Das Roxy bekommt 30.000 Euro von Claudia Roth
Die Kulturbastion wird als eine der besten Livespielstätten ausgezeichnet. Damit werden auch die Bemühungen honoriert, den Menschen während des Lockdowns etwas zu bieten, zumindest als Livestream.
Ulm Wie klingt Glück? Vermutlich so: „Wir sind glückselig und sehr, sehr stolz. Das bedeutet uns sehr, sehr viel.“Diese Worte sprach am Donnerstag Christian Grupp, Geschäftsführer des Ulmer Roxy. Zusammen mit einer kleinen Delegation aus Ulm war er gerade auf der Rückreise von Erfurt, als ihn der Anruf unserer Redaktion erreichte. Dort hatte das Team am Vorabend einen bedeutenden Kulturpreis entgegengenommen. Das Roxy wurde von Kulturstaatssekretärin Claudia Roth (Grüne) als eine der besten Livemusikstätten Deutschlands mit dem Applaus-Award 2022 ausgezeichnet. Und das hatte viel damit zu tun, wie clever die Ulmer Kulturinstitution mit dem Lockdown im vergangenen Jahr umgegangen ist.
In diesem Fall hat die Not wirklich erfinderisch gemacht: Ein halbes Jahr musste das Roxy 2021 wegen der Pandemie zusperren, doch deswegen herrschte dort längst nicht Grabesstille. Das Team ließ sich was einfallen und öffnete im wöchentlichen Wechsel via Livestream die „Roxy Lockdown Bar“mit viel Musik sowie Wunschkonzerte oder Impro-Theater-Shows. „Die Sachen in den digitalen Äther zu bringen war eine Möglichkeit, um mit dem Publikum in Kontakt zu bleiben und Künstler zu unterstützen“, erklärte Christian Grupp. Anfangs schalteten sich pro Show bis zu 350 Menschen zu, später weniger. Doch die damaligen Produktionen sind nicht einfach verschwunden, sondern werden immer noch abgerufen. Mittlerweile seien über 150.000 Klicks gezählt worden: „Die Leute gucken sich das immer noch an.“
In den Monaten danach, als die Menschen wieder ins Roxy konnten, schaffte es das Team für den Rest des Jahres, immerhin mehr als 50 Konzerte vorwiegend in der kleineren Cafébar und unter freiem Himmel auf die Bühne zu bringen. Hinzu kamen noch diverse Veranstaltungen aus dem Bereich Tanz, Theater, Comedy, Kabarett und Literatur. All diese Bemühungen flossen ebenso in die Bewertung der Jury ein wie die Atmosphäre des Hauses, die faire Entlohnung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Gagen der Künstler, aber auch ökologische Aspekte spielten eine Rolle. Dabei schlug sich die Ulmer Spielstätte in der Oberen Donaubastion so hervorragend, dass sie nicht nur eine Urkunde, sondern auch 30.000 Euro bekam.
Insgesamt wurden im Rahmen des diesjährigen Applaus-Awards – der Name steht für „Auszeichnung der ProgrammPLAnung Unabhängiger Spielstätten“– 2,45 Millionen Euro ausgeschüttet. Damit ist er einer der höchstdotierten Bundeskulturpreise. Vergeben wird er von der Kulturstaatsministerin
Claudia Roth. Bekanntlich wurde sie in Ulm geboren und ist in Babenhausen aufgewachsen. Als sie von der Auszeichnung für das Roxy hörte, da habe sie spontan den Schrei „Uuulmer“losgelassen, erzählt Grupp. Und natürlich ließ sie sich auch mit dem Ulmer Team, zu dem noch Michael Mutschler, der die Künstler bucht und der Veranstaltungsmanagerin Johanna Homburger fotografieren.
Das Geld der Kulturstaatsministerin werde natürlich wieder ins Programm gesteckt, verspricht Grupp. Damit will das Team vor allem solche Künstlerinnen und Künstler unterstützen, die nicht zum Mainstream gehören: „Das geht an Veranstaltungen, die uns am Herzen liegen.“
Die 30.000 Euro verschaffen dem Roxy außerdem Luft in einer sehr angespannten Situation. Wie viele Kultureinrichtungen leidet es nach wie vor unter einer deutlich spürbaren Zurückhaltung des Publikums. Da mögen die Energiekrise und allgemein gestiegene Preise eine Rolle spielen, jedenfalls gehen die Menschen nicht mehr so gerne auf Veranstaltungen – es sei denn, sie haben die Tickets bereits vor den Lockdown-Maßnahmen gekauft. Christian Grupp spricht von einer „gewissen Zurückhaltung“beim Kartenverkauf.
Große Veranstalter dünnen bereits ihr Angebot aus, was sich natürlich auch auf die kleineren Agenturen auswirkt, die ebenfalls mitziehen. Bekannte Bands treten teilweise schon auf deutlich kleineren Bühnen auf als vor Corona. Christian Grupp kann dem sogar etwas Positives abgewinnen: „Vielleicht tritt dann mal ein großer Act bei uns auf.“Unter dem Strich bleibt er skeptisch, was die nächsten Monate betrifft. „Aber wir sind gut aufgestellt und können ein Jahr gut überstehen.“Nun müsse halt wieder an viele Türen geklopft werden, um Unterstützung zu bekommen. „Wir tun alles, was nötig ist.“Kommentar Seite 27