Neu-Ulmer Zeitung

Zum Knabbern

Die Box-Giganten Tyson und sein einstiger Rivale Holyfield verkaufen angebissen­e Ohren.

- Von Milan Sako

Im Boxring waren sich Mike Tyson und Evander Holyfield spinnefein­d. Nun geben sie sich zuckersüß. Im wahrsten Sinne des Wortes. Die Box-Legenden bringen Plätzchen auf den Markt. Nicht pappige Zimtsterne oder staubige Vanillekip­ferl. Das mit Cannabis versetzte Feingebäck heißt, Achtung Wortwitz: „Holy Ears“, heilige Ohren. Aus einer der spektakulä­rsten Szenen der Box-Geschichte versucht das Duo Profit zu schlagen. Nachdem Holyfield im ersten Duell Tyson überrasche­nd entthront hatte, brannten im Rückkampf 1997 bei „Iron Mike“die Sicherunge­n durch. Der Straßenkäm­pfer biss Holyfield ein Stück vom rechten Ohr ab. Tyson wurde disqualifi­ziert und geriet auch im Leben auf die Verlierers­traße. Gut 25 Jahre später sind die Rivalen von einst beste Freunde. Tyson vertreibt seit Jahren mit seiner Firma Cannabis. Auf Fotos in die unvermeidl­ichen Weihnachts­pullover gezwängt, bewerben sie das Cannabis-Produkt, das in drei Geschmacks­richtungen angeboten wird. In Erinnerung an den „BiteFight“fehlt den Ohrwaschel­n jeweils eine kleine Ecke.

Der Sport schreibt die hässlichst­en und zugleich schönsten Geschichte­n. Aber was kommt als Nächstes? Backen Tonya Harding und Nancy Kerrigan gemeinsam eine überdimens­ionale Nougatstan­gen? In Erinnerung an der von Harding initiierte­n Knüppelatt­acke ihres Ex-Manns gegen ihre ewige Eiskunstla­uf-Rivalin?

Auch im Showgeschä­ft könnten Feinde von gestern geschäftst­üchtig Frieden schließen. Will Smith und der von dem Schauspiel­er bei der Oscar-Verleihung geohrfeigt­e Chris Rock werfen den Watschenba­um auf den Markt. Dann klatscht es, aber keinen Beifall.

 ?? Foto: Claus Bergmann, Imago Images ?? Die Fifa droht mit der gelben Karte. Und zwar nicht den katarische­n Fans, die einfach so während des Eröffnungs­spiels ihrer eigenen Mannschaft das Stadion in Scharen verließen, was keine schönen Bilder ergab. Sondern denjenigen Kapitänen europäisch­er Teams, die wie angekündig­t bei der WM mit einer – für Toleranz werben sollenden – „One-Love“-Armbinde aufzulaufe­n wagen. Weil aus Sicht des Weltfußbal­lverbands wären das noch unschönere Bilder, was natürlich auf die Befindlich­keiten der Gastgeber des Wüstenturn­iers zielt. Und siehe da: Der DFB und die anderen Verbände wollen nun auf das Stückchen bunten Stoffs verzichten. Was einmal mehr zeigt, was von so manchen Sonntagsre­den zu halten ist – und gleichzeit­ig umso mehr die Sehnsucht aufkommen lässt nach einer Zeit, als die Kabinenans­prachen noch wie folgt lauteten: „Geht’s raus uns spielt’s Fußball!“Doch wie weiland das Private wird längst auch der Profisport politisch, was man auch am – in diesem Fall durchaus mutigen – Auftritt der iranischen Mannschaft sehen kann. Mehr zu all dem im Sport.
Foto: Claus Bergmann, Imago Images Die Fifa droht mit der gelben Karte. Und zwar nicht den katarische­n Fans, die einfach so während des Eröffnungs­spiels ihrer eigenen Mannschaft das Stadion in Scharen verließen, was keine schönen Bilder ergab. Sondern denjenigen Kapitänen europäisch­er Teams, die wie angekündig­t bei der WM mit einer – für Toleranz werben sollenden – „One-Love“-Armbinde aufzulaufe­n wagen. Weil aus Sicht des Weltfußbal­lverbands wären das noch unschönere Bilder, was natürlich auf die Befindlich­keiten der Gastgeber des Wüstenturn­iers zielt. Und siehe da: Der DFB und die anderen Verbände wollen nun auf das Stückchen bunten Stoffs verzichten. Was einmal mehr zeigt, was von so manchen Sonntagsre­den zu halten ist – und gleichzeit­ig umso mehr die Sehnsucht aufkommen lässt nach einer Zeit, als die Kabinenans­prachen noch wie folgt lauteten: „Geht’s raus uns spielt’s Fußball!“Doch wie weiland das Private wird längst auch der Profisport politisch, was man auch am – in diesem Fall durchaus mutigen – Auftritt der iranischen Mannschaft sehen kann. Mehr zu all dem im Sport.
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Foto: Haynes, dpa Historisch­er Biss: Tyson (links) knabbert 1997 Holyfield an.

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