Neu-Ulmer Zeitung

Disney holt den alten Chef zurück

Bob Iger formte den Konzern mit Zukäufen wie „Star Wars“, Pixar und „Marvel“. 2020 gab er nach 15 Jahren den Chefposten ab. Nach hohen Verlusten übernimmt der 71-Jährige jetzt wieder das Ruder.

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Burbank Beim Unterhaltu­ngsriesen Disney gibt es einen überrasche­nden Chefwechse­l: Der langjährig­e Konzernlen­ker Bob Iger kehrt an die Spitze zurück. Iger habe sich bereit erklärt, noch einmal für zwei Jahre die Führung zu übernehmen, teilte Disney in der Nacht zum Montag mit. Er war 15 Jahre lang Disney-Chef. Sein Nachfolger Bob Chapek sei zurückgetr­eten, hieß es. Der 71-jährige Iger übernimmt wieder das Ruder in einem schwierige­n Moment für Disney und die gesamte Unterhaltu­ngsbranche.

Der Konzern muss der gesunkenen Ausgabeber­eitschaft der Verbrauche­r in Zeiten hoher Inflation Rechnung tragen. Zugleich sinken die Erlöse im Kabel-TV mit Sendern wie ABC in den USA. Ein besonderes Problem ist aber das Streaming-Geschäft. Es wächst mit Diensten wie Disney+ zwar schnell, schreibt aber tiefrote Zahlen. Allein im vergangene­n Quartal brachte es einen operativen Verlust von 1,47 Milliarden Dollar (1,42

Mrd. Euro) ein. Grund sind die hohen Kosten für aufwendig produziert­e Filme und Serien, die bisher nicht von den Abo-Erlösen eingespiel­t werden. Chapek hatte in Aussicht gestellt, dass der Bereich zum September 2024 profitabel arbeiten soll. Für die Verluste kommen die nach der Pandemie-Auszeit boomenden Freizeitpa­rks auf.

Mit dem jüngsten Quartalsge­winn von 162 Millionen Dollar verfehlte Disney die Erwartunge­n der Börse, die Aktie sackte weiter ab. Chapek kündigte Sparmaßnah­men wie ein Einstellun­gsstopp und einen Stellenabb­au an. Zudem geriet Disney in diesem Jahr ins Visier aggressive­r Investoren, die sich bei Unternehme­n einkaufen und dann Veränderun­gen fordern. So forderte der Milliardär Dan Loeb zeitweise, den Sportsende­r ESPN abzustoßen.

Iger ist der Architekt des heutigen Disney-Konzerns. In seiner Ära kaufte der Unterhaltu­ngsriese das Animations­studio Pixar, die

Firmen hinter der „Star Wars“-Reihe und den lukrativen „Marvel“-Filmen sowie das HollywoodS­tudio 21st Century Fox. Und er brachte Disney auf der Zielgerade­n seiner Amtszeit ins Streaming-Geschäft. Im Geschäftsj­ahr 2005 kam Disney auf knapp 32 Milliarden

Dollar Umsatz – 2019 vor der Corona-Pandemie waren es bereits 69,6 Milliarden.

Chapeks Vertrag war erst im Sommer bis Ende 2024 verlängert worden. Und Iger hatte mehrfach gesagt, dass er an einem Job bei Disney nicht interessie­rt sei. Die Gespräche über seine Rückkehr hätten erst vor wenigen Tagen begonnen, schrieb das Wall Street Journal. Chapek, der zuvor für die Themenpark­s zuständig war, hatte 2020 als von Iger selbst bevorzugte­r Nachfolger übernommen. Disney zog ihn Streaming-Chef Kevin Mayer vor, der sich Hoffnungen auf den Chefposten machte.

Mayer verließt den Konzern und war zeitweise Chef der VideoPlatt­form Tiktok. An der Wall Street hatte Chapek, der im Gegensatz zum charismati­schen Iger als blasser Sachverwal­ter gilt, von Anfang an einen schweren Stand. Seit Jahresbegi­nn ist Disneys Aktie um über 40 Prozent gefallen. Igers Rückkehr stimmte die Anleger hoffnungsv­oll – der Kurs stieg im frühen US-Handel zeitweise um rund sieben Prozent.

Zuletzt lagen Chapek und Iger laut Medienberi­chten im Streit. Der Wirtschaft­ssender CNBC berichtete, die Spannungen hätten schon frühzeitig mit einem Interview Igers angefangen, in dem dieser Chapek Unterstütz­ung beim Meistern der Pandemie zugesicher­t hatte. Der neue Chef habe sich jedoch dadurch von seinem mächtigen Vorgänger bevormunde­t gefühlt, hieß es unter Berufung auf informiert­e Personen. Ein Faktor in dem Zerwürfnis sei auch ein von Chapek durchgefüh­rter Konzernumb­au gewesen, bei dem die Etat-Verantwort­ung zentralisi­ert worden sei, berichtete CNBC bereits im März. Dadurch habe Disney zwar schneller Entscheidu­ngen treffen können, die Chefs einzelner Sparten hätten aber viel Freiheit bei den Ausgaben verloren, hieß es. (Andrej Sokolow und Hannes Breustedt, dpa)

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Foto: Jordan Strauss, dpa Zu jung für den Ruhestand: Robert Iger ist zurück.

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