Er drückt Japan die Daumen
Natsuhiko Watanabe kickt seit Sommer 2020 beim FV Illertissen. In seiner Heimat hat er als Nachwuchsfußballer sogar mit zwei Stars aus der japanischen WM-Auswahl gespielt.
Illertissen Wenn man Natsuhiko Watanabe so schwärmen hört, versteht man schnell, warum Deutschland zu den beliebtesten europäischen Ländern bei japanischen Touristen zählt. Mal abgesehen von Architektur, Kultur und Kulinarik. „Ich komme aus Tokio. Da gibt es nicht so viel Grün und auch nicht so viel Gemütlichkeit. Da ist immer Hektik. Hier in Deutschland ist man glücklicher, hier gibt es mehr Lebensqualität als in den japanischen Großstädten“, erzählt der 27-Jährige. Seit fünf Jahren ist er bereits in Deutschland. Als Fußballer.
Watanabe kam im Sommer 2020 zum Regionalligisten FV Illertissen, war zuvor beim FC Memmingen und dem Südwest-Regionalligisten VfR Aalen aktiv. Schon als kleines Kind hat ihn zu Hause in Tokio das Fußballfieber gepackt, angesteckt von seinem älteren Bruder. „Ich habe schon mit zwei Jahren angefangen zu kicken“, sagt er lachend. Kein Wunder also, dass er mit Vorfreude und Spannung auf Mittwoch schaut. Dann bestreitet die deutsche Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Katar ihr Auftaktspiel gegen Japan.
„Ich drücke natürlich Japan die Daumen, das ist meine Heimat. Das ist doch gar keine Frage“, meint Watanabe. Zumal er mit dem einen oder anderen Akteur aus Japans WM-Auswahl in früheren Zeiten schon zusammengespielt hat. Watanabe galt zu Hause als großes Talent, schaffte im Nachwuchs sogar den Sprung in die U17- und U18-Nationalteams. Zu seinen Mitspielern zählten damals zum Beispiel Kaoru Mituma, der mittlerweile in der englischen Premiere League bei Brighton spielt, und Takami Minamino von AS Monaco. „Ich verfolge schon genau, was die vielen japanischen Fußballer in den europäischen Topligen machen“, sagt Watanabe. Und das sind mittlerweile ganz schön viele. Allein acht Spieler aus dem WM-Aufgebot der Japaner verdienen in der ersten und zweiten Bundesliga in Deutschland ihr Geld. Das wundert den 27-jährigen FVI-Stürmer nicht. „Japaner passen gut zum deutschen Fußball. Weil wir diszipliniert, freundlich und extrem mannschaftsdienlich sind“, sagt er. Obendrein höflich, respektvoll, aufmerksam und wissbegierig. Technisch und kämpferisch sind viele Japaner auf der Höhe. Die Athletik lässt allerdings mitunter zu wünschen übrig. Watanabe erklärt: „In Deutschland ist Fußball ein Kontaktspiel.
Wir Japaner sind zwar schnell und quirlig, die Deutschen dafür robust.“
Sportart Nummer eins in der Heimat ist Fußball nicht. Baseball zählt viel mehr in der Gunst der Fans. „Auch wenn in der heimischen J-League inzwischen ganz ordentlich gespielt wird. Die Qualität ist in den vergangenen Jahren höher geworden“, sagt Watanabe.
Er selbst ist beim FV Illertissen schon fast seit einem Jahr zum Zuschauen verdammt. Eine schwere
Verletzung hat ihn aus der Bahn geworfen. Doch es wird besser. Der 27-Jährige will nach der Winterpause wieder angreifen. „Die Sehnsucht nach dem Fußballplatz ist groß“, meint er. Im Dezember geht es erst noch einmal ein paar Wochen nach Hause. Watanabe hofft, dass seine Japaner dann noch im WM-Turnier dabei sind. Er sagt: „Es ist schon eine schwere Gruppe mit Deutschland, Spanien und Costa Rica. Aber im Fußball kann alles passieren.“