Das Ende einer Bank
Stück für Stück hatte sich die Augsburger Aktienbank von Teilen des Geschäfts getrennt. Zum Ende des Jahres schließt das Institut endgültig, der Name verschwindet. Was mit den letzten Konten passiert und was die Mitarbeiter sagen.
Augsburg Auf den Fluren der Augsburger Aktienbank ist es bereits sehr still geworden, eine Abschiedsfeier mit rund 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern hat schon stattgefunden. Noch einmal hat sich das Team in den Räumen des Instituts getroffen, ein emotionaler Moment für viele und ein würdiger Rahmen. Das Ende dieses Jahres bedeutet das Ende der Augsburger Aktienbank.
„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben alle ihre Kündigungen bekommen“, sagt Lothar Behrens, der über 20 Jahre lang die Augsburger Aktienbank geführt hat. Zahlreiche Beschäftigte haben sich bereits andere Stellen gesucht und Pläne für die Zukunft entwickelt. Die Bank hat die berufliche Neuorientierung mit Bewerbertrainings, Coachings und einer Jobmesse im Haus unterstützt. Den mit dem Betriebsrat vereinbarten Sozialplan habe die Bank ebenfalls umgesetzt, dazu gehörten auch Abfindungen.
Die Zahlung der Abfindungen hatte der Betriebsrat mit der Leitung verhandelt. „Was verhandelt wurde an Abfindungen, ist auch wie vereinbart gezahlt worden“, sagt Betriebsratschef Marcel Irmscher. Er schätzt, dass zwischen einem Drittel und der Hälfte der zuletzt verbliebenen Belegschaft inzwischen einen neuen Arbeitsplatz gefunden hat. Derzeit habe das Institut nur noch rund 60 Beschäftigte, berichtet Behrens. „Die allermeisten scheiden dann zum Jahresende aus“, sagt Behrens.
Auch von ihren Kunden hat sich die Bank inzwischen getrennt. „Wir haben in diesem Jahr über 100.000 Konten geschlossen“, berichtet Behrens. „Seit einiger Zeit haben wir keine Kunden mehr.“Eine kleine Zahl an Konten sei treuhänderisch an das Amtsgericht Augsburg übergeben worden, wenn sich zum Beispiel die Adresse
des Kontoinhabers nicht ermitteln ließ. Die Betroffenen können das Geld über das Gericht erlangen.
Als nächsten Schritt plant die Augsburger Aktienbank ihren Status als Kreditinstitut bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zurückzugeben. „Wir werden dann keine Bank mehr sein“, sagt Behrens. Es bleibt eine kleine Rest-Gesellschaft, die unter dem Namen AAB Management AG in der ersten Hälfte des kommenden Jahres noch letzte Arbeiten erledigt, zum Beispiel als Anlaufstelle für Anfragen. Dafür bleibe noch eine einstellige Zahl an Mitarbeitern an Bord. Bis Mitte kommenden Jahres werden aber auch sie gehen.
Die Schließung der Augsburger Aktienbank ist besiegelt worden, als die Muttergesellschaft, die LVM Versicherung aus Münster, beschlossen hatte, sich auf das Versicherungsgeschäft zu konzentrieren. Für Teile der Bank fand die LVM Käufer. Mit der Augsburger Aktienbank geht ein in der Region verwurzeltes Institut verloren. Gegründet im Jahr 1963, gehörte das Institut lange Jahre zur Allianz, bevor es von der LVM übernommen wurde. Einen Namen machte es sich als eine der ersten Direktbanken Deutschlands. Das Gebäude gehört nach Angaben der Bank der LVM. Zu besten Zeiten verwahrte das Haus Wertpapiere in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro und hatte über 350 Mitarbeiter.
„Ich denke, wir haben für viele Menschen viel Gutes tun können“, blickt Behrens auf die Arbeit seines Teams zurück. „Wir haben vielen Menschen beim Vermögensaufbau geholfen, bei der Finanzierung ihres Eigenheims und in der Mittelstandsfinanzierung.“Er habe seine Bank als erfolgreiches Institut erlebt, das das Depotvolumen verzwanzigfachen konnte.
Behrens, bald 54 Jahre alt, wird bis Anfang 2023 in der Bank arbeiten. Dann wird auch er gehen. „Ich bin froh, dass ich den Rückbau begleiten konnte. Ich habe meinen Frieden mit der Entscheidung gemacht“, sagt er. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schauen ihrer Zeit bei der Aktienbank mit Wehmut hinterher“, sagt Betriebsratschef Irmscher. Viele hatten bereits ihre Lehre im Haus absolviert und dort teilweise zehn, 20 oder mehr Jahre gearbeitet. „Sie waren aus ganzem Herzen AABler.“