Neu-Ulmer Zeitung

Im Ulmer Weihnachts­circus geht es trotz der Krisen wieder rund

Eine turbulente Nummer in der Stahlkugel gehört zu den Höhepunkte­n in der Friedrichs­au. In anderer Hinsicht turbulent war zuletzt die Pandemie für die Macher der Veranstalt­ung.

- Von Oliver Helmstädte­r

Ulm Seit über einem Jahrzehnt gehört der Weihnachts­circus am Ende des Jahres in der Ulmer Friedrichs­au dazu. Nur in den vergangene­n zwei Jahren machte Corona dem Spektakel einen Strich durch die Rechnung. „Aber ans Aufgeben haben wir nie gedacht“, sagt Veno Mendes. Die Pandemie war eine harte Zeit für den Zirkusdire­ktor und sein Team. Zumal auch das zweite Standbein der Familie, Familienpa­rk Schwäbisch­e Alb in Westerheim, unter Corona litt.

Was blieb: Imbissstän­de bei Möbel Inhofer in Senden und auf Parkplätze­n von Baumärkten. Und das Gesicht des Weihnachts­circus, der langjährig­e Conferenci­er, Matthias Bergstaedt, verkaufte gebrannte Mandeln bei Galeria Kaufhof. Unterkrieg­en lässt sich Veno Mendes, der mit bürgerlich­em Namen Dominikus Böhm heißt, so leicht nicht. Der Zirkus liegt ihm im Blut, seine Familie hat bereits 1612 begonnen, sich einen Namen in der Zirkuswelt zu machen. Die mendes’sche Zirkusluft durfte die Region nach der Pause heuer zum ersten Mal wieder auf der Spatzenwie­se in Ulm schnuppern.

Auch seine rechte Hand Bergstaedt ist wieder in seinem Element,

wenn er Menschen, Tiere und Sensatione­n ankündigen kann, anstatt Knabbereie­n zu verkaufen. Ein „tolles, internatio­nales Programm“biete der Weihnachts­circus von Donnerstag, 22. Dezember, der Premiere, bis zum Sonntag, 8. Januar, im kommenden Jahr. Sein persönlich­es „Highlight“: die „weltbekann­ten“The Gerlings aus Kolumbien. Bis zu sieben Artisten rasen gleichzeit­ig auf ihren Motorräder­n durch eine Stahlkugel.

Eine „Sensation“sei auch das Todesrad, das in Ulm gleich in einer doppelten Variante zu sehen sein wird. Die Stahlkonst­ruktion funktionie­rt ohne Motorräder, spielt aber ebenfalls mit den Fliehkräft­en. Zwei große „Hamsterräd­er“, auf denen jeweils ein Artist Kunststück­e macht, rotieren um eine Achse. Gefährlich ist das in der Tat: „Artist stürzt bei Salto aus neun Metern Höhe vom ‘Todesrad’“, ist eine wenige Wochen alte Schlagzeil­e aus Aachen. Der Artist kam glückliche­rweise mit Prellungen davon.

Einem großen (TV-)Publikum bekannt ist die Gruppe Afrobatic. Die fünf aus dem afrikanisc­hen Land Ghana stammenden Männer zeigten im vergangene­n Jahr in der RTL-Show „Das Supertalen­t“ihr Können. Mit ihrer artistisch­en Feuer-Tanz-Show überstand die Gruppe die erste Runde. Eine Kostprobe ihres Könnens zeigten bei der Pressekonf­erenz zur Vorstellun­g des Programms zwei unfreiwill­ige Neu-Ulmerinnen: Anna Levina, 12 und ihre Schwester Daniela Levina, 14, flohen mit ihrer Familie aus der kriegsgebe­utelten Ukraine. Zusammen hatten die beiden Geschwiste­r im Zirkusstud­io Youth of Kyiv mit ihrem Coach Vyacheslav Sudeikin hart trainiert. Bis die Bomben fielen. Über Umwege und der Mithilfe von Böhm und Bergstaedt kamen sie nach Ulm, wo sie in die Schule gehen – und weiter ihrer Leidenscha­ft frönen.

Beim European Youth Circus Festival in Wiesbaden war Anna erst die jüngste Teilnehmer­in und gewann mit ihrer Handstanda­krobatik Bronze. Ihre Schwester verbiegt sich spektakulä­r auf einer überdimens­ionierten, sich drehenden Sanduhr und wurde mit einem Sonderprei­s („Recirquel Ungarn“) ausgezeich­net.

Wildtiere gibt es gemäß den Auflagen der Stadt Ulm nicht zu sehen. Tierisches dennoch mit Ponys, Pferden und Kamelen.

Die Energiekri­se belastet den Ulmer Weihnachts­circus nach den Worten Bergstaedt­s in vielerlei Hinsicht. „Allein unser neuer Teppich

für das Zelt hat das Doppelte wie früher gekostet.“Auch die Heizkosten für das 1200 Menschen fassende Zelt steigen in die Höhe. Durch alte Stromliefe­rverträge der Ulmer Messe, dem Vermieter des Geländes, allerdings nicht exorbitant.

Im Vergleich zur bislang letzten Vorstellun­g im Jahr 2019 habe es eine „moderate“Erhöhung um fünf Euro pro Ticket gegeben. Somit kostet der günstigste Eintritt jetzt 17 Euro. Gespart werde auch mit dem Aus für den Online-Verkauf.

Pro Ticket habe diese mit Gebühren und Versand fünf Euro ausgemacht. Eintrittsk­arten gibt’s jetzt nur noch vor Ort: bis 30. November vor der Ulmer Messe im Ticketwage­n. Ab Donnerstag, 1. Dezember, steht der Kartenverk­aufswagen auf dem Festplatz. Immer von 10 bis 19 Uhr.

Vorstellun­gen sind täglich um 15.30 und 19.30 Uhr. Premiere nur 19.30 Uhr. Keine Vorstellun­g an Neujahr. Die „Abschiedsv­orstellung­en“am letzten Tag, 8. Januar, sind um 11 und 15 Uhr.

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Foto: Alexander Kaya Der Weihnachts­circus kommt mit The Gerlings: In einer Stahlkugel sind die Kolumbiane­r das Maß aller Dinge. Bis zu sieben Artisten bringen gleichzeit­ig den Blutdruck des Publikums in Wallung.

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