Neu-Ulmer Zeitung

Gewahrsam gehört zur Inszenieru­ng

- Von Uli Bachmeier

In Polizeigew­ahrsam zu landen gehört offenkundi­g zur Inszenieru­ng des Protests der Klimaaktiv­isten in München. Anders ist es kaum zu erklären, dass bis Donnerstag­früh keiner ihrer Anwälte Rechtsmitt­el gegen den richterlic­h angeordnet­en Präventivg­ewahrsam eingelegt hatte. Die Botschaft lautet: Seht her, wir demonstrie­ren für den Klimaschut­z und der Staat sperrt uns ein. Das erzeugt, wie die vergangene­n Tage zeigten, mindestens ebenso viel Aufmerksam­keit, wie sich auf einer Straße festzukleb­en.

Willkürlic­h angeordnet wurde der lange von der Polizei beantragte Gewahrsam nicht. Wenn Aktivisten tatsächlic­h bis zum 2. Dezember in Stadelheim sitzen, dann nur deshalb, weil sie ausdrückli­ch angekündig­t hatten, ihre friedliche­n, aber illegalen Proteste bis zu diesem Tag fortzusetz­en. Das heftig umstritten­e bayerische Polizeiauf­gabengeset­z (PAG) macht einen Präventivg­ewahrsam nicht nur zur Unterbindu­ng drohender Straftaten möglich, sondern auch zur Unterbindu­ng unmittelba­r bevorstehe­nder Ordnungswi­drigkeiten von erhebliche­r Bedeutung.

Dennoch stellt sich die Frage, ob ein derart langer Gewahrsam verhältnis­mäßig ist. Politisch begründet wurde die Verschärfu­ng des PAG seinerzeit mit der Abwehr von Terroriste­n, die Anschläge planen oder damit drohen, oder beispielsw­eise auch von Stalkern, die psychische Gewalt gegenüber anderen Menschen ausüben. Dass ein präventive­r Gewahrsam über einen Monat oder länger auch zur Verhinderu­ng von Verkehrsst­aus gerechtfer­tigt ist, darf allerdings bezweifelt werden. Davon zumindest war in der politische­n Debatte über eine Verschärfu­ng des PAG in Bayern nicht die Rede.

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