Neu-Ulmer Zeitung

Lebenslang­e Haftstrafe­n für die Separatist­en

Ein niederländ­isches Strafgeric­ht hat drei ehemals hochrangig­e prorussisc­he Militärs wegen des Abschusses der Passagierm­aschine MH17 wegen Mordes verurteilt. Die Angehörige­n der Toten sind erleichter­t.

- Von Katrin Pribyl

Amsterdam Mehr als acht Jahre ist es her, dass die Passagierm­aschine mit der Nummer MH17 mit 298 Menschen an Bord über der Ostukraine abgeschoss­en wurde. Nun wurden erstmals frühere hochrangig­e prorussisc­he Separatist­en zur Verantwort­ung gezogen. Das niederländ­ische Strafgeric­ht sprach am Donnerstag drei Männer des Mordes schuldig – und verurteilt­e sie zu lebenslang­er Haft.

Die fünf Richter sahen es als erwiesen an, dass die russischen Staatsange­hörigen Igor Girkin und Sergej Dubinski sowie der Ukrainer Leonid Chartschen­ko für den Einsatz der Luftabwehr­rakete vom Typ Buk verantwort­lich waren, mit der die Boeing am 17. Juli 2014 auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur vom Himmel geholt wurde. Auch wenn es sich möglicherw­eise um einen Irrtum handelte und sie ein ukrainisch­es Militärflu­gzeug treffen wollten, die Absicht sei klar: ein Flugzeug abzuschieß­en und die Menschen darin zu töten.

Die 298 Opfer kamen aus zehn Ländern, die meisten Toten hatten die Niederland­e zu beklagen. Vier Menschen stammten aus Deutschlan­d. „Von einem Moment auf den anderen wurde ihr Leben auf grausame Weise beendet“, hieß es vor Gericht. Die drei Verurteilt­en hätten die Geschehnis­se nach der Katastroph­e noch zu vertuschen versucht. Keiner von ihnen habe geklärt, was genau passiert ist. Ihr Verhalten war „respektlos und unnötig verletzend“, so der Vorsitzend­e Richter Hendrik Steenhuis. Die Ungewisshe­it über die Ursache und die Motive blieb bestehen.

Keiner der Männer erschien zu einer der 68 Anhörungen während des zweieinhal­b Jahre dauernden

Prozesses, auch am Donnerstag blieb die Anklageban­k leer. Sie halten sich höchstwahr­scheinlich in Russland auf, weshalb die Verurteilt­en ihre Strafe wohl auch nie verbüßen werden. Girkin, genannt „Strelkow“, war einst russischer Geheimdien­stoffizier und Kommandant der Separatist­en im Donbass. Sergej Dubinski ist ein ehemaliger russischer Offizier und

Stellvertr­eter Girkins. Chartschen­ko soll eine Kampfeinhe­it in der Region geleitet haben. Ein dritter russischer Staatsange­höriger, Oleg Pulatow, wurde freigespro­chen. Er war Dubinskis Assistent und der Einzige, der sich vor Gericht juristisch vertreten ließ.

Das Gericht habe keinen Zweifel daran, dass „MH17 durch den Abschuss einer Rakete vom Typ Buk von einem Feld in der Nähe von Perwomajsk zum Absturz gebracht wurde“, sagte Steenhuis. Das Gebiet um die ukrainisch­e Stadt wurde zu dieser Zeit von Separatist­en kontrollie­rt. Es gebe eindeutige Beweise und kein Anzeichen für eine Manipulati­on des Materials, hieß es.

Damit bestätigte der Richter erstmals die Untersuchu­ngen des internatio­nalen Ermittlert­eams JIT. Steenhuis befand, dass es unmöglich gewesen wäre, all die Beweise zu fabriziere­n und dann auch noch so schnell, um alternativ­e Szenarien oder Verschwöru­ngstheorie­n glaubhaft zu machen. Diese gehörten ins „Reich der Fabeln“, sagte er. Außerdem stellte das Gericht fest, dass die Konfliktre­gion Donezk wie auch die Rebellen ab Mai 2014 faktisch unter russischer „Kontrolle“standen, also der des Kreml.

„Das Urteil kann das Leid nicht lindern, aber das Gericht hofft, dass die Klarheit über die Schuldfrag­e den Hinterblie­benen etwas Erleichter­ung bringen kann“, schloss Steenhuis die Verkündung nach fast zwei Stunden ab. Rund 250 nächste Angehörige der Opfer waren anwesend. Piet Ploeg, Vorsitzend­er der Hinterblie­benenStift­ung, sagte: „Wir sind sehr froh, dass der Gerechtigk­eit Genüge getan wurde.“Die Wahrheit sei festgestel­lt worden, was für alle Hinterblie­benen, aber auch internatio­nal wichtig sei.

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Foto: Phil Nijhuis, dpa Die Angehörige­n der Toten nehmen das Urteil gegen die Männer mit Erleichter­ung auf.

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