Mit Sebastian Fitzek auf der Spur der Lügner
Der Auftritt des Thriller-Autors zu seinem neuen Buch „Mimik“in der Neu-Ulmer Ratiopharm-Arena zieht viele Menschen an. Sie wissen nun, wie man Schwindler entlarvt, zumindest theoretisch.
Neu-Ulm Zunächst eine Warnung: Seien Sie sich zukünftig nicht mehr sicher, Ihr Gegenüber könnte nicht in Ihre Seele blicken. Der gläserne Mensch ist keine Utopie mehr, Pokerface hat ausgedient. Vorausgesetzt, Sie wissen, die Erkenntnisse von Dirk Eilert anzuwenden, dem Mimikexperten schlechthin. Aber keine voreiligen Befürchtungen, die menschliche Psyche ist weitaus komplexer, als dass der Normalsterbliche – und hiermit sind die zahlreich erschienenen Besucher zu Sebastian Fitzeks „Mimik“-Tour eingeschlossen – sie durchschauen könnte. Mit einer Mischung aus Lesung aus dem gleichnamigen Thriller und einer tiefenpsychologisch frappierenden Analyse humaner Verhaltensweisen begab sich der deutsche Auflagenkönig Fitzek in der Ratiopharm-Arena in ein interaktives Spiel mit dem Publikum.
„Fürchte dich nicht! Außer vor dir selbst ...“, so lautet der Untertitel der Tournee. Dies sollte in den nächsten zwei Stunden Programm werden. Dabei ging es durchaus amüsant zu, zumal eine im Dunkel lauernde Kamera bereits vor Showbeginn im Zuschauerraum auf Probandensuche war. Köstlich war die Reaktionen der „Opfer“, nachdem sie die Detailaufnahme bemerkt hatten. Flucht,
Pokerface und Angriff lauteten dann auch die Fachbegriffe der beobachteten Gesichtsausdrücke. Mimik sei, so Thrillerautor Sebastian Fitzek, im Gegensatz zur Gestik unabhängig von der jeweiligen Kultur. Ein nach oben gerichteter Daumen habe im Westen eine andere Bedeutung als beispielsweise in Thailand, ein Zucken im Mundwinkel hingegen signalisiere weltweit ein Gefühl der Verachtung für das Gegenüber.
Die Ausschnitte aus dem Buch boten dabei die Handlung für die nachfolgende wissenschaftliche
Einordnung des Geschehens. Dieses Arrangement war sinnvoll, könnte doch der eine oder andere nicht mit Fitzek Vertraute bei so manchen Details der Geschichte ein Gefühl der Befremdung erhalten. Der eingangs erwähnte Eilert übernahm den Part des Erklärers, und hier war es dann mucksmäuschenstill im Saal. „Wie erkenne ich, dass jemand nicht die Wahrheit sagt?“, fragt der Mimikexperte. Jedenfalls nicht durch das allseits bekannte Nach-rechts obenSehen. Vielmehr müsse erst eine sogenannte Baseline – vereinfacht gesagt: eine durchschnittliche Verhaltensebene – festgestellt werden. Wenn plötzlich hiervon abgewichen würde, erklärte Eilert, könne man davon ausgehen, dass der andere lügt. Dies kann durch eine Veränderung der Tonlage geschehen, aber auch durch eine Einschränkung der gestischen Bewegungen. Denn, so der
Interaktivität mit den Zuschauern war der rote Faden des Abends
Experte weiter, das Gehirn brauche die Energie zum Schwindeln. Folglich bleibe weniger für die Motorik zur Verfügung.
Interaktivität mit dem Zuschauer war das Thema, das den Abend wie eine rote Schnur durchzog. Zufällig freiwillig ausgesuchte Menschen aus dem Publikum konnten sozusagen als personifizierte Beweise von der Gültigkeit der Thesen berichten. Wer vermag schon, eine vom Gegenüber verdeckt gezogene Spielkarte nur durch Beobachtung zu erkennen? Der Show am Sonntagabend schloss sich eine Autogrammrunde an. Die Schlange derer, die gerne nicht nur ein Buch signieren lassen wollten, sondern auch auf ein kurzes Gespräch mit Fitzek und Eilert hofften, reichte zuletzt fast bis auf die Straße.