Radspur kommt: Autofahrer müssen Platz abgeben
Die Münchner Straße in Ulm wird umgebaut, eine Radspur soll entstehen. Doch bis dahin wird es dauern. Mit Kompromissen will die Stadt einen funktionierenden Autoverkehr sichern.
Ulm Die Münchner Straße zählt zu den zentralen Ulmer Achsen, zumindest für Autofahrerinnen und Autofahrer. Sie verknüpft NeuUlm und die Gänstorbrücke mit der Ulmer Innenstadt und ist auch für den Durchgangsverkehr wichtig. Auch für alle, die mit dem Fahrrad unterwegs sind, ist sie eine logische Route. Bislang aber eine Route ohne Radweg. Das wird sich ändern. Der Ulmer Bauausschuss hat sich am Dienstag mit knapper Mehrheit dafür entschieden, dass eine Radspur angelegt wird. Dafür muss eine Autospur weichen. Bis dahin aber vergeht noch einige Zeit.
Die Stadtverwaltung hatte schon einen Förderantrag beim Regierungspräsidium Tübingen gestellt, diesen aber wieder zurückgezogen. Die Detailplanung ergab weitaus höhere Kosten als zunächst erwartet, nun gehen die Ulmer Verantwortlichen von nahezu 1,3 Millionen Euro aus. Ein neuer Förderantrag soll eine neuerliche Zusage bringen. Dann mit mehr finanzieller Unterstützung, was die Stadtkasse entlasten soll.
Positive Signale aus dem Regierungspräsidium habe es schon gegeben, sagte Verkehrsplanerin Ute Metzler. Nur: Weil das Personal in der Behörde knapp ist, könnte die Zusage auf sich warten lassen. Es gibt einen weiteren Grund, warum das Projekt nicht gleich umgesetzt wird: Unter der Münchner Straße werden Leitungen erneuert. Umbau und Austausch sollen zeitgleich vorgenommen werden. Metzler hofft, dass die Arbeiten 2024 beginnen können.
Bisher führt die Süd-NordRoute von der Gänstorbrücke aus durch das Viertel auf dem Kreuz an den Gerichtsgebäuden und an Wohnhäusern vorbei. „Unkomfortabel“, urteilte Metzler. „Das wird sicher eine Hauptroute werden“, sagte sie über die bis zu 2,15 Meter breite Spur, die künftig anstelle einer Autospur geführt wird. Der Großteil ist mit sogenannten Frankfurter Hüten räumlich abgetrennt, das sind 15 Zentimeter hohe und mit dem Boden verschraubte Begrenzungen aus Kunststoff. Auf einem Teil der Strecke bekommen Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrer allerdings nur einen sogenannten Schutzstreifen mit 1,5 Metern Breite, dieser darf auch von Autos befahren werden. Grund ist, dass an der Kreuzung am Willy-BrandtPlatz genügend Platz für motorisierte Fahrzeuge bleiben soll, in die verschiedenen Richtungen abzubiegen.
Neu dazu kommen auch ein direkter Anschluss zur Fahrradstraße Heimstraße Richtung Justizgebäude und ein Zweirichtungsradweg auf der König-Wilhelm-Straße bei der Einmündung in die Münchner Straße. Karl Faßnacht von den Freien Wählern fürchtete zusätzliche Staus in den Stoßzeiten, Günter Zloch (CDU/UfA) bezeichnete die Pläne gar als gefährlich. Der Wechsel zwischen Radspur und Schutzstreifen schaffe Konflikte zwischen Menschen im Auto und Menschen auf dem Fahrrad. Die Sicherheit leide, zugleich funktioniere die Achse nicht mehr. „Murks“, fand Zloch. Eine Fahrradroute in der Frauenstraße sei sinnvoller.
Baubürgermeister Tim von
Winning widersprach. Die Kompromisse mache man, um die Knotenpunkte für die Autos leistungsfähig zu halten. Die Breite des Schutzstreifens reiche aus Sicht der Stadtverwaltung für die Sicherheit aus. Und die Frauenstraße sei als Fahrradstraße ungeeignet, weil dort dann die schnelle Busspur wegfallen müsste.
Von SPD und Grünen kam Unterstützung für die Pläne. „Wir wissen, dass es Auseinandersetzungen geben könnte, aber wir müssen mutig vorangehen“, sagte SPD-Fraktionschef Martin Ansbacher. Der Gemeinderat hat sich als Ziel gesetzt, dass 2025 ein Viertel der Wege in der Stadt mit dem
Fahrrad zurückgelegt werden. Das schaffe man nur mit solchen Entscheidungen, mahnte Ansbacher.
So sah es auch die Grüne Denise Niggemeier: „Wir wollen alle 25 Prozent oder noch mehr haben, aber es darf den Autofahrern nicht wehtun“, hielt sie den Zweifelnden vor. Bislang sei es dort auf dem Fahrrad schlicht gefährlich, die Pläne brächten deutliche Verbesserungen. Mit 7:5 Stimmen beschloss der Ausschuss den Umbau der Münchner Straße. Neben Grünen und SPD war FDP-Stadtrat Ralf Milde dafür. Einen entsprechenden Grundsatzbeschluss hatte das Gremium vor einem Jahr gefasst.