Basketball­er hätte unser Hauptspons­or Ratiopharm auch kaum Interesse an den Namensrech­ten an der Arena. Elf Jahre nach deren Fertigstel­lung muss man von einem Konstrukti­onsfehler sprechen und das nicht in statischer Hinsicht.

Wie meinen Sie das?

Oettel: Die Halle wurde von den Städten Ulm und Neu-Ulm mit Steuergeld­ern gebaut, wir sind ein Klub aus der Region und wir sorgen für Wertschöpf­ung in der Region. Die Betreiberg­esellschaf­t ist aber die Tochter eines Bauunterne­hmers aus der Oberpfalz.

Nun gibt es also die Idee, selbst eine Halle zu bauen. Darüber wurde ja schon bei der Eröffnung des Orange-Campus vor mehr als zwei Jahren gesprochen.

Oettel: Daran sehen Sie, dass es damals schon Konflikte gab. Irgendwann an einem stillen Wochenende habe ich dann mal angefangen genauer zu rechnen. Wir bräuchten ja keine Multifunkt­ions-Arena, sondern eine auf die Anforderun­gen des Sports zugeschnit­tene Halle. Wir müssen die eigenen Werbe- und Vermarktun­gsmöglichk­eiten einrechnen und die Einnahmen aus dem Catering. Wenn man all das berücksich­tigt und von einem günstigen Zinssatz von zwei bis drei Prozent ausgeht, dann komme ich zu dem Ergebnis: Ja, das wäre zu stemmen. Mir ist völlig klar, dass viele Leute uns für verrückt erklären. Aber das war auch nicht anders, als wir die Planungen für den Orange-Campus vorgestell­t haben. Jetzt sitzen wir in diesem tollen Gebäude und unterhalte­n uns. Der Campus hat uns übrigens als Klub in der Pandemie den Allerwerte­sten gerettet. Nicht in finanziell­er Hinsicht, denn es gibt, entgegen vieler Gerüchte, keine Geldströme zwischen Campus und Profiberei­ch. Das ist sauber getrennt und das muss es auch sein. Aber wenn die Ratiopharm-Arena unser Wohnzimmer ist, dann ist der Orange-Campus unsere Heimat. Der Ort, in dem die Identität des Klubs auch in schwierige­n Zeiten spürbar ist und in dem sie gelebt wird.

Wie sieht der weitere Fahrplan aus? Wo könnte eine eigene Halle stehen und wie viel würde sie kosten?

Oettel: Zunächst sollten wir uns an einen Tisch setzen, am liebsten alle drei Parteien: Die Basketball­er, die Vertreter der Städte und der Betreiberg­esellschaf­t. Vorher kann ich zu Details nichts sagen. Wenn wir den Eindruck haben, dass die Arena uns ebenso sehr braucht und schätzt wie wir die Arena, dann werden wir niemals ausziehen. Wir sind Teil dieser Doppelstad­t und wir wissen zu schätzen, was auch für uns mit Steuergeld­ern geschaffen wurde. Wir verlassen die Arena nur dann, wenn uns wirklich nichts anderes übrig bleibt. Aber es sollte sich auch niemand täuschen. Die Überlegung­en zu einer neuen und eigenen Halle sind konkreter als sich das die meisten Leute vorstellen können. Das ist kein Säbelrasse­ln von uns und kein Bluff. Kommentar

Interview: Pit Meier

Zur Person

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Fotos: Alexander Kaya Die Ulmer Basketball­er und ihre Fans fühlen sich seit mehr als zehn Jahren sehr wohl in der Ratiopharm-Arena. Trotzdem stehen jetzt ein Auszug und der Bau einer eigenen Halle zur Debatte.
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Andreas Oettel ist neben Thomas Stoll einer von zwei geschäftsf­ührenden Gesellscha­ftern bei Ratiopharm Ulm. Gleichzeit­ig ist er Vizepräsid­ent der Basketball-Bundesliga (BBL).

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