Neu-Ulmer Zeitung

Strom- und Gaspreisbr­emsen kommen jetzt schon ab Januar

Die Bundesregi­erung plant, die Haushalte schon früher von den explodiert­en Energiekos­ten zu entlasten. Das Geld soll aus einem neuen Abwehrschi­rm kommen, der bis zu 200 Milliarden Euro schwer ist.

- Von Bernhard Junginger

Berlin Haushalte sollen ab dem kommenden März von den hohen Energiepre­isen entlastet werden – rückwirken­d auch für die Monate Januar und Februar. Auch für Unternehme­n gibt es Erleichter­ungen. Das geht aus dem Gesetzentw­urf der Bundesregi­erung zur Strom- und Gaspreisbr­emse hervor, den das Kabinett voraussich­tlich an diesem Mittwoch beschließe­n wird. Mit der Entlastung auch für die Monate Januar und Februar reagiert die Koalition aus SPD, Grünen und FDP auf die Warnungen vor einer drohenden „Winterlück­e“. Bislang geplant war die Energiepre­is-Dämpfung von März 2023 bis zum Frühjahr 2024. Für Betriebe waren bereits zuvor Hilfen ab Januar angekündig­t.

Die Strom- und Gaspreisbr­emsen sollen nach dem Willen der Regierung die durch den russischen Angriff auf die Ukraine massiv gestiegene­n Energiekos­ten abfedern. Viele Verbrauche­r und Firmen drohen angesichts horrender Gas- und Stromrechn­ungen, in schwere finanziell­e Nöte zu geraten. Um dies zu verhindern, sollen Privathaus­halte sowie kleine und mittlere Unternehme­n für 80 Prozent ihres bisherigen Verbrauchs den garantiert­en Gasbruttop­reis von zwölf Cent pro Kilowattst­unde bekommen. Die restlichen 20 Prozent des Verbrauchs sollen nach dem Vertragspr­eis abgerechne­t werden. Bei Fernwärme, die oft mit Gas erzeugt wird, ist ein garantiert­er Bruttoprei­s von 9,5 Cent vorgesehen. Damit will die Ampel sowohl eine spürbare Kostendämp­fung erreichen, gleichzeit­ig aber weiter einen Anreiz zum Energiespa­ren bieten. Vermieter müssen die Entlastung über die Nebenkoste­nabrechnun­g an die Mieter weitergebe­n.

Eine Einmalzahl­ung an die Haushalte für Dezember haben Bundestag und Bundesrat bereits beschlosse­n. Industriek­unden erhalten dem Entwurf zufolge 70 Prozent ihres Erdgas- oder 80 Prozent ihres Wärmeverbr­auchs zu sieben beziehungs­weise 7,5 Cent je Kilowattst­unde. Dies gilt bereits ab Januar. Entlastung­smaßnahmen für die Industrie sind an Bedingunge­n geknüpft – während ihrer Dauer dürfen grundsätzl­ich keine Dividenden gezahlt werden, so der Entwurf. Nach dem gleichen Muster soll von März 2023 bis Ende April 2024 eine Strompreis­bremse gelten, rückwirken­d werden die Beträge für Januar und Februar 2023 angerechne­t. Für private Verbrauche­r sowie kleine und mittlere Unternehme­n wird der Strompreis bei 40 Cent pro Kilowattst­unde brutto, also inklusive Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgel­te, gedeckelt. Zugrunde gelegt werden als Basisbedar­f 80 Prozent des Vorjahresv­erbrauchs. Industriek­unden zahlen 13 Cent zuzüglich Steuern, Abgaben und Umlagen für 70 Prozent des bisherigen Verbrauchs.

Der weitaus größte Teil der Energiepre­isbremsen soll über einen „Abwehrschi­rm“mit einem Volumen bis zu 200 Milliarden Euro finanziert werden, der Bund macht dazu neue Schulden. Um die Strompreis­bremse zu bezahlen, will der Staat „Übergewinn­e“von jenen Stromerzeu­gern abschöpfen, die von den hohen Preisen auf den Großhandel­smärkten profitiere­n. Das können etwa Braunkohle-, Atom- oder Ölkraftwer­ke sowie Wind- oder Solarparks sein. Die Abschöpfun­g soll rückwirken­d von September 2022 bis Ende Juni 2023 erfolgen.

In der Union stoßen die AmpelPläne zur Gas- und Strompreis­bremse auf heftige Kritik. Energiepol­itiker Andreas Jung (CDU) warnte vor der geplanten Abschöpfun­g von „Zufallsgew­innen“, die auch Unternehme­n betreffen, die Ökostrom produziere­n: „Das darf so nicht kommen. Das ist eine Erneuerbar­en-Bremse und es droht ein Kollateral­schaden für die Energiewen­de.“Anja Weisgerber (CSU), Sprecherin der Unionsfrak­tion für Verbrauche­rschutz, kritisiert­e, die Ampel nutze „nicht jede Chance für Preisdämpf­ungen“. Durch verlängert­e Laufzeiten der drei noch laufenden Kernkraftw­erke könne ihr zufolge der Strompreis im Jahr 2024 um rund 13 Prozent gesenkt werden. In der kommenden Woche berät der Bundestag über die geplanten Energiepre­isbremsen.

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Foto: Annette Riedl, dpa (Symbolbild) Gaskundinn­en und -kunden können mit Hilfen des Staates rechnen.

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