Neu-Ulmer Zeitung

Stürzt Trump die Republikan­er ins Chaos?

Der Ex-Präsident zeigt erneut, dass er keine Skrupel hat, seiner Partei schweren Schaden zuzufügen. Warum viele Demokraten eher DeSantis als Kandidat fürchten.

- Von Simon Kaminski

Es ist offensicht­lich nicht so, dass viele der Kandidaten, die Donald Trump in mehreren Bundesstaa­ten in Stellung gebracht hat, daran scheiterte­n, dass sie ideologisc­h extrem sind. Sie haben ihre Wahlen verloren, weil sie schlicht nicht in der Lage waren, ihre radikalen Ansichten in ein halbwegs stringente­s Konzept zu zwingen. Kurz gesagt, ihre intellektu­ellen Fähigkeite­n und ihre persönlich­e Glaubwürdi­gkeit erwiesen sich als derart unterentwi­ckelt, dass sogar ultrakonse­rvative Anhänger der Republikan­er sie nicht wählen mochten.

Ein Gegenentwu­rf ist der alte und neue Gouverneur von Florida, Ron DeSantis. Ein Mann, der übertragen auf die politische­n Koordinate­n Deutschlan­ds, ob seiner diskrimini­erenden, ja hetzerisch­en Aussagen hierzuland­e als rechter

Extremist gelten würde. Doch er ist eloquenter, wirkt ernsthafte­r als das Gros der irrlichter­nden Kandidaten, die wie kleine Trumps agierten. Der Lohn war ein triumphale­r Sieg in Florida, der nicht nur von Stammwähle­rn der Republikan­er getragen wurde, sondern auch von Bevölkerun­gsschichte­n, die ihr Kreuz sonst eher bei einem Kandidaten der Demokraten gemacht haben – ein Kunststück, das Trump kaum jemand zutraut.

Dem Ex-Präsidente­n ist nicht entgangen, dass sich DeSantis, der lange als loyaler Unterstütz­er von Trump galt, von seinem Vorbild emanzipier­t. Dieser drohte umgehend mit Enthüllung­en über den Wahlsieger. An diesem Punkt wird es interessan­t. Denn Trump demonstrie­rt, dass er nicht zögert, seiner eigenen Partei zu schaden, um Konkurrent­en auszubrems­en. Ein Verhalten, das für die Republikan­er ein Desaster bei den Präsidents­chaftswahl­en verursache­n, ja in der Folge gar eine Spaltung der Partei provoziere­n könnte.

Unwahrsche­inlich, dass Trump deswegen um den Schlaf gebracht wird. Seine Rechnung ist einfach: Je mehr Kandidaten gegen ihn antreten, um 2024 bei den Präsidents­chaftswahl­en Amtsinhabe­r Joe Biden oder einen anderen Demokraten herauszufo­rdern, desto besser werden seine Chancen, erneut in den Ring steigen zu können. Schließlic­h kann er sich nach wie vor auf eine treue Anhängersc­haft stützen. Anders sähe es aus, wenn sich die wachsende Zahl der Trump-Skeptiker relativ geschlosse­n hinter DeSantis vereinigen würde. Was allerdings geschehen könnte, wenn Trump von seiner Partei nicht nominiert werden würde, ist kaum vorherzuse­hen.

Schon geistert bei den Republikan­ern das aus ihrer Sicht katastroph­ale Szenario durch die Hinterzimm­er, dass Trump dann bei den Präsidents­chaftswahl­en als unabhängig­er Kandidat antreten könnte. Eine Konstellat­ion, die geeignet wäre, die Partei ins Chaos zu stürzen.

Die Rechnung der Parteistra­tegen bei den Demokraten ist ebenfalls einfach: Joe Bidens Chancen im Weißen Haus zu bleiben, würden schlagarti­g steigen, wenn Trump ihn herausford­ert. Biden – der gerade seinen 80. Geburtstag gefeiert hat – würde gegen den 44-jährigen DeSantis, der gerne seine Frau und seine kleinen Kinder mit auf die Bühne nimmt, weit älter wirken als in einem Duell mit dem heute 76-jährigen Trump.

Abseits aller taktischen Überlegung­en in den Parteizent­ralen, droht die Hoffnung zu sterben, dass endlich ein Versöhnung­sprozess in Gang gebracht werden könnte, um die tiefe Spaltung der USA zu mildern. Trump und DeSantis leben von permanente­r Konfrontat­ion. Beide sind fest davon überzeugt: Je tiefer die Gräben, desto besser ihre Chancen – ein gefährlich­es Verständni­s von Politik.

DeSantis überzeugte nicht nur treue Republikan­er

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