Leserbriefe
Das Wichtigste entzogen
Zum Interview mit Christoph Butterwegge „Die Armut dringt in die Mitte unserer Gesellschaft“(Politik) vom 19. November:
Franz Josef Degenhardts Lied „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“datiert von 1965. Ein Armutsforscher zeigt 57 Jahre später mit seinen Einsichten, dass unsere Politik der vergangenen 50 Jahren einen blinden Fleck hat. Mit der großzügigen Zulassung von konfessionellen, weltanschaulichen und pädagogischen Privatschulen wurde und wird dem staatlichen Bildungssystem (hoher Anteil an Kindern mit sprachlichem Migrationshintergrund) gerade das entzogen, was am wichtigsten wäre: Integrationshelfer in Form von muttersprachlichen Gleichaltrigen in der Klassengemeinschaft. Begabung potenziert, soziales Umfeld realisiert! Chancengerechtigkeit für alle Kinder könnte es nur im gemeinsamen Aufwachsen jenseits der konfessionellen, sozialen sowie Herkunftstrennlinien geben.
Karl Poesl, Deuringen
Das Banner der Doppelmoral
Zum Leitartikel von Lea Thies „Kinder haben keine Lobby“vom 19. November:
Richtig erkannt, Frau Thies, Kinder haben keine Lobby, obwohl doch immer wieder betont wird, sie sind unsere Zukunft. Anstatt anderen Ländern permanent Vorschriften zu machen, sollten sich unsere Regierungsmitglieder endlich um die Missstände im eigenen Land kümmern. Natürlich ist es medienwirksamer, sich empört über die Fehler anderer Regierungen zu echauffieren, eine scheinheilige Doppelmoral wie ein Banner vor sich herzutragen, sich selbst auf die Schulter zu klopfen und sich dabei edel zu fühlen. Es wird Zeit, dass unsere gewählten Volksvertreter endlich die Dinge im eigenen Land vorantreiben! Leider hat kaum ein Politiker mehr den Mut, sich konstruktiv einzubringen.
Claudia Hancer, Lauingen
Bedürfnisse als Ballast
Ebenfalls dazu:
Der Deutsche Tierschutzbund hat 16-mal mehr Mitglieder als der Deutsche Kinderschutzbund. Der ADAC hat mehr als 400-mal mehr Mitglieder als der Deutsche Kinderschutzbund. Ähnliches wird auch im Artikel moniert. Allerdings fehlt im Artikel völlig eine Vorstellung davon, welche elementaren Bedürfnisse Kinder von klein auf haben. Stattdessen wird das ganztägige „Outsourcing“der Kinder von klein an gelobt. Als ob Kitas, auch bei guter Ausstattung, kleinen Kindern gerecht werden könnten. Auch wenn man die Zeit nicht zurückdrehen kann, ist „unsere“Welt definitiv nicht auf die Bedürfnisse von Kindern, Alten, Kranken und Bedürftigen eingestellt. Sie sind nur Ballast bzw. Kostenfaktoren. Das soll nicht schlimme Zustände, die es teilweise in der Vergangenheit gab, beschönigen, sondern ein Hinweis darauf sein, dass sich Humanität, Menschen- und Kinderrechte sowie angebliche ökonomische Zwänge nicht gut vertragen.
Otto Dwaliawili, Augsburg
Vergessliche Wähler
Zu „Umfrage: CSU liegt über 40 Prozent“(Seite 1) vom 21. November:
So schnell vergisst die Wählerschaft, was diese Partei sie schon gekostet hat, durch unsoziale Maskenbeschaffung (Sauter, Nüßlein und Tandler) und nicht zu vergessen, die mit allen Mitteln durchgezogene PKW-Maut (Dobrindt und Scheuer). Dazu das Verhindern der erneuerbaren Energien durch Herrn Seehofer.
Uwe Steur, Dillingen
Alles für die Katz
Zu „Ein Durchbruch und viel Stillstand“(Politik) vom 21. November: Was wurde bei der COP27 wirklich erreicht? Dass nichts erreicht wurde, alles für die Katz, nur der ökologische Fußabdruck umherfliegender Politiker hat sich vergrößert! Vielleicht wurde sogar wieder eine Erde mehr verbraucht, alles in allem! Der Durchbruch war, dass es wieder um Geld ging, altbekannt: Deutschland wird wieder zahlen, China darf sich drücken.
Martin Stegmair, Niederschönenfeld
Standort geschwächt
Zu „Lob für hohen Metall-Abschluss“(Seite 1) vom 19. November:
Dieser Abschluss ist unsozial allen gegenüber, die auf Mindestlohn oder im mittleren Lohnsegment arbeiten. Die Menschen, die diesen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten hohen Verdienstzuschlag bekommen, verdienen meist sowieso mehr als die überwiegenden anderen Arbeitnehmer. Zudem bekommen sie Weihnachtsgeld, wovon viele nur träumen können. Dieser Abschluss schwächt den wirtschaftlichen Standort Deutschland. Die Arbeitgeber werden die Kosten an ihre Kunden weitergeben. Das belastet vor allem die niedrigen Einkommen. Zudem werden jetzt vermutlich noch mehr Arbeitnehmer aus dem Handwerk in die Industrie abwandern.
Hans Jürgen Feyrer, Kaufbeuren
Nahe an einer Fake News
Zum Interview mit Daniel Bellingradt „Fake News gibt es seit Jahrhunderten“(Feuilleton) vom 16. November:
Zunehmend verstört folgte ich dem Interview mit Prof. Bellingradt, der für die Universität das Angebot der Museumsgründer Martin und Sabine Welke wahrnimmt, den seit zwölf Jahren in Augsburg eingelagerten Fundus des Deutschen Zeitungsmuseums für eigene Studien zu nutzen. Als langjähriger Chefredakteur einer kulturpolitischen Zeitschrift kenne ich das Deutsche Zeitungsmuseum noch an seinen früheren Standorten in Meersburg und als Partner des Mainzer GutenbergMuseums, und das auch in seiner inneren Struktur. Es kommt schon einer Fake News recht nahe, wenn in der erweiterten Artikelüberschrift behauptet wird, das nach Ansicht der gesamten Fachwelt geradezu vorbildlich erschlossene Museumsgut bedürfe erst noch der „wissenschaftlichen Aufarbeitung“durch die Universität. Burkhard Baltzer, Berlin
Kein Glaubensmann
Zum Porträt „Der Hohepriester im Iran“(Meinung & Dialog“vom 18. November:
Wer die Ermordung eines jungen Mädchens wegen eines falsch gebundenen Kopftuches duldet, wer Demonstranten zum Tode verurteilt und hinrichten lässt, der ist kein Glaubensmann, der ist ein Mörder und Verbrecher.
Josef Pröll, Neukirchen
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