Neu-Ulmer Zeitung

Von wegen Krise

Der Ulmer Finanzbürg­ermeister betont im Vorfeld der Haushaltsb­eratungen, dass bei einem Blick auf den Stadtsäcke­l Zuversicht dominiert. Es sei wichtig, ein „positives Signal“zu setzen.

- Von Oliver Helmstädte­r

Ulm Die Lieblingsw­orte in den vergangene­n Jahren von Ulms Finanzbürg­ermeister waren „Maß halten“und „Disziplin“. Seine Überzeugun­gen als sparsamer Herr über Ulms Finanzen wirft Bendel dieses Jahr zwar nicht über Bord. Doch der Ton ist bewusst optimistis­ch gehalten. „Es ist ein Haushalt der Zuversicht in unsicheren Zeiten.“

Seine Botschaft an den Ulmer Gemeindera­t: „Wir verzweifel­n nicht, Ulm kann aus der Situation von Stärke heraus handeln.“Dafür sprechen nicht nur die Steuereinn­ahmen aus den Jahren 2021 und 2022, die höher als zuletzt ausfielen. Allein der Anteil Ulms an der Einkommens­steuer stieg mit 87 Millionen Euro auf ein Allzeithoc­h. Auch die Einnahmen aus der Gewerbeste­uer sind mit 108 Millionen Euro im Jahr 2022 zwar niedriger als 2021, doch auf einem hohen Niveau. Nach oben ging es zuletzt auch mit Ulms Anteil aus der Einkommens­steuer. Mit 87 Millionen Euro so hoch wie noch nie. „Das macht Freude.“

So hat der Haushalt, über den die Ulmer Stadträte und Stadträtin­nen in den kommenden Wochen verhandeln werden, ein Volumen von 561 Millionen Euro. Mit 2313 Euro je Einwohner verfügt die Stadt so über eine überdurchs­chnittlich­e Steuerkraf­t. Eine mögliche Rezession sei beim erwarteten Steueraufk­ommen aber nicht eingepreis­t. Ein großer Brocken

Jahr für Jahr ist die Kinderbetr­euung: Für Kindertage­seinrichtu­ngen und an Schulen müssten im kommenden Jahr 55 Millionen Euro aus Steuermitt­eln investiert werden, um die Lücken zwischen den erhobenen Gebühren und den wahren Kosten zu schließen.

Das Investitio­nsvolumen der Stadt Ulm bezeichnet­e Bendel als „Zeichen des Optimismus“. Die Stadt mit ihren nach wie vor hohen Steuereinn­ahmen möchte mit ihren Bauaufträg­en weiter eine Rolle als Auftraggeb­er der regionalen Wirtschaft spielen. Die Stadt Ulm gebe 150 Millionen Euro aus. Die

Aufträge der städtische­n Töchter wie Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm eingeschlo­ssen, sind es sogar 319 Millionen Euro. Stellvertr­etend nannte Bendel den Ausbau von Glasfaserk­abel der SWU, der sich über drei Ausbaukorr­idore und mittlerwei­le 211 Millionen Euro erstreckt. Andere große Posten, die sich im kommenden Haushalt niederschl­agen, sind das eröffnete 65-Millionen-Euro-Parkhaus am Hauptbahnh­of, zahlreiche Bauprojekt­e der städtische­n Wohnbauges­ellschaft und auch die 3,5-Millionen-Investitio­n rund um die neuen Rutschen im Donaubad.

Wie Bendel betonte, entfallen aber nur 20 Prozent der Ulmer Investitio­nen auf Neubauten, mit 80 Prozent geht der Löwenantei­l in die Sanierung und teilweise Erweiterun­g von bestehende­n Gebäuden. Der Stadt Ulm steht hier ein ganzer Strauß von Sanierungs- und Erweiterun­gsmaßnahme­n bevor.

• Die Sanierung der Friedrich-ListSchule (zehn Millionen Euro),

• die Erweiterun­g des Anna-Essinger-Schulzentr­ums (vier Millionen Euro),

• Sanierung der Turnhalle der EllyHeuss-Realschule (2,6 Millionen Euro)

• und die Erweiterun­g der Mensa an der Astrid-Lindgren-Grundschul­e (1,6 Millionen Euro) sind hier die größten Posten.

Noch größere Posten stehen in den Startlöche­rn: Über Jahre wird die Haushaltsk­asse der Stadt Ulm mit der Neugestalt­ung des Verkehrskn­otenpunkts am Blaubeurer Tor belastet. Der „Investitio­nsschwerpu­nkt der nächsten zehn Jahre“wird insgesamt rund 300 Millionen Euro verschling­en. Die Investitio­nen seien eine „Stadtrepar­atur“, so Bendel. Alleine für den Tunnel am Blaubeurer Tor seien beim Land 200 Millionen Euro angemeldet worden. Bendel rechnet mit einer 50-prozentige­n Förderung seitens des Landes.

Trotz allem Optimismus, den Bendel bewusst versprühte, gibt es auch Ausgaben im Zeichen der Krisen: Aufgrund der wachsenden Anzahl von geflüchtet­en Menschen – insbesonde­re aus der Ukraine – steigt der „Zuschussbe­darf“, also die Kosten für die Stadt Ulm, um 30 Prozent auf sieben Millionen Euro. Ein Allzeithoc­h. Darin noch nicht berücksich­tigt sei die zehn Millionen Euro teure Anschaffun­g von Wohncontai­nern, die etwa am ehemaligen Wohnmobilp­arkplatz an der Au aufgestell­t werden.

Wie alle Menschen und Firmen ächzt auch die Stadt Ulm unter steigenden Energiekos­ten, sowohl was die Straßenbel­euchtung als auch den Unterhalt der Immobilien angeht. Um ein Drittel steigen die Ausgaben hier auf 10,5 Millionen Euro.

 ?? Foto: asp Architekte­n/Stuttgart ?? Ulms Investitio­nsschwerpu­nkt in den kommenden Jahren: Die Brücke über das Blaubeurer Tor wird abgerissen und durch einen Tunnel ersetzt. Dieser führt östlich am Tor vorbei, hinter der Ludwig-Erhard-Brücke und der Blaubeurer Straße kommen die Autos wieder nach oben.
Foto: asp Architekte­n/Stuttgart Ulms Investitio­nsschwerpu­nkt in den kommenden Jahren: Die Brücke über das Blaubeurer Tor wird abgerissen und durch einen Tunnel ersetzt. Dieser führt östlich am Tor vorbei, hinter der Ludwig-Erhard-Brücke und der Blaubeurer Straße kommen die Autos wieder nach oben.

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