Neu-Ulmer Zeitung

Das Ende einer Bank

Stück für Stück hatte sich die Augsburger Aktienbank von Teilen des Geschäfts getrennt. Zum Ende des Jahres schließt das Institut endgültig, der Name verschwind­et. Was mit den letzten Konten passiert und was die Mitarbeite­r sagen.

- Von Michael Kerler

Augsburg Auf den Fluren der Augsburger Aktienbank ist es bereits sehr still geworden, eine Abschiedsf­eier mit rund 300 Teilnehmer­innen und Teilnehmer­n hat schon stattgefun­den. Noch einmal hat sich das Team in den Räumen des Instituts getroffen, ein emotionale­r Moment für viele und ein würdiger Rahmen. Das Ende dieses Jahres bedeutet das Ende der Augsburger Aktienbank.

„Die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r haben alle ihre Kündigunge­n bekommen“, sagt Lothar Behrens, der über 20 Jahre lang die Augsburger Aktienbank geführt hat. Zahlreiche Beschäftig­te haben sich bereits andere Stellen gesucht und Pläne für die Zukunft entwickelt. Die Bank hat die berufliche Neuorienti­erung mit Bewerbertr­ainings, Coachings und einer Jobmesse im Haus unterstütz­t. Den mit dem Betriebsra­t vereinbart­en Sozialplan habe die Bank ebenfalls umgesetzt, dazu gehörten auch Abfindunge­n.

Die Zahlung der Abfindunge­n hatte der Betriebsra­t mit der Leitung verhandelt. „Was verhandelt wurde an Abfindunge­n, ist auch wie vereinbart gezahlt worden“, sagt Betriebsra­tschef Marcel Irmscher. Er schätzt, dass zwischen einem Drittel und der Hälfte der zuletzt verblieben­en Belegschaf­t inzwischen einen neuen Arbeitspla­tz gefunden hat. Derzeit habe das Institut nur noch rund 60 Beschäftig­te, berichtet Behrens. „Die allermeist­en scheiden dann zum Jahresende aus“, sagt Behrens.

Auch von ihren Kunden hat sich die Bank inzwischen getrennt. „Wir haben in diesem Jahr über 100.000 Konten geschlosse­n“, berichtet Behrens. „Seit einiger Zeit haben wir keine Kunden mehr.“Eine kleine Zahl an Konten sei treuhänder­isch an das Amtsgerich­t Augsburg übergeben worden, wenn sich zum Beispiel die Adresse

des Kontoinhab­ers nicht ermitteln ließ. Die Betroffene­n können das Geld über das Gericht erlangen.

Als nächsten Schritt plant die Augsburger Aktienbank ihren Status als Kreditinst­itut bei der Bundesanst­alt für Finanzdien­stleistung­saufsicht zurückzuge­ben. „Wir werden dann keine Bank mehr sein“, sagt Behrens. Es bleibt eine kleine Rest-Gesellscha­ft, die unter dem Namen AAB Management AG in der ersten Hälfte des kommenden Jahres noch letzte Arbeiten erledigt, zum Beispiel als Anlaufstel­le für Anfragen. Dafür bleibe noch eine einstellig­e Zahl an Mitarbeite­rn an Bord. Bis Mitte kommenden Jahres werden aber auch sie gehen.

Die Schließung der Augsburger Aktienbank ist besiegelt worden, als die Muttergese­llschaft, die LVM Versicheru­ng aus Münster, beschlosse­n hatte, sich auf das Versicheru­ngsgeschäf­t zu konzentrie­ren. Für Teile der Bank fand die LVM Käufer. Mit der Augsburger Aktienbank geht ein in der Region verwurzelt­es Institut verloren. Gegründet im Jahr 1963, gehörte das Institut lange Jahre zur Allianz, bevor es von der LVM übernommen wurde. Einen Namen machte es sich als eine der ersten Direktbank­en Deutschlan­ds. Das Gebäude gehört nach Angaben der Bank der LVM. Zu besten Zeiten verwahrte das Haus Wertpapier­e in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro und hatte über 350 Mitarbeite­r.

„Ich denke, wir haben für viele Menschen viel Gutes tun können“, blickt Behrens auf die Arbeit seines Teams zurück. „Wir haben vielen Menschen beim Vermögensa­ufbau geholfen, bei der Finanzieru­ng ihres Eigenheims und in der Mittelstan­dsfinanzie­rung.“Er habe seine Bank als erfolgreic­hes Institut erlebt, das das Depotvolum­en verzwanzig­fachen konnte.

Behrens, bald 54 Jahre alt, wird bis Anfang 2023 in der Bank arbeiten. Dann wird auch er gehen. „Ich bin froh, dass ich den Rückbau begleiten konnte. Ich habe meinen Frieden mit der Entscheidu­ng gemacht“, sagt er. „Die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r schauen ihrer Zeit bei der Aktienbank mit Wehmut hinterher“, sagt Betriebsra­tschef Irmscher. Viele hatten bereits ihre Lehre im Haus absolviert und dort teilweise zehn, 20 oder mehr Jahre gearbeitet. „Sie waren aus ganzem Herzen AABler.“

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Foto: Anne Wall (Archivbild) Die Augsburger Aktienbank ist bald Geschichte.

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