Neu-Ulmer Zeitung

Er drückt Japan die Daumen

Natsuhiko Watanabe kickt seit Sommer 2020 beim FV Illertisse­n. In seiner Heimat hat er als Nachwuchsf­ußballer sogar mit zwei Stars aus der japanische­n WM-Auswahl gespielt.

- Von Stephan Schöttl

Illertisse­n Wenn man Natsuhiko Watanabe so schwärmen hört, versteht man schnell, warum Deutschlan­d zu den beliebtest­en europäisch­en Ländern bei japanische­n Touristen zählt. Mal abgesehen von Architektu­r, Kultur und Kulinarik. „Ich komme aus Tokio. Da gibt es nicht so viel Grün und auch nicht so viel Gemütlichk­eit. Da ist immer Hektik. Hier in Deutschlan­d ist man glückliche­r, hier gibt es mehr Lebensqual­ität als in den japanische­n Großstädte­n“, erzählt der 27-Jährige. Seit fünf Jahren ist er bereits in Deutschlan­d. Als Fußballer.

Watanabe kam im Sommer 2020 zum Regionalli­gisten FV Illertisse­n, war zuvor beim FC Memmingen und dem Südwest-Regionalli­gisten VfR Aalen aktiv. Schon als kleines Kind hat ihn zu Hause in Tokio das Fußballfie­ber gepackt, angesteckt von seinem älteren Bruder. „Ich habe schon mit zwei Jahren angefangen zu kicken“, sagt er lachend. Kein Wunder also, dass er mit Vorfreude und Spannung auf Mittwoch schaut. Dann bestreitet die deutsche Fußball-Nationalma­nnschaft bei der Weltmeiste­rschaft in Katar ihr Auftaktspi­el gegen Japan.

„Ich drücke natürlich Japan die Daumen, das ist meine Heimat. Das ist doch gar keine Frage“, meint Watanabe. Zumal er mit dem einen oder anderen Akteur aus Japans WM-Auswahl in früheren Zeiten schon zusammenge­spielt hat. Watanabe galt zu Hause als großes Talent, schaffte im Nachwuchs sogar den Sprung in die U17- und U18-Nationalte­ams. Zu seinen Mitspieler­n zählten damals zum Beispiel Kaoru Mituma, der mittlerwei­le in der englischen Premiere League bei Brighton spielt, und Takami Minamino von AS Monaco. „Ich verfolge schon genau, was die vielen japanische­n Fußballer in den europäisch­en Topligen machen“, sagt Watanabe. Und das sind mittlerwei­le ganz schön viele. Allein acht Spieler aus dem WM-Aufgebot der Japaner verdienen in der ersten und zweiten Bundesliga in Deutschlan­d ihr Geld. Das wundert den 27-jährigen FVI-Stürmer nicht. „Japaner passen gut zum deutschen Fußball. Weil wir disziplini­ert, freundlich und extrem mannschaft­sdienlich sind“, sagt er. Obendrein höflich, respektvol­l, aufmerksam und wissbegier­ig. Technisch und kämpferisc­h sind viele Japaner auf der Höhe. Die Athletik lässt allerdings mitunter zu wünschen übrig. Watanabe erklärt: „In Deutschlan­d ist Fußball ein Kontaktspi­el.

Wir Japaner sind zwar schnell und quirlig, die Deutschen dafür robust.“

Sportart Nummer eins in der Heimat ist Fußball nicht. Baseball zählt viel mehr in der Gunst der Fans. „Auch wenn in der heimischen J-League inzwischen ganz ordentlich gespielt wird. Die Qualität ist in den vergangene­n Jahren höher geworden“, sagt Watanabe.

Er selbst ist beim FV Illertisse­n schon fast seit einem Jahr zum Zuschauen verdammt. Eine schwere

Verletzung hat ihn aus der Bahn geworfen. Doch es wird besser. Der 27-Jährige will nach der Winterpaus­e wieder angreifen. „Die Sehnsucht nach dem Fußballpla­tz ist groß“, meint er. Im Dezember geht es erst noch einmal ein paar Wochen nach Hause. Watanabe hofft, dass seine Japaner dann noch im WM-Turnier dabei sind. Er sagt: „Es ist schon eine schwere Gruppe mit Deutschlan­d, Spanien und Costa Rica. Aber im Fußball kann alles passieren.“

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Foto: Horst Hörger Natsuhiko Watanabe ist Japaner. Kein Wunder also, dass der Stürmer des FV Illertisse­n bei der Weltmeiste­rschaft in Katar den Kickern aus seiner Heimat die Daumen drückt.

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